Tierversuche an Affen: Für diese „Forschungen“ leiden Primaten

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Affe im Kaefig
Symbolbild

In Deutschland werden Affen sowohl in sogenannten Giftigkeitstests missbraucht als auch in der neurobiologischen Forschung, um Vorgänge in ihren Gehirnen zu untersuchen. Dafür sind die Tiere ihr Leben lang unvorstellbarem Leid ausgesetzt: Elektroden werden in ihr Hirn transplantiert, sie werden in Primatenstühlen fixiert, ihr Kopf wird oftmals mit einer implantierten Halterung festgeschraubt. Häufig werden sie durch Flüssigkeitsentzug zur „Mitarbeit“ gezwungen.

Hirnforschung an Affen in Deutschland

In Deutschland werden solche Experimente an verschiedenen Standorten durchgeführt: an der Universität Bremen, an verschiedenen Forschungseinrichtungen in Tübingen, am Deutschen Primatenzentrum (DPZ) in Göttingen und an Instituten in MarburgMagdeburg und Frankfurt am Main.

  • Frankfurt: Foto-Enthüllung zeigt gequälte Affen, Ratten und Mäuse

    Neuste Informationen eines Whistleblowers von Juni 2024 zeugen vom Leid der Affen, Mäuse und Ratten am Ernst Strüngmann Institut (ESI). Fotos und Videomaterial – anonym zugespielt von einem Whistleblower – zeigen Affen und Ratten, denen gewaltige Gerätschaften in die Schädel implantiert wurden. Manche der im ESI gefangen gehaltenen Affen werden schon seit über 20 Jahren in Versuchslaboren für Experimente missbraucht, teils leben die sozialen Tiere in Einzelhaltung. Eine Ratte verblutete, Mäuse rissen sich die Haare aus, Tiere wurden per Genickbruch ohne Betäubung getötet.

    Drei Strafanzeigen wurden bisher erstattet: Im Juni 2024 von SOKO Tierschutz, zwei Monate zuvor von Ärzte gegen Tierversuche – und bereits Anfang 2023 von PETA, da anonym erhaltene Hinweise auf schwere tierschutzrechtliche Verstöße bei der Haltung der Rhesus-, Javaner- und Weißbüschelaffen hindeuteten.

  • Bremen: Jahrzehntelanger Streit um Affenversuche an der Universität

    Seit 1997 werden in Bremen Makaken für Hirn-Experimente missbraucht, seit Beginn wehren sich Menschen gegen diese Ungerechtigkeit. [1] 2008 startete der erste Rechtsstreit, da die Bremer Genehmigungsbehörde erstmals einen Verlängerungsantrag der Versuche ablehnte. [2] Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Bremen und des Bundesverwaltungsgerichts führten dennoch dazu, dass die Versuche weitergingen.

    Im November 2023 folgte dann die jüngste Ablehnung eines Verlängerungsantrags der Versuche: Die Behörde kam mithilfe von Gutachter:innen zu dem Ergebnis, die „Belastungen der Versuchstiere [seien] nicht durch den angestrebten Erkenntnisgewinn gerechtfertigt“ und das geplante Experiment daher „ethisch nicht vertretbar“.

    Wir von PETA Deutschland hatten uns bereits 2021 mit Briefen an die Behörde und die Universität Bremen gewandt, es folgten Demonstrationen und eine Petition mit fast 300.000 Unterschriften. Doch die Ablehnung ist noch immer in der Schwebe: Nachdem die Universität mit einem Eilantrag reagierte, entschied das Bremer Verwaltungsgericht Mitte April 2024, dass an der Universität Bremen zunächst weiterhin Hirnforschung an Affen betrieben werden darf. Konkret bedeutet dies, dass die in den Bremer Laboren gefangen gehaltenen Affen für die kommenden zwei Monate weiterhin für Experimente missbraucht werden dürfen. Gegen den Beschluss kann der Gesundheitssenat Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen.

  • Tübingen: Undercover-Aufnahmen zeigen todkranke Affen

    Nachdem Undercover-Aufnahmen im Jahr 2014 schreckliche Zustände im Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen an die Öffentlichkeit brachten, kam es zu massiven Protesten. Die Aufnahmen zeigten unter anderem die Affendame Stella, die sich immer wieder übergeben musste und versuchte, das in ihrem Schädel fixierte Implantat aus der blutenden Wunde zu entfernen. Auch das gewaltsame Fixieren der Affen in den Primatenstuhl war zu sehen. [3] 2017 wurden die Affenversuche an diesem Institut eingestellt, an anderen Tübinger Instituten laufen sie weiter.

    2022 sind neue Beweise ans Licht gekommen: Sie zeigen, dass die zuständigen Behörden vermutlich über das massive Leid der Affen für die Hirnforschung informiert waren, jedoch untätig blieben. Bereits 2009 wurden sechs tote Makaken von einer unabhängigen Einrichtung obduziert und dabei zahlreiche große Bohrlöcher und sogar eine Fraktur im Schädel eines der Affen untersucht. Drei Affen wurden ohne Kopf zur Untersuchung abgeliefert, sodass etwaige Verletzungen nicht mehr nachvollziehbar waren. Der Obduktionsbericht, der die massiven Verletzungen an den Köpfen der Affen dokumentiert, wurde erst jetzt öffentlich gemacht, doch das baden-württembergische Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR), das Veterinäramt Tübingen und das Regierungspräsidium Tübingen hatten wohl schon damals umfassende Kenntnis von den heftigen Verletzungen. [4]

    Laut der Veterinärpathologin, die damals die Obduktionen durchführte, wiesen die Schädelmanipulationen auf wesentlich stärkeres Leid bei den Tieren hin als von der zuständigen Behörde genehmigt. An jedem Bohrloch hatte sich eine schmerzhafte Hirnhautentzündung gebildet. Durch die schweren Entzündungen am Gehirn, die durchtrennten Nervenbahnen und das Narbengewebe werden Denk- und Sinnesprozesse beeinträchtigt. Laut der Pathologin werde somit an kranken entzündeten Gehirnen geforscht, was für ein normales gesundes Gehirn nicht aussagekräftig sei. [4] Tierversuche sind ethisch nicht vertretbar – und in dieser Form auch medizinisch vollkommen sinnlos.

    Unstimmigkeiten bei behördlichem und gerichtlichem Vorgehen in Tübingen

    Es gibt noch viele Unstimmigkeiten im Fall der Hirnexperimente an Affen in Tübingen. Obwohl die Experimente, auch im Auftrag des MLR, als schwer einzustufen waren, genehmigte das Regierungspräsidium 2019 einen vergleichbaren Versuch mit der Bewertung „mittelgradig belastend“. Zudem werden tote Affen aus solchen Versuchen eigentlich zur Obduktion an das Deutsche Primatenzentrum gegeben – obwohl diese Tierversuche dort selbst durchgeführt werden und damit keine unabhängige Untersuchung möglich ist. Auch die Einstellung von zwei Strafverfahren im Zusammenhang mit den Experimenten in Tübingen wirft Fragen auf. [4]

    Die ZDF-Sendung „Frontal“ berichtete am 25. Oktober 2022 über die Experimente, die neuen grausamen Beweise und die Unstimmigkeiten.

  • Göttingen: Razzia im Deutschen Primatenzentrum

    Im Deutschen Primatenzentrum (DPZ) werden Affen nicht nur für die Hirnforschung missbraucht, sondern auch für Experimente mit Infektionskrankheiten sowie zur Stammzellen- und Embryonalentwicklung. Insgesamt über 1.000 Rhesusaffen, Weißbüschelaffen, Javaneraffen und Paviane werden der Einrichtung gefangen gehalten. [5] Nachdem PETA 2020 nach einer Razzia im DPZ Strafanzeige erstattet hatte, weil Mitarbeiter:innen des Instituts  illegal Weißbüscheläffchen getötet hatten, musste die Einrichtung eine Geldauflage in Höhe von 3.000 Euro an „entsprechend tierschutznah arbeitende gemeinnützige Einrichtungen“ leisten.

  • Magdeburg und Marburg: Getötete Affen und sinnlose Experimente

    Auch am Leibniz-Institut für Neurobiologie (Magdeburg) sowie an der Philipps-Universität (Marburg) werden Affen für Hirnforschungs-Experimente hergenommen. 2023 waren beide Institutionen in den Schlagzeilen: Das Leibnitz-Institut wegen vier getöteter Affen [6], die Philipps-Universität wegen einiger Versuche, die  Recherchen zufolge ohne schlüssigen Sinn und Zweck durchgeführt wurden. [7]

Was wird Affen in den Versuchen angetan?

Bei den Hirnversuchen werden Kopfgestelle mithilfe von Bolzen am Schädel der Affen befestigt, sodass Experimentator:innen die sensiblen Tiere in entsprechende Vorrichtungen zwängen können. Für die Tests entfernt man Teile des Schädelknochens der Tiere und führt Elektroden in das freigelegte Gehirngewebe ein. Der Entzug von Flüssigkeit und wenige Tropfen Wasser oder Saft als Belohnung drängen die Affen dazu, bei den Versuchen „mitzuwirken“.  

Anschließend werden sie entweder zum Sezieren ihres Gehirns getötet oder müssen für weitere Tests herhalten. Diese Experimente sind ethisch nicht zu rechtfertigen und scheitern zudem wissenschaftlich, da die Ergebnisse oft nicht auf den menschlichen Körper übertragen werden können.

Grafik. Affe im Labor: Ich gehoere in den Dschungel - nicht ins Labor

Hirnversuche an Affen sind kaum auf Menschen übertragbar

In der Hirnforschung werden die grausamen Experimente an Affen damit gerechtfertigt, dass neue Behandlungsmethoden gegen Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer entwickelt werden könnten. Allerdings sind die Ergebnisse oft nicht übertragbar. Die Gehirne von Primaten unterscheiden sich nicht nur in der Gesamtgröße, sondern auch in strukturellen Details.

Heute ist man sich einig, dass die Gehirne verschiedener Primaten keineswegs einfach nur vergrößerte oder verkleinerte Versionen voneinander sind. Über diese allgemeine Beobachtung hinaus werden allmählich detaillierte Erkenntnisse über wichtige genetische, strukturelle und funktionelle Unterschiede gewonnen. [8] Beispielsweise empfahl ein interdisziplinäres Gremium nach einer Bewertung der Alzheimer-Forschung, die Finanzierung von Tierversuchen auf vielversprechendere Techniken zu verlagern, wie z. B. Modelle aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC) von menschlichen Patienten, Computersimulationen, Neuroimaging oder epidemiologische Studien. [9]

Tierversuche beenden: Helfen Sie den Affen!

Affen und andere Tiere haben ein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben in Frieden. Sie sind nicht dazu da, in grausamen und sinnlosen Experimenten gequält und getötet zu werden. Helfen Sie den Tieren, indem Sie den Ausstieg aus Tierversuchen fordern!