Wurmkiste: Leiden Würmer bei der Kompostierung in der Kiste?

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Küchenabfälle nachhaltig verwerten und wertvollen Humus erhalten? Sogenannte Wurmkisten sollen genau das möglich machen und den natürlichen Kompost auch in die Großstadtküche bringen. Nachhaltige Lösungen für das urbane Leben finden wir eigentlich immer toll – aber nicht auf Kosten von Tieren. Wir erklären, warum bei vielen Besitzern von Wurmkisten Tierleid vorprogrammiert ist und welche Alternativen es gibt.

Würmer sind für unsere Böden unverzichtbar

In Deutschland leben 46 verschiedene Arten von Regenwürmern. Eine davon gibt es sogar nur bei uns – den Badischen Riesenregenwurm. [1] In unserem Kompost treffen wir aber meistens auf den hellroten Mist- oder Kompostwurm. Obwohl Kompostwürmer blind, taub und stumm sind, haben sie in unserem Ökosystem eine enorm wichtige Aufgabe. Sie kompostieren Laub und andere Pflanzenreste und düngen mir ihren Ausscheidungen den Boden. Ihr Kot ist dabei bis zu sieben Mal nährstoffreicher als normale Gartenerde. Dadurch tragen sie enorm zur Verbesserung der Bodenqualität bei.

In der Natur werden die Tiere durchschnittlich zwei Jahre alt. [2] In vielen Wurmkisten schaffen sie dieses Alter jedoch vermutlich nicht. Denn die Aufzucht von Würmern in Kisten ist ein Experiment am lebenden Tier, bei dem so einiges schiefgehen kann.

Unsere Regenwürmer sind gestresst! Die konventionelle Landwirtschaft macht den Würmern zu schaffen. Kahlgeräumte Äcker ohne Pflanzenreste lassen ihn verhungern, und durch die Bodenbearbeitung mit riesigen Maschinen wird sein Lebensraum alle paar Monate zerstört. Luftverschmutzung sorgt außerdem für zunehmend versauerte Böden, was den Regenwürmern gar nicht gefällt. Durch Überdüngung mit Gülle werden die Würmer zudem verätzt. Als Folge gibt es immer weniger Würmer. [3] Der vegane Ökolandbau könnte somit dazu beitragen, auch das Leid von Regenwürmern zu verringern.

Würmer sind Lebewesen und kein Hobby

In einer Wurmkiste essen Würmer Küchenabfälle, die sie in wertvollen Humus für den Eigengebrauch verwandeln sollen. Während sich Kompostwürmer in der Natur von einer Vielzahl an Blättern, abgestorbenen Pflanzenresten und Mikroorganismen ernähren, ist die Nahrung aus der menschlichen Küche deutlich einseitiger. Vor allem die Versorgung mit notwendigen Mikronährstoffen ist oft schwierig, da sich Naturkreisläufe in künstlichen Systemen wie einer Wurmkiste niemals vollständig imitieren lassen. Zudem sind Regenwürmer vergleichsweise schlecht erforscht, wodurch wenig Wissen über ihre optimale Versorgung, aber auch Krankheiten vorhanden ist. Als logische Konsequenz läuft in vielen Wurmkisten so einiges schief, wodurch viele Tiere getötet werden. Einige Besitzer von Wurmkisten sind schlecht informiert oder unterschätzen die Lebensansprüche der Würmer. Andere verlieren nach einer Weile das Interesse an ihrem neuen „Hobby“. Werden die Bedingungen in den Kisten nicht (mehr) regelmäßig kontrolliert, kommt es schnell zu einem Massensterben.

Wurmkiste
Wurmkisten versprechen eine nachhaltige Verwertung von Küchenabfällen – jedoch auf Kosten von Tieren.

Diese Gefahren lauern auf Würmer in Wurmkisten:

  • Transport: Beim Kauf einer Wurmkiste werden die dafür notwendigen Würmer in der Regel auf dem Postweg verschickt. Die Erschütterungen des Transports stressen die Tiere. Im schlimmsten Fall können sie vertrocknen, verhungern, erfrieren oder an zu großer Hitze sterben.
  • Temperatur: Kompostwürmer fühlen sich bei Temperaturen zwischen 15°C und 25°C am wohlsten. Viele Würmer sterben, weil Hobbygärtner sie versehentlich in die pralle Hitze stellen. Ab 30°C fangen sie an zu sterben. Gestresste Tiere versuchen zwar aus den Boxen zu fliehen, doch ohne Feuchtigkeit vertrocknen sie und sterben, auch wenn sie es schaffen, aus der Kiste auszubrechen. Frost ist für die Tiere ebenso tödlich wie Hitze.
  • Feuchtigkeit: Würmer brauchen eine feuchte Umgebung. Wird es zu trocken, sterben sie relativ schnell. Vor allem während der Urlaubszeit kann es passieren, dass zahlreiche Tiere sterben, falls keine passender Wurm-Sitter gefunden oder der Standort und die Bedingungen in der Wurmkiste falsch eingeschätzt wurden.
  • Schimmel und Staunässe: Wer seine Wurmfarm nicht konsequent im Auge behält, hat aufgrund der Feuchtigkeit schnell Schimmel oder Staunässe in den Wurmkisten. Zudem bilden die Tiere einen sogenannten Wurmsaft, der sich in der untersten Wurmkiste ansammelt. Wird diese nicht regelmäßig geleert, können die Würmer je nach Bauart der Kiste hineinfallen und darin ertrinken.
  • PH-Wert: Kompostwürmer fühlen sich am wohlsten, wenn der pH-Wert des Substrates zwischen 5-7 (neutral) ist. Eine einseitige Ernährung führt häufig dazu, dass der pH-Wert zu hoch ist, die Würmer sich nicht mehr wohl fühlen und zu fliehen versuchen.Auch ein zu niedriger pH-Wert ist für die Würmer schädlich. Wer vergisst, regelmäßig den pH-Wert seiner Wurmkiste zu überprüfen, schadet den Tieren womöglich.
  • Mineralstoffe: Um Kokons für die Fortpflanzung zu bauen und den pH-Wert ihrer Umwelt anzupassen, benötigen Regenwürmer Calcium und diverse Spurenelemente. Küchenabfälle reichen nicht aus, um die Tiere mit allen notwendigen Mineralstoffen zu versorgen. Viele Anbieter verkaufen daher einen speziellen Mineral-Mix, den man den Tieren als zusätzliche Nahrung anbieten soll. Wird das nicht getan, geht es den Würmern langfristig immer schlechter.
  • Krankheiten: In Foren berichten viele Wurmkisten-Besitzer von einer unerforschten Krankheit, die gerne als „Proteinvergiftung“ bezeichnet wird. Diese entsteht angeblich, wenn die Tieren zu proteinreiche Nahrung erhalten. Sie bilden dabei Einschnürungen an ihrem Körper und sterben. Generell sind Krankheiten bei Regenwürmern kaum erforscht. Man weiß jedoch, dass sie Wirte für viele Parasiten sind und an Bakterien und Infektionskrankheiten, wie der Hirnhautentzündung, erkranken können. Inwieweit die Nähe zum Menschen für die Krankheiten des Regenwurms verantwortlich ist, kann derzeit nur vermutet werden. [4]

Bei Wurmkisten kann man ganz schön viel falsch machen. Wer sich ein wenig in Foren umschaut, merkt schnell, dass vielen Besitzern von Wurmkisten Pannen unterlaufen und die Tiere dabei versehentlich sterben. Am Ende des Tages sperren wir die fleißigen Würmer auf engstem Raum in Kisten ein, ohne die Möglichkeit zur Flucht. Wenn wir etwas falsch machen oder vergessen, die Tiere ausreichend zu versorgen, beenden wir ihr Leben schneller als uns lieb ist.

Bokashi und Wurmturm – tierfreundliche Alternative zur Wurmkiste

Zum Glück gibt es auch tierfreie Möglichkeiten, um Küchenabfälle sinnvoll zu nutzen. Beim japanischen Bokashi beispielsweise werden keine lebenden Würmern eingesetzt, sondern organische Küchenabfälle mit Effektiven Mikroorganismen, einer Mischung aus Milchsäurebakterien, Hefen und Photosynthesebakterien, fermentiert. Dafür gibt man Küchenabfälle in einen luftdicht verschließbaren Plastikeimer mit Siebeinsatz und vermischt sie mit den Effektiven Mikroorganismen. Nach etwa zwei Wochen haben die Bakterien und Hefen die Küchenabfälle in wertvolles Substrat und Düngemittel für den Garten verwandelt. Auch hier kann einiges schief gehen – aber zumindest kommt dabei kein Tier zu Schaden.  

Bokashi
Beim japanischen Bokashi werden keine lebenden Würmern eingesetzt.

Der Wurmturm ist eine Art Röhre mit Löchern, der direkt in den Erdboden eingegraben wird. Sobald man beginnt, Essenreste in den Turm zu werfen, kommen die Würmer von ganz allein zu Besuch. Außerdem haben sie jederzeit die Möglichkeit, den Turm wieder zu verlassen, sollte man mal keine Zeit haben, Küchenabfälle hineinzugeben – beispielsweise im Urlaub. Der Wurmturm ist eine tolle Alternative, wenn nur eine sehr kleine Gartenfläche zur Verfügung steht. Man kann ihn kinderleicht in ein kleines Beet, ein Hochbeet oder ein beliebiges Pflanzgefäß mit Verbindung zum Erdboden eingraben. Er ist platzsparend, und die Erde wird direkt an Ort und Stelle mit hochwertigen Nährstoffen versorgt.

Der Wurmturm ist perfekt geeignet für eine sehr kleine Gartenfläche.

Was Sie tun können

Ganz gleich, ob Hund, Katze oder Wurm: Kein Tier verdient es, für ein „Hobby“ gequält und getötet zu werden. Wer sich eine Wurmkiste anschafft, sollte sich zuvor gut informieren und darüber im Klaren sein, dass er den Tieren gegenüber eine große Verantwortung trägt. Auch wenn wir Würmer aufgrund unserer antrainierten speziesistischen Denkweise nicht als „niedlich“ empfinden wie etwa Hunde- oder Katzenbabys, so sind sie doch Lebewesen wie wir und haben das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit.

Wir empfehlen daher tierfreie Alternativen wie den Bokashi-Eimer oder Wurmtürme, wo die Tiere einfach in die Erde verschwinden und weiterziehen können, wenn es ihnen nicht mehr gefällt. Für Gartenbesitzer ist der Kompost vermutlich die einfachste Möglichkeit, wertvollen Humus zu erhalten. Unsere Tipps und Tricks für einen tierfreundlichen Garten zeigen Ihnen, wie Sie noch viele weitere Wildtiere in Ihren Garten locken können.