PETA im Gespräch mit Ünsal Arik, dem veganen Europameister im Superweltergewicht
Nach nicht einmal zwei Runden war für Ünsal Arik alles klar. Da nämlich schickte der vegane Profiboxer seinen Gegner mit zwei höchstpräzisen Körpertreffern auf die Bretter und gewann so zum wiederholten Male einen internationalen Titel. PETA gratuliert dem frischgebackenen Europameister im Superweltergewicht (UBF) zu seinem überzeugenden Sieg. Den Titelgewinn haben wir zum Anlass genommen, um beim Champion genauer nachzufragen.
Lieber Ünsal, du bist gerade zum wiederholten Mal Europameister geworden, herzlichen Glückwunsch! Wie geht es nun weiter? Was sind deine nächsten Ziele?
Vielen Dank für die Glückwünsche. Ich möchte ganz klar wieder bei einem der großen Weltverbände angreifen. Aber wie bei jeder anderen Sportart müssen auch hier erst einmal bestimmte Hürden genommen werden.
Mein Einsatz für Menschenrechte und Demokratie hat vieles erschwert. Menschen klopfen dir auf die Schulter, alle finden toll was du machst, aber niemand möchte mit dir in den Krieg ziehen. Ich bin so gesehen eine Ein-Mann-Armee. Aber ich bin nach wie vor stolz auf das, was ich tue, und finde, jeder Mensch, der in der Öffentlichkeit gehört wird, sollte sich für etwas Gutes einsetzen. Und das mache ich auf zwei Ebenen – einmal für die Rechte der Tiere und einmal für die Rechte der Menschen.
Da sprichst du einen wichtigen Punkt an. Du stehst in der Öffentlichkeit und möchtest ein Vorbild für andere sein. Welche Erfahrungen machst du in dieser Hinsicht als Veganer im täglichen Leben?
In erster Linie lasse ich Menschen beim Essen in Ruhe, auch wenn sie mit mir am Tisch sitzen und Fleisch essen. Denn meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass meine Ernährung und mein neuer Lebensstil deren Interesse ganz automatisch wecken und sie mir nach kurzer Zeit schon ganz interessiert ihre Fragen stellen. Dann erzähle ich ihnen natürlich gerne warum, weshalb und wieso. Dabei ist es mit Sicherheit von Vorteil, dass ich Profisportler bin. Die Menschen nehmen dann automatisch an, dass bei mir etwas dahinterstecken muss, weil ich ja im Ernstfall meine Leistung bringe. Ich finde es aber nicht wichtig, was man arbeitet oder ob man Sportler ist. Für die vegane Lebensweise ist vor allem die Einstellung wichtig.
Einstellung ist ein gutes Stichwort. Du selbst bist den Tieren zuliebe Veganer geworden. Macht es dir das leichter, auf bestimmte Dinge zu verzichten? Empfindest du es überhaupt als Verzicht?
Dadurch dass ich weiß, dass ich etwas Gutes tue, macht es das alles natürlich um ein Vielfaches einfacher. Zum Veganer bin ich geworden wegen meinem kleinen Chihuahua Oskar. Seine tägliche bedingungslose Liebe hat mich zum Nachdenken gebracht. Er freut sich auch nach dem zwanzigsten Mal noch genau so sehr wie beim ersten Mal, wenn ich nach Hause komme. Ich bin dadurch nicht nur tierfreundlicher geworden, sondern mache mir insgesamt einfach viel mehr Gedanken über die Natur und die Welt. Über materielle Dinge denke ich heute kaum noch nach. Sie sind mir nicht mehr wichtig.
Sport machst du ja schon fast dein ganzes Leben. Wie hat sich denn der Umstieg vom Fleischesser zum Vegetarier und schließlich zum Veganer auf deine sportliche Leistung ausgewirkt?
Ja das stimmt, Sport mache ich schon mein ganzes Leben. Der Umstieg damals zum Vegetarier war für mich relativ einfach. Ich finde, nur auf Fleisch zu verzichten, das ist noch keine Kunst, aber auf jeden Fall ein guter Einstieg. Der Umstieg auf eine komplett vegane Lebensweise sollte dann natürlich gut durchdacht sein. Man sollte im Vorfeld viel recherchieren, Wissen sammeln und sich einen Plan zurechtlegen, wie die Ernährung ab sofort funktionieren soll. Der Anfang war auch für mich nicht einfach, aber seitdem ich einen konkreten Plan habe, der auf meine Bedürfnisse abgestimmt ist, läuft alles besser als vor dem Umstieg.
Nun möchten wir es aber genau wissen: Wie sieht der Speiseplan eines veganen Profiboxers denn nun konkret aus? Hast du Tipps für andere Sportler? Was ist dein Lieblingsessen?
Meine Ernährung ist eigentlich ganz einfach. Auch als Veganer gehe ich nach wie vor zu Edeka, Lidl, Rewe, Penny und so weiter einkaufen. Dabei versuche ich, mich so weit wie möglich von veganen Ersatzprodukten fernzuhalten. Ich persönlich denke, dass wir in der Natur – von einigen Ausnahmen einmal abgesehen – alles finden, was wir zum Leben brauchen. Damit möchte ich auch als gutes Beispiel für die Menschen fungieren, die derzeit (noch) nicht vegan leben, und ihnen zeigen, dass es sehr einfach sein kann, sich rein pflanzlich zu ernähren. Schließlich lassen sich viele Nicht-Veganer gerade von den teils höheren Preisen der Ersatzprodukte abschrecken.
Im Moment arbeite ich an meinem ersten Buch, das im kommenden Frühjahr erscheinen soll. Darin möchte ich meine Erfahrungen teilen und mein Wissen weitergeben, sowohl was das Boxen angeht, als auch die vegane Ernährung. Es soll Hintergrundwissen enthalten, aber eben auch viel Praxisrelevantes wie Trainingspläne und Rezepte … zum Beispiel auch von meinem Lieblingsgericht, der Linsensuppe.
Nun bist du ja mit fast 38 in einem Alter, in dem viele Profis schon langsam an die Rente denken. Und Boxen zählt ja bekanntermaßen nicht gerade zu den einfachsten Sportarten. Ist das auch für dich schon Thema? Falls nicht, hat die vegane Ernährung vielleicht etwas damit zu tun?
Kein Mensch sollte sich von jemandem einreden lassen, dass er für irgendetwas zu alt sei. Solange man gesund ist, ist man zu allem fähig. Aber es ist richtig: Boxen ist nicht einfach. Vor allem die Vorbereitung auf einen Kampf ist hart. Vor meinem letzten Kampf bin ich beispielsweise allein über 1.000 Kilometer gelaufen. Hinzu kamen dann noch unzählige Stunden Boxen und Fitnesstraining. Aber dadurch, dass ich mich vegan und von der Natur ernähre, kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass ich gesünder und fitter bin als noch vor einigen Jahren.