Früher oder später begegnet jeder vegan lebende Mensch folgender Frage: Wenn du kein Fleisch oder andere tierische Produkte konsumierst, woher bekommst du dann deine Proteine? Die weit verbreitete Annahme, dass Proteine ausschließlich oder hauptsächlich in tierischen Produkten, und vor allem in Fleisch, enthalten sind, ist schlichtweg falsch. Dies beweisen nicht zuletzt Dutzende vegane Athleten, die weltweit Bestleistungen erzielen.
Fakt ist: Proteine sind ebenso in vielen Pflanzen enthalten, und eine ausgewogene vegane Ernährung versorgt uns optimal mit hochwertigem Protein in ausreichendem Maß für einen gesunden, leistungsstarken Körper. Zusätzlicher Vorteil: Für proteinhaltige pflanzliche Lebensmittel wie Linsen, Nüsse oder Haferflocken muss kein Tier auf grausame Weise sterben.
Wofür braucht man Proteine?
Proteine sind wichtig für unsere Gesundheit: Sie setzen sich aus einzelnen Aminosäuren zusammen, ihre wichtigste Funktion ist der Aufbau von Körpergewebe. Somit liefern proteinhaltige Lebensmittel die Bausteine, die unser Körper benötigt, um Zellen zu erhalten und aufzubauen.
Tatsächlich bestehen wir zu vielen Teilen aus Protein, darunter z. B. Haare, Muskeln und Fingernägel. Auch für unseren Hormonhaushalt, das Immunsystem und verschiedene Stoffwechselprozesse sind Proteine wichtig. So sind beispielsweise viele Hormone, Antikörper oder auch das Hämoglobin in den roten Blutkörperchen, das Sauerstoff transportiert, Proteine. [1]
Einige Aminosäuren kann unser Körper selbst herstellen, allerdings nicht alle. Daher müssen wir acht Aminosäuren mit der Nahrung aufnehmen. [2] Diese sogenannten essentiellen Aminosäuren kommen in pflanzlichen Lebensmitteln vor und können dem Körper durch eine ausgewogene vegane Ernährung mit Leichtigkeit geliefert werden [3, 4]. Bereits 1946 wurde in einer Veröffentlichung zum Proteinbedarf des Menschen betont, dass eine rein pflanzliche Ernährung, die auf Getreide basiert, den Proteinbedarf decken kann. [5]
Infos zur biologischen Wertigkeit von pflanzlichem Eiweiß
Die sogenannte biologische Wertigkeit gibt an, wie gut unser Körper ein Nahrungsprotein verwerten kann: Je höher der Gehalt an essentiellen Aminosäuren ist, desto höher ist die biologische Wertigkeit. [6] Viele pflanzliche Proteine enthalten im Gegensatz zum tierischen Pendant nicht alle neun essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge und werden daher in ihrer Wertigkeit oft als schlechter eingestuft.
Es spielt jedoch keine Rolle, welche Aminosäuren ein einzelnes Lebensmittel oder eine Mahlzeit enthält – wichtig ist das Aminosäurespektrum eines ganzen Tages. Durch die Kombination verschiedener pflanzlicher Proteinquellen erreicht man leicht eine hohe biologische Wertigkeit.
Das bedeutet: Wer regelmäßig Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte kombiniert und regelmäßig eine Handvoll Nüsse isst, ist bestens versorgt. [4]
Pflanzliche Proteinquellen sind gesund
Lebensmittel sind immer ein Nährstoffpaket. Es ist nicht sinnvoll, ein Lebensmittel nur nach dem Gehalt eines bestimmten Nährstoffs – z. B. des Proteingehalts – zu beurteilen. Pflanzliche Proteinquellen enthalten viele weitere gesundheitsförderliche Nährstoffe wie z. B. Vitamine oder sekundäre Pflanzenstoffe. Eine Walnuss ist beispielsweise nicht nur gesund, weil sie proteinreich ist, sondern auch aufgrund des hohen Anteils an gesunden Omega-3-Fettsäuren und Vitamin E. [4]
Enorm wichtig für die Gesundheit – und nur in Pflanzen enthalten – sind Ballaststoffe. Besonders viele Ballaststoffe sind in Vollkorngetreide, Hülsenfrüchten und Nüssen enthalten, die auch zu den proteinreichen Lebensmitteln gehören. Eine 2020 veröffentlichte Studie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat unter anderem gezeigt, dass vegan ernährte Kinder etwa doppelt so viel gesundheitsförderliche Ballaststoffe zu sich nehmen wie Mischköstler:innen. [7] Ein Mangel an Ballaststoffen erhöht das Risiko für Übergewicht, Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Dagegen ist Cholesterin nur in tierischen Produkten enthalten. Ein hoher Cholesteringehalt im Blut ist ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Ist tierisches Eiweiß ungesund?
Wissenschaftler:innen der Harvard Medical School haben in einer Langzeitstudie herausgefunden, dass Menschen, die regelmäßig Proteine tierischen Ursprungs verzehren, unter einem höheren Risiko leiden, verfrüht an Herz-Kreislauf-Krankheiten zu sterben, als Personen, die auf pflanzliche Proteine zurückgreifen.
Laut der Studie sank bei Teilnehmer:innen, die pflanzliche Proteine aufnahmen, das Sterberisiko mit Risikofaktoren wie Übergewicht oder Alkoholkonsum. Im Gegenzug erhöhte sich das Gesundheitsrisiko einer Herzkrankheit durch den Verzehr tierischer Proteine von unverarbeitetem Rinder-, Schweine- und Hühnerfleisch, Milchprodukten, Fisch. [8]
Wie kommt man als Veganer auf seine Proteine?
- Obwohl die Verdaulichkeit von pflanzlichem Protein durch den Kochvorgang verbessert und die Wertigkeit durch Kombination verschiedener veganer Proteinquellen erhöht werden kann, raten manche Veröffentlichungen statt der von der DGE grundsätzlich empfohlenen Proteinmenge von 0,8 Gramm pro Kilo Körpergewicht [9] zu einer leichten Erhöhung der Proteinmenge für vegan lebende Menschen auf 0,9 Gramm [10] oder 1 Gramm [11] pro Kilo Körpergewicht.
- Andererseits ergab eine Metaanalyse, dass bei ausgewogener veganer Ernährung keine erhöhte Proteinzufuhr nötig ist. [12]
Sowohl die Zufuhrempfehlung der DGE als auch höhere Mengen, die beispielsweise für Sportler:innen relevant sind, sind mit einer rein pflanzlichen Ernährung ohne Probleme umsetzbar. [4]
Haben Veganer Proteinmangel?
Proteinmangel ist für vegan lebende Menschen kein Thema: Wer sich ausgewogen mit einer ausreichenden Zufuhr an Gesamtkalorien ernährt, deckt seinen Proteinbedarf meist automatisch. Ersetzt man tierisches Eiweiß durch pflanzliches, trägt man nicht nur zur eigenen Gesundheit bei, sondern kann auch eine große Vielfalt an köstlichen Nahrungsmitteln genießen.
Pflanzliche Proteine: Die wichtigsten veganen Proteinquellen
Jedes pflanzliche Lebensmittel enthält zu einem gewissen Anteil Proteine. Die Spitzenreiter unter den pflanzlichen Proteinlieferanten sind
- Kürbiskerne,
- Hanfsamen
- und Erdnüsse.
Sie enthalten neben Protein aber auch viel Fett und damit Kalorien. Somit sind sie eine großartige Ergänzung.
Doch die wichtigsten pflanzlichen Proteinlieferanten sind
- Vollkorngetreide,
- Hülsenfrüchte
und daraus hergestellte Produkte wie z. B.
Tofu,
Tempeh
oder Hummus.
Sie haben zwar etwas weniger Protein pro 100 Gramm, dafür aber auch weniger Fett und Kalorien. Daher ist der Anteil an Kalorien aus Protein höher. [4]
Proteingehalt einiger wichtiger unverarbeiteter, pflanzlicher Proteinlieferanten:
Proteingehalt in g pro 100 g [4] | Kalorien aus Protein in % [13] | |
Kürbiskerne | 35 | 18 |
Erdnüsse | 25 | 18 |
Sonnenblumenkerne | 22 | 16 |
Cashewkerne | 20 | 13 |
Mandeln | 19 | 15 |
Sojabohnen | 15 | 35 |
Haferflocken | 13 | 17 |
Linsen | 10 | 34 |
Kichererbsen | 8 | 21 |
Spinat | 3 | 50 |
Champignons | 3 | 56 |
Brokkoli | 3 | 33 |
Tomate | 1 | 19 |
Sind tierische Proteine besser als pflanzliche?
Unser Proteinbedarf kann ohne Probleme rein pflanzlich gedeckt werden. Vegane Proteinlieferanten bieten sogar einige gesundheitliche Vorteile. Und auch geschmacklich ist für jeden etwas dabei, denn egal ob Linsenaufstrich, Soja-Burger oder Räuchertofu: Leckere pflanzliche Produkte mit hohem Proteingehalt sind überall erhältlich.
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Quellen
[1] Deutsche Gesellschaft für Ernährung, 3. Wozu braucht der Körper Protein: https://www.dge.de/wissenschaft/weitere-publikationen/faqs/protein/?L=0, (eingesehen am 15.12.20)
[2] Elmadfa & Leizmann (2015): Ernährung des Menschen. Eugen Ulmer KG, Stuttgart
[3] Clements, Kath (2006): Vegan, EchoVerlag
[4] Niko Rittenau (2019, 5. Auflage): Vegan-Klischee ade! Wissenschaftliche Antworten auf kritische Fragen zu veganer Ernährung. Ventil Verlag UG & Co. KG, Mainz
[5] Hegsted, Tsongas (1946): Protein requirements of adults, The Journal of Laboratory and Clinical Medicine
[6] Hoffman & Flavo (2004): Protein – Which is best? Journal of Sports Science and Medicine, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3905294/, (eingesehen am 15.12.20)
[7] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2020): 14. DGE-Ernährungsbericht, 4 Vegetarische und vegane Ernährung bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland – VeChi-Youth-Studie (S. 289 – 354)
[8] Song, Fung, Hu (2016): Association of Animal and Plant Protein Intake With All-Cause and Cause-Specific Mortality, Jama Internal Medicine, https://jamanetwork.com/article.aspx?doi=10.1001/jamainternmed.2016.4182, (eingesehen am 15.12.20)
[9] Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Protein: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/protein/?L=0, (eingesehen am 15.12.20)
[10] Mariotti (2018): Plant Protein, Animal Protein, and Protein Quality. In: Vegetarian and Plant-Based Diets in Health and Disease Prevention. Academic Press, Cambridge.
[11] Yáñez, Eliana et al. (1986): Long-Term Validation of 1 g of Protein per Kilogram Body Weight from a Predominantly Vegetable Mixed Diet to Meet the Requirements of Young Adult Males, https://www.researchgate.net/publication/19459398_Long-Term_Validation_of_1_g_of_Protein_per_Kilogram_Body_Weight_from_a_Predominantly_Vegetable_Mixed_Diet_to_Meet_the_Requirements_of_Young_Adult_Males (eingesehen am 11.01.2024)
[12] Rand, Pellett & Young (2003): Metaanalysis of nitrogen balance studies for estimating protein requirements in healthy adults. The American Jounal of Clinical Nutrition, online einsehbar unter: https://academic.oup.com/ajcn/article/77/1/109/4689641, (eingesehen am 15.12.20)
[13] Langley, Gill (1999): Vegane Ernährung. Echo Verlag