Nicht nur Tiger, Elefanten und Bären leiden im Zirkus. Auch „domestizierte“ Tierarten wie Pferde, Lamas, Ziegen und Rinder wollen ihr Leben nicht auf dunklen Lkws und in engen Boxen verbringen müssen. Weit über Tausend Tiere werden Woche für Woche durch Deutschland gekarrt und mit der Peitsche dressiert. Gewalt und Zwang gehören zu ihrem Alltag. Weil sie im Zirkus wie Inventar behandelt werden, leiden viele von ihnen an Verhaltensstörungen, Vernachlässigung und sterben viel zu früh.
Warum gehören Tiere nicht in den Zirkus?
Zirkusbetriebe gastieren alle paar Tage in einer anderen Stadt. Der Zwang zur Mobilität hat den Nachteil, dass die Tiergehege nur provisorisch sind. Die Gehege sind weder ausreichend groß, noch sind sie sicher. Auf den Festplätzen der Städte können die natürlichen Bedürfnisse der Tiere nicht erfüllt werden. In den Innenstädten stehen die Zirkusbetriebe meist auf asphaltierten kleinen Festplätzen.
Jedes Jahr brechen dutzende Tiere aus ihren Gehegen aus und gefährden sich selbst und andere Menschen. Einen großen Teil ihres Lebens müssen die Tiere auf Lkws oder in winzigen Boxen und Käfigen verbringen.
Was passiert mit den Tieren bei einem Verbot?
Gemäß der Bundesregierung [1] gibt es in deutschen Zirkusbetrieben gut 1.400 Tiere, davon mehr als 900 Wildtiere. Dem gegenüber stehen über 600 Zoos, Tierparks und Auffangstationen in Deutschland. Innerhalb einer Übergangsfrist von beispielsweise zwei Jahren könnten alle Tiere problemlos dorthin überführt werden. Eine Verbotsregelung könnte auch vorsehen, im Einzelfall ein Tier so lange im Zirkus zu belassen, bis eine adäquate aufnehmende Stelle gefunden wurde.
Doch die Zirkusbetreiber haben kein Interesse daran, ihre Tiere abzugeben und lehnen Aufnahmeangebote von Tierschützern immer wieder ab. Um ein Verbot abzuwenden, verbreiten die Zirkusse dagegen regelmäßig Schauermärchen, dass Tiere getötet werden müssten, weil es keinen Platz für sie gäbe. Diese Aussage entbehrt jedoch jeglicher Grundlage.
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Pferde und Lamas im Tierschutz-Check
Pferde sind sehr sensible und soziale Lauftiere, die in einer Herde leben möchten. Sie benötigen neben ausreichend Auslauf – vorzugsweise in einer Aktiv- oder Offenstallhaltung – auch gutes Futter und stets frisches Wasser, Pflege und medizinische Versorgung.
Im Zirkus werden Pferde in viel zu kleinen Boxen gehalten. Laut Zirkusleitlinien steht ihnen für nur zwei Stunden pro Tag Auslauf in einem Außengehege zu. In der Realität wird ihnen selbst dieser kurze Auslauf oft verwehrt, weil ein Amtstierarzt viele Stunden vor Ort sein müsste, um die Einhaltung zu überwachen. Bei der Dressur kommen regelmäßig Gewalt und Zwang zum Einsatz – selbst in der Manege ist die Peitsche fast immer dabei. Die Tiere gehorchen aus Angst vor Bestrafung, nicht weil es ihnen Spaß macht. Sogar im größten deutschen Zirkus, Circus Krone, sind Pferde mit Verhaltensstörungen keine Seltenheit.
Pferde in Boxenhaltung bei Circus KroneLamas sind Herdentiere und in der südamerikanischen Andenregion zu Hause. Sie können bis zu 55 Stundenkilometer schnell laufen. Die Herde wird von einem weiblichen Leittier angeführt.
Im Zirkus werden Lamas meist in kleinen Boxen gehalten. Laut Richtlinien muss für im Zoo gehaltene Lamas ein Außengehege von mindestens 300 Quadratmetern mit ständigem Zugang zur Verfügung stehen. Im Zirkus dagegen sind die Richtlinien nicht auf die Bedürfnisse der Tiere, sondern auf die Wünsche der Betreiber zugeschnitten. Im Zirkus muss das Außengehege lediglich ein Viertel der Zoofläche betragen: nur 75 Quadratmeter. Anstatt einem ganztägigen Zugang zum Außengehege wie im Zoo haben Lamas im Zirkus nur eine Stunde pro Tag Anspruch auf den kleinen Auslauf. Aber selbst diese eine Stunde kann von den Behörden nicht überwacht werden. Ebenso wie bei den Pferden bestimmt der Zirkus jeden Aspekt des Lebens eines Lamas. In der Manege ist üblicherweise die Peitsche der Garant für den bedingungslosen Gehorsam.
Kamele auf engem Lkw-Anhänger bei Circus Carl Busch -
Andauernde Verstöße sogar gegen die schwachen Zirkusleitlinien
Die vom Bundesagrarministerium herausgegebenen „Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen“ sind über 20 Jahre alt. Schon bei ihrer Veröffentlichung waren sie alles andere als tiergerecht. Anstatt die Bedürfnisse der Tiere zu berücksichtigen, wurden die Ansprüche der Zirkushalter an eine mobile Tierhaltung erfüllt. So dürfen Zirkusse Tiere wie Pferde, Lamas, Tiger und Elefanten heutzutage ganz legal unter eindeutig tierquälerischen Bedingungen halten.
Doch die Tierhaltung in Zirkusbetrieben ist derart schlecht, dass die Unternehmen selbst diese mangelhaften behördlichen Vorgaben kaum einhalten können. Die Bundesregierung teilte 2014 mit, dass im zuletzt erfassten Berichtsjahr 2011 insgesamt 895 amtstierärztliche Kontrollen in Zirkusbetrieben durchgeführt wurden. Dabei stellten die Veterinäre 409 Verstöße [2] gegen die Haltungsanforderungen für Tiere fest – also bei fast jeder zweiten Kontrolle. In den Ländern Bayern und Berlin [3] wurden in den letzten Jahren ebenfalls bei rund 50 % aller amtstierärztlichen Kontrollen in Zirkusbetrieben Missstände und Verstöße bei der Tierhaltung festgestellt.
Bei Elefanten kommt oft der Elefantenhaken zum Einsatz, um die Tiere zum Gehorsam zu zwingen.
Die Zukunft des Zirkus ist tierfrei
Immer mehr Menschen lehnen die Haltung von Tieren auf Lkws und auf engen Festplätzen ab. Auch die Dressur mit der Peitsche findet immer weniger Akzeptanz. Einer repräsentativen Meinungsumfrage vom Juli 2018 zufolge vertreten 62 Prozent der Deutschen die Auffassung, dass Tiere nicht mehr in mobilen Zirkusbetrieben gehalten und vorgeführt werden dürfen. Lediglich 15 Prozent sind der Meinung, dass es Zirkussen weiterhin gestattet werden sollte, Tiere mitzuführen.
Um wirtschaftlich zu überleben, sollten sich Zirkusse dem gesellschaftlichen Wandel anpassen und ihre Tiere in Rente schicken. Moderne Zirkusse ohne Tierdressuren, wie beispielsweise Cirque du Soleil, Flic Flac oder Roncalli, begeistern regelmäßig ein großes Publikum. Aufgrund des großen Interesses an atemberaubender Zirkuskunst von Menschen für Menschen bot Flic Flac in der Weihnachtssaison in den vergangenen Jahren Shows in mehreren Städten gleichzeitig an [4], und auch der Roncalli-Weihnachtscircus in Berlin musste 2019/2020 zusätzliche Vorstellungen ansetzen. [5]
So können Sie den Tieren helfen
- Bitte setzen Sie sich bei Kommunal- und Bundespolitikern dafür ein, dass die Tierhaltung im Zirkus verboten wird. Unterschreiben Sie hierfür gerne unsere Petition.
- Auf unserer Aktiv-Seite geben wir konkrete Tipps, was Sie tun können, wenn ein Zirkus mit Tieren in Ihre Stadt kommt.
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Quellen
[1] Deutscher Bundestag (2014): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Harald Ebner, Matthias Gastel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2526 –
, https://dserver.bundestag.de/btd/18/026/1802690.pdf, (zuletzt eingesehen am 14.07.2021)[2] Deutscher Bundestag (2014): Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Harald Ebner, Matthias Gastel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2526 –, https://dserver.bundestag.de/btd/18/026/1802690.pdf, (zuletzt eingesehen am 14.07.2021)[3] Abgeordnetenhaus Berlin (2016): Kontrolle von Zirkusbetrieben. Schriftliche Anfrage derAbgeordneten Claudia Hämmerling (GRÜNE), https://kleineanfragen.de/berlin/17/18087-kontrollen-von-zirkusbetrieben, (zuletzt eingesehen am 14.07.2021)
[4] Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Flic_Flac#Weihnachtsshows (eingesehen am 22.09.2020)
[5] Großer Andrang auf den Roncalli-Weihnachtscircus – Berliner Zeitung, https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/grosser-andrang-bei-neuen-vorstellungen-40000-karten-abgesetzt-li.1707 (eingesehen am 22.09.2020)