Leidvolle Nashornzucht im Labor: Wie weit darf Artenschutz gehen?

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Ein Breitmaulnashorn mit einem Jungtier
Symbolbild

Es gibt nur noch zwei Nördliche Breitmaulnashörner auf der ganzen Welt. Durch Wilderei steht diese Nashorn-Unterart kurz vor dem Aussterben. Das letzte männliche Nashorn verstarb 2018.

„Forschende“ des Berliner Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung versuchten in Berlin, mithilfe künstlicher Befruchtung die Unterart zu erhalten. Die Bundesregierung fördert das Nashorn-Projekt mit ca. 6 Millionen Euro. [1] Doch wie tierschutzgerecht ist dieses Vorhaben?

Nashorn-Eltern und Fötus sterben nach Embryotransfer

Ein „Forschungsteam“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziell gefördert wird, hat den ersten „erfolgreichen“ Embryotransfer bei Südlichen Breitmaulnashörnern durchgeführt. Die Embryonen wurden im September 2023 in der Ol Pejeta Conservancy, einem Schutzgehege in Kenia, in Leihmütter eingesetzt. [1]

Was von den „Forschenden“ als „Erfolg“ bezeichnet wird, endete jedoch in einer Tragödie: Zwar führte das Vorgehen zu einer erfolgreichen Schwangerschaft, jedoch starben sowohl der Nashornvater als auch die schwangere Nashorn-Leihmutter, nachdem sie sich eine seltene bakterielle Infektion zugezogen hatten. Der Fötus war zu diesem Zeitpunkt 70 Tage alt.

Die „Forschenden“ planen trotz der Tode der beiden Nashörner, das umstrittene Verfahren im Mai oder Juni 2024 mit einem Embryo des vom Aussterben bedrohten Nördlichen Breitmaulnashorns zu wiederholen. Anstatt fragwürdige und tierschutzwidrige Experimente an Nashörnern in Millionenhöhe zu fördern, sollte die Bundesregierung lieber Artenschutzmaßnahmen zum Erhalt des Lebensraums und Schutz der Tiere vor Ort finanzieren.

Eizellen-Entnahme bei alten und kranken Tieren

Das internationale Experimentations-Team entnahm für die künstliche Befruchtung den letzten beiden lebenden Weibchen der nördlichen Unterart in Kenia Eizellen. Die Tiere sind zu alt und zu krank, um selbst schwanger zu werden. [2] Doch die stressige und sicher auch schmerzhafte Prozedur der Eizellen-Entnahme ersparten ihnen die Biolog:innen nicht.

Für den Eingriff wurden die Nashornweibchen in Narkose gelegt. Anschließend führten die Forscher:innen ein speziell entwickeltes Gerät in den After der Tiere ein und entnahmen Eizellen, indem sie die Darmwand mit einer Nadel durchstachen. Diese Prozedur wurde jahrelang entwickelt und viele Südliche Breitmaulnashörner mussten sie über sich ergehen lassen.

Nashornkühe als Leihmütter benutzt

Die entnommenen Eizellen wurden in einem Labor in Italien künstlich befruchtet. Hierfür „entnahmen“ Forscher:innen jahrelang Nördlichen Breitmaulnashorn-Bullen Sperma, welches in flüssigem Stickstoff konserviert wurde. Die Embryonen werden dann Kühen der eng verwandten südlichen Breitmaulnashorn-Unterart eingesetzt, die die Jungen als Leihmütter austragen sollen. Auch dieser Vorgang ist für die Tiere mit großen Risiken, Stress und vermutlich auch Schmerzen verbunden. Um die künstliche Befruchtung zu testen, wurden Mäuse im Labor benutzt.

Da es nur Eizellen von zwei Weibchen und das Sperma weniger Nashornbullen gibt, wäre die genetische Vielfalt nicht groß genug, um eine starke und überlebensfähige Art zu erzeugen. Daher nutzen die Experimentator:innen zusätzlich Nashorn-Körperzellen aus Gewebeentnahmen, um mittels Stammzellentechnik weitere Spermien und Eizellen zu züchten.

Ein Breitmaulnashorn haelt seinen Kopf zum Boden.
Mithilfe von eingefrorenem Sperma und artverwandten Weibchen soll das Nördliche Breitmaulnashorn wiederbelebt werden.

Experimente sind nicht tierschutzgerecht

Für das Nashorn-Projekt wurden nicht nur Tierversuche durchgeführt, es werden auch die letzten beiden Tiere dieser Unterart für Experimente gepeinigt, anstatt ihnen ein Leben in Frieden zu schenken. Ob die künstliche Befruchtung Erfolg haben wird, ist unklar. Das Leibniz-Institut hat seit 2006 keine Erfolge bei der künstlichen Besamung von Nördlichen Breitmaulnashörnern gehabt. Selbst wenn es gelingt, Nördliche Breitmaulnashörner zu züchten, ist nicht gesagt, ob diese erfolgreich in die Natur ausgewildert werden können oder ein Leben in Gefangenschaft führen müssen.

Renommierte Wissenschaftler:innen sind sich einig, dass das Projekt nicht zum Artenschutz beiträgt.

„Es ist absolute Zeitverschwendung.“

Evolutionsbiologe Stuart Pimm von der Duke University in Durham (US-Staat North Carolina) [3]

Artenschutz muss beim Menschen ansetzen

Allein der Mensch ist schuld am derzeitigen massiven Artensterben [5] und durch Experimente wie das Nashorn-Projekt könnte dieser Untergang sogar noch beschleunigt werden. Wir von PETA Deutschland fordern, die Tiere frühzeitig in ihrem natürlichen Lebensraum zu schützen, beispielsweise durch Maßnahmen gegen Wilderei, durch ein Verbot von Wildfängen für den deutschen Heimtiermarkt oder ein Verbot der Einfuhr von Jagdtrophäen.

Sogar die Einfuhr von Jagdtrophäen von Südlichen Breitmaulnashörnern wird von der Bundesregierung derzeit noch genehmigt, weil ihre Anzahl noch nicht ganz so stark dezimiert wurde. Das Aussterben zahlreicher Tierarten wird damit durch die Bundesregierung sogar noch gefördert. Dass dennoch eine Millionensumme in das Nashorn-Projekt investiert wird, erscheint nicht wie eine glaubwürdige Artenschutzmaßnahme, sondern eher wie ein Neugier-Experiment, für das unzählige Tiere leiden.

Frontale Nahaufnahme eines Breitmaulnashornes.
Durch die Wilderei sind die Nördlichen Breitmaulnashörner vom Aussterben bedroht.

So können Sie den Tieren helfen

  • Besuchen Sie niemals einen Zoo –Tierarten wie Menschenaffen, Eisbären oder Tiger, die im Zoo unter dem Deckmantel des Artenschutzes gezüchtet werden, können verhaltensbedingt niemals ausgewildert werden.
  • Unterschreiben Sie unsere Petition für ein Einfuhrverbot von Jagdtrophäen.