Neues Jagdgesetz in Niedersachsen erlaubt mehr Tierleid

Teilen:

Im Februar 2021 stimmte das niedersächsische Kabinett dem Gesetzentwurf zur Änderung des Landesjagdgesetzes zu. Der Entwurf beinhaltet verschiedene Rückschritte hinsichtlich des Tierschutzes: So soll das Verbot für die Verwendung von Nachtzieltechnik aufgehoben werden, damit Jäger Wildschweine und nachtaktive eingewanderte Arten wie Waschbär, Marderhund und Goldschakal leichter töten können. Außerdem wird der Elterntierschutz durch schwammige Formulierungen aufgeweicht. Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast plant auch, die Jagd auf Hauskatzen auszuweiten. Tierquälerische Jagdpraktiken wie der Einsatz von Totschlagfallen oder die Baujagd, die in einigen anderen Bundesländern bereits weitgehend verboten wurden, sollen in Niedersachsen erlaubt bleiben. Gleiches gilt für die Hobbyjagd auf Füchse und andere Beutegreifer. [1]

Neues Landesjagdgesetz in Niedersachsen ist ein Rückschritt

Das neue Landesjagdgesetz sieht vor, dass Jäger künftig bei der Jagd auf die bisher verbotene Nachtzieltechnik zurückgreifen können, um Neozoen wie Waschbären, Marderhunde, Nutrias, Goldschakale und Nilgänse leichter töten zu können. Darüber hinaus soll der Abschuss von angeblich „wildernden“ Katzen sogar noch erleichtert werden: Sollte das Gesetz im Landtag endgültig beschlossen werden, dürfen Jäger Katzen töten, sobald diese mehr als 300 Meter vom nächsten Wohnhaus entfernt sind – unabhängig davon, ob sie tatsächlich anderen Tieren nachstellen oder nicht. Grausame Jagdpraktiken wie die Bau- und Fuchsjagd sowie der Einsatz von Totschlagfallen und die Ausbildung von Jagdhunden an lebenden Tieren sollen in Niedersachsen erlaubt bleiben. [1]

„Die Änderungen des niedersächsischen Jagdgesetzes sind rückwärtsgewandt und spielen den Interessen der Jägerlobby in die Karten, die auch in der Landesregierung prominent vertreten ist. Wenn der Gesetzentwurf in dieser Form durchgeht, dann werden die Schmerzensschreie in Niedersachsens Wäldern unüberhörbar sein. Tierschutz hat Verfassungsrang und muss bei der Änderung des Landesjagdgesetzes berücksichtigt werden.“

Peter Höffken, PETA Deutschland

Wir von PETA Deutschland fordern nun von Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast und der Landesregierung, die Änderungen des niedersächsischen Landesjagdgesetzes zurückzunehmen und unter Einbeziehung von Tierschutzorganisationen zu überarbeiten.

Katzen sind keine Bedrohung für die heimische Artenvielfalt

Anders als oft behauptet wird, sind Hauskatzen keine Bedrohung für die einheimische Artenvielfalt. Freilaufende Katzen erbeuten zwar gelegentlich auch Vögel, doch dabei handelt es sich hauptsächlich um weitverbreitete Garten- und Siedlungsvögel wie Amseln, Rotkehlchen, Haussperlinge, Meisen und Finken. Die Populationen dieser Vogelarten, die zum Beutespektrum der Katze gehören, sind weitgehend stabil.

Von Populationsrückgängen sind hauptsächlich jene Arten betroffen, die Agrarlandschaften bewohnen. Experten sehen das Problem vor allem in der Zerstörung von Lebensräumen durch die anhaltende Intensivierung der Landwirtschaft und dem vermehrten Einsatz von Pestiziden. Die Begründung für den Abschuss von Katzen, dass sie für den Rückgang bedrohter Vogelbestände verantwortlich seien und daher zur Jagd freigegeben werden müssten, ist somit nicht haltbar.

Die Jagd – grausam und aus wildbiologischer Sicht unnötig

Das niedersächsische Jagdrecht erlaubt bereits grausame Praktiken, beispielsweise die Jagdhundeausbildung am lebenden Tier, die Baujagd und die Fallenjagd mit Totschlag- oder Lebendfallen. Vor allem bei Drückjagden, bei denen auch immer wieder Menschen zu Schaden kommen, sterben bis zu zwei Drittel der Wildtiere nicht sofort: [2] Schwer verletzt mit zerschossenen Knochen und heraushängenden Innereien flüchten die angeschossenen Tiere, leiden oft tagelang und sterben qualvoll, wenn sie bei der sogenannten Nachsuche nicht gefunden werden.

Anerkannte Wildbiologen sind sich einig, dass die Jagd aus ökologischer Sicht nicht notwendig ist. Im Wald wohnende Tierpopulationen regulieren sich durch Umwelteinflüsse selbst – beispielsweise durch Witterung, Nahrungsverfügbarkeit oder Krankheiten. [3] Der Kanton Genf, in dem die Hobbyjagd seit über 40 Jahren verboten ist, ist nur ein Beispiel dafür. Dort darf sich die Natur fast gänzlich selbst regulieren. Die Region zeichnet sich durch eine hohe Artenvielfalt und gesunde, stabile Wildtierpopulationen aus. Bei Wildschweinen wiesen außerdem Wissenschaftler nach, dass die Geschlechtsreife der weiblichen Tiere in bejagten Populationen früher eintritt, wodurch sich die Geburtenrate erhöht. [4] Ein hoher Jagddruck in einem Gebiet führt also dazu, dass die Population der betreffenden Wildtiere ansteigt.

Wildschwein mit Jungen
Die Jagd zerstört Familienverbände und Sozialstrukturen. In Folge vermehren sich einige Tierarten losgelöst von ihrem natürlichen Fortpflanzungsrhythmus unkontrolliert.

Was Sie tun können

Anders als Jäger oft behaupten, kann die Natur sich selbst regulieren – die Jagd ist unnötig, kontraproduktiv und grausam. Informieren Sie sich und klären Sie Ihr Umfeld über die tierquälerischen Jagdarten auf.

  • Quellen

    [1] Niedersächsische Staatskanzlei (2021): Kabinett stimmt Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Jagdgesetzes (NJagdG) zu, https://www.stk.niedersachsen.de/startseite/presseinformationen/kabinett-stimmt-gesetzentwurf-zur-anderung-des-niedersachsischen-jagdgesetzes-njagdg-zu-196833.html, (eingesehen am 14.04.2021)

    [2] Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (2010): Tierschutz und Bewegungsjagden. Stellungnahme der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT). Arbeitskreis Wildtiere und Jagd (AK 6).

    [3] Reichholf, J. H.: Die Wahrheit über die Jagd – Evolutionsbiologe Prof. Josef Helmut Reichholf widerlegt Jägerlügen. TV-Dokumentation, SWR BW. (15.05.2014).

    [4] Servanty et al. (2009): Pulsed resources and climate-induced variation in the reproductive traits of wild boar under high hunting pressure. Journal of Animal Ecology. Nr. 78, Issue 6.