Am 22. April ist der Earth Day – der Tag der Erde. Ein Tag, der in Zeiten rasant steigender Temperaturen und viel zu warmer, trockener Frühlingstage immer mehr an Bedeutung gewinnt. In einem Kommentar zum Earth Day erklärt PETA-Gründerin Ingrid Newkirk, wie Umweltzerstörung und die Lederindustrie zusammenhängen und weshalb wir die Welt in Lederschuhen niemals retten werden.
Vielleicht können wir die Erde noch retten – aber nicht in Lederschuhen
Heute, am Tag der Erde, ist es schwer, noch jemanden zu treffen, der nicht weiß, dass unser Planet in Schwierigkeiten steckt. Die Vereinten Nationen haben soeben gewarnt, dass wir die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 43 Prozent senken und die Spitzenemissionen spätestens 2025 erreichen müssen – oder die Zeit um um und das Spiel ist vorbei. Bei einem so hohen Einsatz ist es leicht, mutlos zu werden. Wenn die Regierungen schon nicht handeln wollen, können wir es tun. Einzelne Maßnahmen summieren sich, das ist so sicher wie viele kleine Blasen aus Wasserdampf einen Topf mit kochendem Wasser ergeben. Hier ist eine oft übersehene, kinderleichte Maßnahme unter vielen, die bereits einen Unterschied macht: Tragen Sie kein Leder.
Leder ist ein äußerst lukratives Co-Produkt der Fleischindustrie und einer der größten Umweltverschmutzer der Welt, der erheblich zur Klimakatastrophe beiträgt. Die Tierhaltung, von der auch die Lederproduktion abhängig ist, ist für fast ein Fünftel aller vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Wasser: Lebensnotwendige Ressourcen werden für Leder verschwendet
Die Rodung von Land für die Aufzucht von Tieren und den Anbau zahlreicher Pflanzen für ihre Ernährung ist eine der Hauptursachen für die Abholzung von Wäldern, darunter 80 Prozent der Abholzung des Amazonas-Regenwaldes. Ein Ende letzten Jahres von der Umweltschutzgruppe Stand.earth veröffentlichter Bericht brachte mehr als 100 Modemarken über ihre Lieferketten für Leder mit der Abholzung des Amazonas in Verbindung. Brasilien liefert mehr als 20 Prozent der gesamten Lederexporte der Welt und ist damit die größte Quelle für Tierhäute.
Und erinnern Sie sich an die vielen Ermahnungen, kein Wasser mehr zu verschwenden? Nun, die Tierhaltung verbraucht riesige Mengen an Wasser, wodurch sie zu Dürren und der Ausbreitung von Waldbränden beiträgt. Zusätzlich vergiften die chemischen und dreckigen Abwässer aus Tierhaltungsbetrieben unsere Wasserwege – sie töten Fische, verursachen Algenblüte und können Krankheiten verbreiten.
Formaldehyd, Kohlenteerderivate und verschiedene Öle, Farbstoffe und Finishings – von denen einige auf Zyanid basieren – werden verwendet, um zu verhindern, dass die Haut der Tiere im Schrank der Käufer:innen verrottet. PETA Deutschland besuchte die milliardenschwere Lederindustrie in Bangladesch und fand heraus, dass Kinderarbeiter:innen die Häute in giftigen Chemikalien tränken. Die Augenzeugen besuchten den ärmlichen Wohnbezirk Hazaribagh in Dhaka, in dem 15.000 Arbeiter:innen in mehr als 200 Gerbereien schuften. Die Arbeiter stehen barfuß in giftigen Chromabwässern und hantieren mit Säuren und Bleichmitteln, die chronische Hautkrankheiten, Atemwegserkrankungen und Krebs verursachen können. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation werden 90 % der Arbeiter:innen in den Gerbereien von Hazaribagh sterben, bevor sie 50 Jahre alt sind. Und diese Szene wiederholt sich entlang der indischen Wasserwege und in vielen anderen Regionen der Welt.
Mehr als eine Milliarde Tiere werden jährlich für Leder getötet
Und dann sind da noch die Tiere. Mehr als 1,4 Milliarden Kühe, Ziegen und Schafe – und Millionen anderer Tiere – werden jedes Jahr für Leder getötet. Mit dem Kauf von Leder werden sowohl Schlachthöfe als auch Tierhaltungsbetriebe unterstützt, in denen die Augen und Lungen der Tiere von den stinkenden Ammoniakdämpfen brennen, die aus ihren eigenen angesammelten Fäkalien entweichen, und in denen sie oftmals ohne Schmerzmittel kastriert und enthornt werden.
PETAs jüngste Enthüllung in der Lederindustrie zeigt die Grausamkeiten des Lebendexports. Kühe sind nach einer zermürbenden Reise um den halben Globus unter schmutzigen Bedingungen und ohne ausreichende Nahrung oder Wasser so schwach und krank, dass sie nicht mehr die Kraft haben, aufzustehen. Daher werden sie mit einem Kran an einem Bein aus dem Schiff gehoben, was zu unerträglich schmerzhaften Gelenkverrenkungen und gebrochenen Beinen führen kann. Im Schlachthof werden die Tiere oft getötet, ohne vorher betäubt zu werden: Sie werden auf den Boden gestoßen, manchmal werden sie gefesselt und ihre Kehle wird durchgeschnitten.
Die gute Nachricht ist, dass es viele Alternativen gibt, die weder Gewalt und Elend subventionieren noch die Umwelt zerstören. Die innovativen veganen Lederprodukte, die es heute gibt, werden aus allem Möglichen hergestellt, von Ananasblättern und Apfelschalen bis hin zu Kaktus, Kork und dem feinen Wurzelgeflecht aus Pilzen. Ein kreatives Unternehmen in Indien stellt biologisch abbaubares Leder aus weggeworfenen Tempelblumen her, die sonst im Ganges landen würden.
Nach den neuesten Daten des Higg Materials Sustainability Index, einem von der Sustainable Apparel Coalition erstellten Rankingsystem, trägt Rinderleder mehr zur globalen Erwärmung, zur Wasserverschmutzung, zum Wasserverbrauch und zu Treibhausgasemissionen bei als jede synthetische oder pflanzliche vegane Alternative.
Das Töten von Tieren für ihre Haut ist mit dem gleichen Umweltproblem verbunden wie das Töten von Tieren für ihr Fleisch. Leder zerstört den Planeten, tötet Tiere und gefährdet die Arbeiter:innen. Warum setzen wir an diesem Tag der Erde – und an jedem anderen Tag – also nicht ganz einfach auf umweltfreundliche und ethische Mode, anstatt Leder zu tragen? Denn unsere Erde kann nun wirklich nicht mehr länger warten.
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Quellen
Dies ist eine Übersetzung eines publizierten Meinungsbeitrags von Ingrid Newkirk: Commentary:
Newkirk, Ingrid (2022): We may save the Earth but not in leather shoes, https://www.arcamax.com/politics/opeds/s-2663359?print (zuletzt eingesehen am 19.04.2022)