In deutschen Haushalten leben über 34,7 Millionen Heimtiere, darunter etwa 3,1 Millionen „Ziervögel“. [1] Bundesweit finden an Wochenenden regelmäßig Vogelausstellungen und -börsen statt, auf denen Zuchten präsentiert und Vögel wie Ware verkauft werden. Für die Vögel bedeuten diese Ausstellungen tagelangen Stress und Angst – und alles nur, um die menschliche Zucht– und Sammelleidenschaft zu befriedigen.
Obwohl das Leid der Tiere unübersehbar ist, verschließen Verkäufer:innen, Züchter:innen und Besucher:innen ihre Augen vor dem offensichtlichen Tierleid, um weiterhin ihre Vorteile aus dem „Geschäft mit Tier“ zu ziehen.
Vogelbörsen: Tierleid hinter Gittern für den Profit
Auf Vogelbörsen sind die unterschiedlichsten Vögel zu sehen: Allen gemein sind ihre wunderhübschen Farben – und der Käfig, in den Händler:innen und Züchter:innen sie gepfercht haben und der ihnen die Freiheit raubt sowie das Fliegen verhindert. Gitter, die die Vögel daran hindern, ihre Flügel auszubreiten und zu nutzen, sind auf Ausstellungen und den langen Transportwegen völlig normal. Eine Qual für Tiere, die normalerweise einen großen Teil ihres Lebens mit Fliegen verbringen würden.
Immer mehr Menschen üben an der Präsentation und dem „Verramschen“ der Vögel Kritik. Auf vielen Ausstellungen gilt ein allgemeines Film- und Fotoverbot – vermutlich aus Angst vor den berechtigten Beanstandungen von Tierschützer:innen und den geforderten Veränderungen ihrer festgefahrenen Traditionen. Doch Tradition darf niemals eine Rechtfertigung für ausgeübte Tierqualen und Tierleid sein.
Tierquälerischer Transport
Bereits der Transport zu einer Börse oder Ausstellung bedeutet für die intelligenten Vögel enormen Stress: In engen Behältnissen werden die Tiere zum Teil über weite Strecken transportiert, oft ohne Nahrung und Wasser. Die sensiblen Vögel sind danach oft völlig apathisch und verängstigt, ihr Immunsystem ist geschwächt, und sie sind anfälliger für Krankheiten und Verhaltensstörungen.
Enge, kleine und verdreckte Käfige
Am Zielort werden die Vögel in kleine Ausstellungskäfige umgesetzt. Stark verdreckte Käfige sind auf diesen Veranstaltungen an der Tagesordnung. Die Züchter:innen wollen keinen Aufwand, sondern nur Profit aus den Tieren schlagen. Die Käfige sind überfüllt oder zu klein. Sauberes Wasser? Immer wieder Fehlanzeige!
Wiederholt werden Käfige verwendet, die nicht den Tierschutzmindestanforderungen für Börsen und Ausstellungen entsprechen.
- Vögel, die in diesen Käfigen kauern, haben keinerlei Rückzugsmöglichkeit und sind oftmals von allen Seiten Stress aufgrund des hohen Lärmpegels und der vielen Menschen und anderen Tiere ausgesetzt.
- Börsenverantwortliche schaffen häufig keinen Abstand zwischen Käfigreihen und Besucher:innen, sodass sich die Besuchermassen eng an den Tischen vorbeischieben und gegen die Käfige stoßen.
- Kinder stecken ihre Finger zwischen die Gitterstäbe.
Für Vögel, deren innigster Wunsch und einziges Bedürfnis in dieser Situation das Wegfliegen ist, ein wahrer Alptraum, aus dem es kein Entkommen für die völlig verstörten Tiere gibt!
Gestresste und kranke Vögel
Durch das laute Rufen unzähliger Vögel in Käfigen und die vielen Menschen herrscht in den Ausstellungs- und Verkaufsräumen ein enormer Lautstärkepegel. Viele Tiere fallen durch monotone und stereotype Verhaltensmuster auf. Immer wieder werden auch sehr gestresste und eindeutig kranke Tiere präsentiert.
Anstatt ihnen Ruhe und medizinische Behandlung zu bieten, versuchen die Züchter:innen, selbst aus diesen gequälten und kranken Vögeln noch Gewinne zu generieren. Für die betroffenen Tiere ist dies eine Tortur – und für andere Vögel zudem eine Gefahr, denn so werden der Verbreitung von Krankheiten, wie beispielsweise Zoonosen, Tür und Tor geöffnet.
Lebewesen werden wahllos an jede:n verkauft
Auf Vogelbörsen und -märkten werden Vögel zum Kauf und Tausch angeboten – in der traurigen Realität gleichen diese Veranstaltungen einem raschen Ausverkauf von sensiblen, fühlenden Lebewesen für Profit und Geld. Käfige werden übereinandergestapelt, Vögel unter Tischen verstaut. Den Händler:innen geht es um den schnellen Profit. Informationen über lebensnotwendige Bedingungen für die anspruchsvollen Vögel werden häufig verschwiegen.
Geworben wird immer wieder mit Handaufzuchten – dieser beschönigende Begriff benennt das Entreißen der Küken von ihren Eltern, obwohl diese sich liebevoll um ihren Nachwuchs kümmern können. Der einzige Grund für dieses herzlose Vorgehen ist das Ziel, die Vögel auf den Menschen zu prägen und zutraulicher zu machen – mit dem Ziel, eine bessere „Ware“ zu schaffen und die Vögel als „Kuscheltiere“ weiterzuverkaufen. Das Resultat sind schwer verhaltensgestörte und unglückliche Vögel, die meist viel zu früh sterben.
Qualzucht bei Vögeln: Krankheiten und lebenslanges Leid
Auf Vogelausstellungen wird die Zucht zu Bewertungszwecken präsentiert. Hierzu werden den einzelnen Vögeln bestimmte Merkmale „herausgezüchtet“. Auf der Suche nach neuen, extremen Formen werden immer neue Kreuzungen präsentiert. Zuchtausstellungen sind der Spielplatz, auf dem sich größenwahnsinnige Gestalter:innen zum lebenslangen Leid der Tiere austoben können. Zuchtverbände stellen die Spielregeln: penible Bewertungsmaßstäbe, nach denen Punkte für die „Zuchtergebnisse“ vergeben werden. Die Grenze zur Qualzucht ist bei vielen Tieren längst überschritten, und trotzdem werden immer weiter neue Vögel mit Qualzuchtmerkmalen gezüchtet.
Besonders augenscheinlich wird der Zuchtwahnsinn bei Kanarienvögeln: Kanarien werden nach Farbe, Form, Federkleid und Gesang gezüchtet.
- Viele „Frisurenkanarien“ können wegen der Federhauben nicht mehr sehen und sind faktisch blind – besonders für Fluchttiere eine Qual.
- Durch das Reiben der Federn auf den geöffneten Augen können Hornhautverletzungen entstehen, die über Einschränkungen der Sehkraft und schmerzhafte Entzündungen bis hin zum Verlust des Auges führen können.
- Verlängerte Krallen und Wachstumsanomalien, sogenannte „Korkenzieherkrallen“, zeugen von tierschutzwidrigen Haltungsbedingungen und einer Vernachlässigung der Tiere. Für die Vögel bedeuten die Krallen eine erhebliche Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit und bergen ein großes Verletzungsrisiko – blutige Wunden stehen häufig an der Tagesordnung.
Kein Tierschutz auf Börsen und Ausstellungen
Rechtliche Regelungen für Vogelbörsen und -ausstellungen existieren nicht: Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat 2006 lediglich Leitlinien zur Ausrichtung von Tierbörsen unter Tierschutzgesichtspunkten veröffentlicht, die aber explizit nicht rechtsverbindlich sind. [2] Jede Börse soll ihre eigene Börsenordnung erlassen – die in der Regel nicht eingehalten und kontrolliert wird. Die Veterinärbehörden scheuen sich oftmals, die in den Leitlinien vorgegebenen Mindestanforderungen per Verfügung gegenüber den Börsenbetreibern und den einzelnen Ausstellern festzusetzen und zu ahnden – nur dann würden diese juristisch verbindlich werden und die Tiere vor dem Missbrauch durch Züchter:innen und Händler:innen auf Ausstellungen schützen.
Zwar sind die Veterinärbehörden für die Einhaltung des Tierschutzes auf Börsen und Ausstellungen zuständig, doch in der Realität sind Tierschutzmissstände auf diesen Veranstaltungen systemimmanent – Tierqual und Tierleid stehen unter dem Deckmantel von Tierliebe alle Türen offen.
Wie Sie Vögeln helfen können
- Bitte besuchen Sie weder Vogelausstellungen noch Vogelbörsen und kaufen Sie niemals Tiere auf Vogelmärkten, in Zoohandlungen oder im Internet – auch nicht aus Mitleid. Ein Vogel ist keine „Ware“ – das einzig Wahre ist die Freiheit!
- Bitte setzen Sie sich gemeinsam mit uns dafür ein, dass solche Veranstaltungen nicht mehr stattfinden. Unterstützen Sie unsere Forderung nach einem Heimtierschutzgesetz, das Vogelbörsen und -ausstellungen verbietet.
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Quellen
[1] ZZF: Wieviele Hunde, Katzen, Kleinsäuger und Vögel leben in Deutschland?, https://www.zzf.de/marktdaten/heimtiere-in-deutschland (eingesehen am 07.11.2022)
[2] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Ausrichtung von Tierbörsen, https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/tierschutz/tierschutz-tierboersen.html (eingesehen am 07.11.2022)