Reptilienbörsen – massive Tierquälerei und Ausverkauf der Natur

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Beinahe jedes Wochenende finden in ganz Deutschland Reptilienbörsen statt. Tausende exotische Tiere werden hier wie auf einem Flohmarkt zu Billigpreisen zum Kauf angeboten und enden häufig bei Spontankäufern, die den hohen Ansprüchen der Tiere an Temperatur, Lebensraum und Ernährung in keiner Weise gerecht werden können.

Auf den Börsen leiden die empfindlichen Reptilien, Amphibien, Insekten und exotischen Säugetiere sehr unter dem großen Stress und der Nähe zu Menschen. Eingepfercht in winzigen Plastikboxen und kleinen Käfigen wechseln sie im Minutentakt ihren „Besitzer“. Viele exotische Tiere geraten allein durch den Blick eines Menschen in Todesangst.

Auch der illegale Handel mit Arten, die in ihren Herkunftsländern streng geschützt sind, floriert auf und im Umkreis vieler Börsen. Tag für Tag werden die letzten artenreichen Gebiete unserer Erde geplündert, um die Nachfrage der Reptilienszene zu befriedigen.

PETA konnte bereits auf etlichen Reptilienbörsen massive Tier- und Artenschutzverstöße aufzeigen und diese den zuständigen Behörden melden. Bereits 2013 hat die Bundesregierung ein Verbot von gewerblichen Tierbörsen für exotische Tiere im Koalitionsvertrag sowie ein Wildfang-Importverbot vorgesehen, das jedoch aufgrund der Blockadehaltung der CDU/CSU nie umgesetzt wurde. So hält der Ausverkauf der Natur weiter an. 

In der Natur gefangen und auf Reptilienbörsen verramscht

2020 wurden über 350.000 Reptilien (1) nach Deutschland importiert – ein großer Teil davon sind Wildfänge. Hinzu kommen tausende exotische Säugetiere sowie Millionen „Zierfische“, die Jahr für Jahr ihrem natürlichen Lebensraum beraubt werden, um in deutschen Wohnzimmern gehalten zu werden.

Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen, denn der Schmuggel mit exotischen Tieren, die illegal in ihren Herkunftsländern gefangen werden, boomt. Je geschützter und seltener ein Tier ist, umso größer ist das Interesse innerhalb der Szene, diesen Exoten im heimischen Wohnzimmer zu halten.

Keine Rücksicht auf Verluste

Bis zu 72 Prozent der empfindlichen Tiere sterben Studien zufolge bereits durch Stress, Unterversorgung oder an transportbedingten Verletzungen, bevor sie überhaupt in den Handel kommen. (2)

Wissenschaftler bestätigen: Reptilienbörsen sind tierschutzwidrig

Eine umfassende Arbeit eines internationalen Wissenschaftsteams aus dem Bereich der Biologie und Verhaltensforschung belegt, was Tierschützer seit Jahren anprangern:

Reptilienbörsen werden in keinster Weise dem Tierschutz gerecht und stellen zudem eine Gefahr für Mensch und Natur dar. (3)

Die Forscher Phillip C. Arena, Catrina Steedman und Clifford Warwick haben für diese Studie drei Reptilienbörsen untersucht. Es handelte sich um die IHS-Show in Großbritannien, die Expoterraria in Spanien und die – nach eigenen Angaben weltweit größte Börse ihrer Art – Terraristika in Hamm, Westfalen.

Im Bereich des Tierschutzes haben die Forscher gravierende Mängel feststellen können: Ein Großteil der Tiere leidet nachweislich unter Stress, was sich in einer Reihe von unterschiedlichen Verhaltensmustern zeigt. Die unmittelbare Nähe von „Räuber“ und „Beutetier“ setzt die Tiere enorm unter Druck.

Außerdem bestätigte sich, dass die Behälter absolut unzureichend in ihrer Größe und Struktur sind – die Forscher schreiben, dass keiner der auf den drei Börsen vorgefundenen Behälter zur Ausstellung von Tieren groß genug war, um einen vollständigen Temperaturgradienten möglich zu machen. Der Bericht legt nahe, dass viele Händler offensichtlich nicht ausreichend über das Verhalten der von ihnen verkauften Tiere informiert sind oder deutlich auffälliges Verhalten fehlinterpretieren. Zahlreiche Händler behaupten immer wieder, die Tiere seien nicht gestresst und würden sich in den kleinen Boxen sogar wohlfühlen.

2018 bestätigte der Abschlussbericht der 31-monatigen EXOPET-Studie, die von der Bundesregierung in Auftrag gegeben wurde, dass Halter nicht ausreichend über die Haltungsbedingungen von Reptilien, Amphibien, Vögeln, exotischen Säugetieren und Zierfischen informiert sind. Auch die Missstände auf Tierbörsen, bedingt durch unzureichende Kontrollen, wurden in den Ergebnissen angemahnt. (4) Eine tierärztliche Fallstudie, bei der rund 150 verstorbene Reptilien untersucht wurden, brachte ans Licht, dass über die Hälfte der Tiere zu Lebzeiten an haltungsbedingten Krankheiten litt. (5)

Salmonellengefahr durch Reptilien

Bis zu 90 Prozent der in Gefangenschaft gehaltenen Reptilien können für den Menschen gefährliche Krankheitserreger wie z.B. Salmonellen übertragen. Forscher bestätigen, dass das Verhalten von Händlern und Besuchern auf Exotenbörsen schnell zu einer Verbreitung von Erregern führen kann: Händler haben Kontakt zu ihren Tieren, können die auf Tischen, Plastikboxen und anderen Gegenständen befindlichen Keime weiterverteilen.

Der Besucher nimmt sie dort auf, überträgt sie auf seine Kleidung, Gegenstände in der Messehalle oder andere Besucher. Viele Erreger können sich noch tage-, wochen- oder sogar monatelang in den Veranstaltungshallen halten. Bereitgestellte Desinfektionsmittel bieten keinen ausreichenden Schutz gegen die Keime. Das Robert Koch-Institut schätzt, dass jede dritte Salmonelleninfektion bei Kleinkindern auf exotische Tiere zurückzuführen ist. (6)

Person greift in Box mit Tieren

Reptilienhandel gefährdet heimische Arten

Ein weiterer von den Forschern angesprochener Bereich ist die potenzielle Einführung von Neobiota – also von Arten, die sich durch menschliche Einflussnahme in einem Gebiet ansiedeln, in dem sie nicht heimisch sind. Neben Klimawandel, Umweltverschmutzung und der Zerstörung natürlicher Lebensräume stellen Neobiota eine der größten Bedrohungen für die natürliche Biodiversität in Europa dar.

Der Europäischen Kommission zufolge verursachen Neobiota in Europa einen jährlichen Schaden von ca. 12,5 Milliarden Euro. Die eingeschleppten Tierarten können beispielsweise heimische Tiere verdrängen oder fremde Krankheitserreger verbreiten.

In den Niederlanden beispielsweise wurde die Wildpopulation des streng geschützten Feuersalamanders innerhalb von zwei Jahren durch einen Pilz namens Batrachochytrium dendrobatidis („Chytridpilz“) um 96 Prozent reduziert. Grund dafür ist der internationale Exotenhandel, mit dem der Pilz eingeschleppt wurde. (7)

Wir stehen in der dringenden Pflicht, unsere heimischen Tiere zu schützen. Dies ist nur mit einem vollständigen Handelsverbot exotischer Tiere möglich.

Was Sie tun können

  • Besuchen Sie niemals eine Tierbörse und bitten Sie auch Ihre Familie und Freunde, dies nicht zu tun.
  • Unterschreiben Sie unsere Petition für ein Verbot der Terraristika in Hamm.