Es war ein düsterer, kühler Vormittag und unser Team von PETA HELPS ROMANIA befand ich sich inmitten der Kastrationsaktion im kleinen Dörfchen Stalpeni. Zwei warm eingepackte Menschen mit bedeckten Köpfen kamen zur Einfahrt unserer Aktion. In der Hand hielt der Mann an einer dicken, schweren Kette eine Hündin, die regungslos in einer abgenutzten, schmutzigen Schubkarre lag.
Den Kopf geduckt und völlig verängstigt
„Kastriert den Hund, sie ist 7 Monate und sehr aggressiv“, erzählte uns die Frau, die den Mann, der sichtlich schwer alkoholisiert war, begleitete. Die verängstigte Hündin bewegte sich nicht, ihr Kopf geduckt, ihr Fell verdreckt. Sie machte den Anschein, als wäre sie weggetreten.
Die Frau erklärte eifrig, dass sie für das Wohlergehen der schwarzen Hündin in der Schubkarre nicht mehr verantwortlich ist, weil sie diese ihrem Sohn geschenkt hatte. Der Mann hielt die Kette so kurz, dass er den hageren Körper der Hündin unter dem nassen, schmutzigen Fell lebensbedrohlich würgte.
Nachdem sie den Vierbeiner in unsere Obhut übergeben hatten, bemerkten wir sofort den Zustand der Hündin: Regungslos lag sie mit verlorenem Blick da und bewegte sich nicht von dem Platz, wo sie sich in den Käfig niedergelegt hatte und änderte ihre Haltung überhaupt nicht. Die Gleichgültigkeit, die sie gegenüber allem um sich herum an den Tag legte, war für eine so junge Hündin wie sie unnatürlich und unser Team war in großer Sorge um die junge Hündin.
Wir konnten sie so nicht kastrieren!
Wir entschieden uns, die Kastration aufzuschieben, um zuerst den Zustand des Tieres zu verbessern. Zuerst boten wir ihr Wasser und gute Nahrung an, aber sie wollte nicht einmal daran riechen. Die Tierärzt:innen unseres Teams untersuchten die Hündin und nahmen Blutproben für mehrere Tests und Analysen, um den Gesundheitszustand genau zu überprüfen. Die klinischen Untersuchungen waren unauffällig – scheinbar litt die Hündin an einer schweren Verhaltensstörung. Keiner konnte sich ausmalen, was ihr in den wenigen Monaten Lebenszeit schon widerfahren war.
Wir versuchten mit den Halter und der Halterin zu sprechen, um ihnen den Zustand der Hündin zu erklären. Doch dies war sehr schwierig, denn der Mann war von morgens bis abends dauerhaft betrunken und seine Frau wollte uns nicht viel erzählen, außer ein paar Hinweisen, aus welchen wir folgerten, dass die Hündin beim Transport nicht ruhig in der Schubkarre liegen wollte und dass der Mann mehrmals auf sie eingeschlagen hatte. Auch, dass er ihr etwas Alkohol verabreicht hatte, damit sie in der Schubkarre ruhig liegen blieb.
Wir konnten sie nicht zurückgeben!
Es war klar, dass ihre einzige Chance auf Genesung war, dass wir die Verantwortung für sie übernahmen und sie dem Halter und der Halterin nicht mehr zurückgaben. Wir riefen den Sohn der Familie an, um mehr zu erfahren. Er sagte uns, dass die Hündin von Welpenalter an hinter dem Haus angekettet lebte und immer allein sei, niemand würde jemals zu ihr gehen. Aber er erzählte uns nichts, was ihre totale Teilnahmslosigkeit erklärt hätte. Wir fragten ihn nach dem Verhalten seines Vaters – in der Hoffnung, eine Antwort zu finden. Er antwortete, er kenne seinen Vater seit seiner Geburt nur so, ständig unter Alkoholeinfluss. „Und wie hältst du das aus?“, fragten wir ihn. Das sei normal für ihn, er kenne es nicht anders. Er war nur 16 Jahre alt. Und er hatte seine Eltern überredet, die Hündin zum Kastrieren zu bringen. Wir sagten ihm, dass die Hündin bei uns bleiben werde und dass er das seinem Vater mitteilen müsse, da wir leider nicht mit ihm sprechen konnten. Und dass er uns immer anrufen könne, wenn er ein Problem mit einem Tier hat.
Wir nannten sie Robin (ausgehend vom rumänischen Wort „roabă“, das „Schubkarre“ bedeutet)
Am Anfang reagierte Robin weder auf Reize noch auf nette Worte oder Streicheleinheiten. Weder auf Nahrung und Leckereien noch auf unsere medizinische Behandlung. Sie blieb einfach regungslos, mit verlorenem Blick. Es war offensichtlich, dass Robin sich als Folge der Unterernährung und der schweren Lebensbedingungen in einem depressiven Zustand befand, in den ein Hund nur sehr selten fallen kann. Wir schlossen Robin sofort ins Herz und waren alle vom ersten Augenblick an bemüht, ihr auf dem Weg zur Genesung beizustehen.
Auf dem Weg der Besserung
Nachdem sie so viel Liebe und Aufmerksamkeit erhalten hatte, traten die ersten Anzeichen einer Besserung auf. Zuerst begann sie, aufmerksam zu werden, uns mit dem Blick zu verfolgen und mit dem Schwanz zu wedeln, wenn wir mit ihr interagierten. Sie trank Wasser und begann zu fressen – zuerst nur in der Nacht, dann allmählich auch am Tag, in unserer Anwesenheit. Schließlich schafften wir es, sie zu überzeugen, dass die Welt außerhalb des Käfigs, in dem sie sich befand, sicher war und sie machte an unserer Seite die ersten vorsichtigen Schritte. Es waren die Schritte in Freiheit und Liebe.
In Anbetracht dieser Fortschritte – und auch weil unsere Aktion in Stalpeni endete – entschieden wir uns, sie in der Notunterkunft unterzubringen, in einem Zimmer mit einem freundlichen und sozialen Zweithund, damit sie sich nicht allein fühlte. Wir setzten das Training und die Ermutigungen fort – und Robin fing an, Interesse an uns zu zeigen, und später sogar Freude. Ihre Augen begannen zu leuchten, die knochigen Umrisse ihres Gesichts wurden weniger deutlich und jetzt tanzt und hüpft Robin manchmal vor Freude, uns zu sehen.
Durch ihren Tanz bringt Robin uns Freudentränen in die Augen, wir haben sie unsagbar gern. Bald darf Robin in ihr neues Zuhause ziehen und wir sind froh, dass Robin durch uns die Menschen wahrhaft kennengelernt hat.
Was Sie tun können
Rumänien ist das Land mit den meisten heimatlosen Hunden in ganz Europa. Tausende von ihnen werden Jahr für Jahr von Hundefänger:innen eingefangen und in städtischen Tierheimen und Tötungsstationen untergebracht. Um dieses Leid zu verringern, haben wir gemeinsam mit unserem Partner EDUXANIMA ein großes Kastrations- und Bildungsprogramm vor Ort ins Leben gerufen.
Mit einer mobilen Kastrationskampagne können wir jedes Jahr über 8.000 Tieren helfen. Mithilfe von Kastration und Registrierung sorgen wir für eine nachhaltige Populationskontrolle von Hunden und Katzen. Durch Spenden von Laufleinen und Nahrung und mit medizinischer Versorgung hilft unser Team Hunden, die auf der Straße leben, und jenen, die zwar ein Zuhause haben, aber im Freien gehalten werden.
Kinder lernen im Tierschutzunterricht an Schulen, wie wichtig es ist, Mitgefühl und Empathie für alle Lebewesen zu entwickeln. Durch Gespräche mit Politiker:innen und lokalen Bürgermeister:innen wird die Kampagne auf viele weitere Orte in Rumänien ausgeweitet, denn nur so lässt sich das Leid Tausender Tiere langfristig verringern. Wo immer Hilfe benötigt wird, helfen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Kräften.
Bitte unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende, damit wir unser Kastrationsprojekt in Rumänien weiter ausbauen können.