Whistleblower:innen spielten uns von PETA Deutschland schockierendes Material aus einem Betrieb im Landkreis Sigmaringen in Baden-Württemberg zu, in dem die Anbindehaltung von Rindern praktiziert wird. Die Aufnahmen zeigen die tierquälerische Lebensrealität der Tiere in dieser tierschutzwidrigen Haltungsform.
Wir haben Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Hechingen gegen den Betriebsleiter erstattet und den Betrieb beim zuständigen Veterinäramt gemeldet.
Landkreis Sigmaringen: Angekettete Rinder müssen meiste Zeit ihres Lebens an einer Stelle stehen
Augenzeug:innen meldeten uns über unser Kontaktformular für Tierquälerei einen neuen Fall von gequälten Rindern aus einem landwirtschaftlichen Betrieb in Baden-Württemberg. In dem Betrieb im Kreis Sigmaringen müssen die Rinder ihr Leben in der grausamen Anbindehaltung an Ketten fristen. Laut den Bildern liegen die Rinder auf hartem, nassen Untergrund und starren mit dem Gesicht an die Wand. Trockene Bodenflächen stehen ihnen in dem marode wirkenden Stall nicht zur Verfügung. Durch die Ketten sind die Tiere nicht in der Lage, sich umzudrehen oder anderweitig zu bewegen. Sie können keine Interaktionen mit anderen Artgenossen eingehen und auch ihr natürliches Fortbewegungsverhalten wird ihnen gänzlich verwehrt.
Das Bildmaterial zeigt einen maroden und verdreckten Stall. Die Whistleblower:innen berichten zudem von einem beißenden Geruch nach Ammoniak. Ein Rind liegt auf hartem Grund, vermutlich eine Art „Krankenbucht“, auch diese ist nicht einmal mit Stroh ausgekleidet.
PETA fordert ein generelles Verbot aller Formen der Anbindehaltung
Das Gros der Gesellschaft akzeptiert die besonders grausame Haltungsform der Anbindehaltung längst nicht mehr. Wir von PETA Deutschland fordern die Regierung dringend dazu auf, Anbindehaltung – inklusive des Schlupfloches „Kombinationshaltung“ – ausdrücklich und sofort in vollem Umfang zu verbieten!
Rund eine Million Kühe in Deutschland lebenslang am Hals fixiert
In der Anbindehaltung werden Kühe und Bullen das gesamte Jahr über oder während der langen Wintermonate zur Herstellung von Milch und Fleisch in einem Stall fixiert und dort festgehalten. In dieser Situation sind sie nicht in der Lage, sich zu bewegen, sich umzudrehen, sich zu putzen oder soziale Interaktionen mit Artgenossen zu pflegen. Den Tieren wird somit die Möglichkeit genommen, ihr naturgegebenes Verhaltensrepertoire auszuleben. Oftmals führen die Anbindevorrichtungen zu schmerzhaften Quetschungen und Verletzungen im Halsbereich der Tiere.
Durch das anhaltende Stehen und Liegen auf harten Böden können sich Gelenke und Klauen entzünden. Zusätzlich sind die älteren Stallgebäude nicht mehr an die gesteigerte Größe und Masse der modernen Rinder angepasst. In vielen Fällen müssen die Tiere daher auf Gitterrosten liegen, was insbesondere für Kühe aufgrund ihres Euters äußerst schmerzhaft ist.
Die Bundesregierung hat festgestellt, dass die dauerhafte oder zeitweise Anbindehaltung „erhebliche Beeinträchtigungen in allen Bereichen des natürlichen Verhaltens“ verursacht. [4]
Rechtlicher Hintergrund zur Anbindehaltung
Neben uns von PETA Deutschland sind auch zahlreiche Autor:innen der juristischen Fachliteratur [1] und die Bundestierschutzbeauftragte Ariane Kari [2] der Auffassung, dass das Normalverhalten der Rinder in der dauerhaften Anbindehaltung fast vollständig unterdrückt wird und daher der Anfangsverdacht der Straftatverwirklichung von Paragraph 17 Nr. 2 lit. b) des Tierchutzgesetzes vorliege.
Zuletzt hat der Mannheimer Strafrechtsprofessor Jens Bülte in seinem Artikel „Anbindehaltung – Keine rechtliche Grauzone, sondern illegale Routine“ die Anbindehaltung als „strafbare Tierquälerei“ bezeichnet. Die dauernde Anbindehaltung erfülle stets den Straftatbestand [3].
Anbindehaltung verbieten: Helfen Sie, Druck aufzubauen!
Die tierquälerische Anbindehaltung von Rindern in deutschen Fleisch- und Milchbetrieben muss endlich verboten werden. Schließen Sie sich jetzt unserer Petition an die Bundesregierung an und geben Sie Rindern eine Chance auf ein artgerechteres Leben ohne dauerhafte Kettenhaltung.
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Quellen
[1] Hirt, in: Hirt/ Maisack/Moritz/Felde, Tierschutzgesetz 4. Auflage 2023 § 17 Rn. 100b; Bruhn/Wollenteit/Hoffmann, Tierschutzrechtliche Defizite in der Milchkuhhaltung -Dringender Reformbedarf zur Abschaffung normativer Regelungslücken, https://www.greenpeace.de/publikationen/Rechtsgutachten%20Milchkuhhaltung.pdf (eingesehen am 29.09.2023)
[2] Hahn/ Kari, NuR 2021, 43, 599, Leiden Nutztiere unter ihren Haltungsbedingungen? – Zur Ermittlung von Leiden in Tierschutzstrafverfahren, https://link.springer.com/article/10.1007/s10357-021-3890-7 (eingesehen am 29.09.2023)
[3] Bülte, Anbindehaltung – Keine rechtliche Grauzone, sondern illegale Routine, https://verfassungsblog.de/anbindehaltung-keine-rechtliche-grauzone-sondern-illegale-routine/ (eingesehen am 29.09.2023)
[4] Antwort der Bundesregierung. Kleine Anfrage, Drucksache 20/926 vom 11.03.22, https://dserver.bundestag.de/btd/20/009/2000926.pdf (eingesehen am 29.09.2023)