Lilly: Als Wachhund ausgedient und in die Tötungsstation abgeschoben

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Viel zu häufig werden Hunde im Stich gelassen. Sie vereinsamen auf einem Hof und sind sich selbst überlassen. Krankheiten, Hunger und Durst gehören dann zu ihrem Alltag. Im Ausland enden sie häufig in Tötungsstationen und müssen dort sterben, wenn sich kein Halter meldet.

So erging es auch der Hündin Lilly. Doch im letzten Moment wurde sie gerettet und durfte einen Neuanfang in Deutschland wagen Ihre Begleiterin Jenny erzählt uns ihre Geschichte.

Jenny, was ist mit Lilly passiert? Warum wurde nach einem neuen Zuhause für sie gesucht?

Leider hat Lillys Biografie einige Lücken und ich kenne nur ein paar Bruchstücke ihrer Geschichte. Lilly kommt ursprünglich aus Mallorca. Dort hat sie auf einem Gelände gelebt, welches sie bewacht hat. Lillys Menschen haben sie einfach irgendwann, aus unbekannten Gründen, allein zurückgelassen.

Irgendjemand versorgte sie eine Zeit lang sporadisch mit Futter und Wasser. Nach einiger Zeit wurde demjenigen das wohl zu anstrengend und Lilly wurde in die Tötungsstation gebracht.

Wie kamst du dazu, Lilly zu adoptieren?

Eine Tierschützerin vor Ort kannte Lilly schon längere Zeit und hat immer wieder mal nach ihr geschaut, als sie noch auf dem Grundstück war. Eines Tages, als Lilly verschwunden war, hatte die Tierschützerin aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung eine böse Vorahnung, was mit Lilly geschehen sein könnte.

Sie machte sich auf den Weg und fand sie schließlich in der Tötungsstation. Zum Glück durfte sie sie mitnehmen. Nun weiß man natürlich, dass man als Tierschützer nicht alle Hunde, die man rettet, auch behalten kann.

Die Tierschützerin schickte mir Fotos von Lilly, da ich wieder einen Hund aufnehmen wollte, nachdem meine Hündin kurz zuvor gestorben war. Als ich die Bilder sah, war ziemlich schnell klar, dass Lilly meine neue Mitbewohnerin werden sollte. Nicht weil sie sehr goldig aussah (das sowieso), sondern weil ich weiß, dass gerade die großen, schwarzen, älteren Hunde es sehr schwer haben in der Vermittlung. Viele Menschen gehen leider nach dem Aussehen und wählen lieber einen süßen, kleinen und hellen Hund aus.

So kam Lilly einige Tage später nach Deutschland und lebt jetzt ziemlich idyllisch direkt am Waldrand und großen Wiesen.

Warum war es dir wichtig, ein Tier aus dem Tierschutz aufzunehmen?

Lilly ist bereits mein siebter Hund, den ich aufgenommen habe. Auch alle ihre Vorgänger waren aus dem Tierschutz. Jedes Tier hat es verdient, in einem schönen Zuhause zu leben und geliebt zu werden. Für mich war immer klar, dass solange es so viel Tierleid auf der Welt gibt, nur ein Hund aus dem Tierschutz in Frage kommt.

Niemals könnte ich guten Gewissens einen Hund beim Züchter kaufen und dabei wissen, dass so viele Tiere heimatlos sind und leiden. Es ist so schön zu beobachten, wie Tiere, die sich teilweise aufgegeben haben, wieder aufblühen und ihr Dasein genießen. Dieses Gefühl ist unbezahlbar, es gibt nichts Schöneres.

Wie hat Lilly dich verändert?

Lilly ist ein sehr intelligenter, selbstständig handelnder und selbstbewusster Hund. Das ist toll, aber auch eine große Herausforderung. Sie ist ein Mischling aus Herdenschutzhund und Ca de Bestiar. Diese Rasse ist „der Hund der Gehöfte und Herden der Balearen“ und wird auf Mallorca leider heute immer noch häufig als Wachhund an einer kurzen Kette missbräuchlich gehalten.

Ich musste mein komplettes langjähriges Hundewissen über den Haufen werfen und mich ganz neu auf diese Art Hund einlassen. Sie war einfach komplett anders. Das war anfangs sehr anstrengend und mühsam. Inzwischen aber sind wir ganz eng zusammengewachsen und ich liebe sie über alles. Lilly hat sehr viel und schnell gelernt. Aber noch viel mehr habe ich gelernt. Ich habe gelernt, geduldiger zu sein, ruhig und souverän zu bleiben. Und zwar in jeder Situation. Und ich habe noch mehr als zuvor gelernt, dass ein Hund „Hund“ sein darf. Früher war es mir manchmal unangenehm, wenn einer meiner Hunde einen Artgenossen angeknurrt oder zurechtgewiesen hat. Durch Lillys Natürlichkeit und ihre klare Kommunikation habe ich gelernt, dass es vollkommen normal und auch wichtig ist, dass Hunde ihre Meinung kundtun dürfen (natürlich in einem angemessenen Rahmen).

Außerdem hat Lilly eine tolle Menschenkenntnis. Sie ist offen und freundlich allen Menschen zugewandt. Ganz selten kommt es vor, dass sie einen Menschen nicht mag. Ich erkenne genau, was sie von einer Person denkt, und vertraue ihr. Es hat einen guten Grund, wenn sie jemanden nicht mag. Hunde haben generell sehr feine Antennen dafür und sind uns Menschen weit voraus.

Wie geht es Lilly heute?

Lilly geht es heute prächtig. Sie kam sehr abgemagert, krank und voll mit Zecken nach Deutschland. Heute ist sie ein 43 Kilo schwerer „Bollen“ mit wunderschönem Fell und glänzenden Augen.

Lilly hat leider einen kaputten Lendenwirbel, der vermutlich durch einen Schlag mit einem harten Gegenstand oder Ähnlichem verursacht wurde. Daher bekommt sie bei Bedarf Schmerzmittel und an manchen Tagen muss sie sich etwas schonen.

Was ist eure gemeinsame Lieblingsbeschäftigung?

Eindeutig im Garten liegen. Lilly wacht und patrouilliert am Gartenzaun entlang, während ich im Garten beschäftigt bin. Unsere Zweitlieblingsbeschäftigung sind ausgedehnte Spaziergänge durch den Wald und am Bach entlang. Immer wieder Pausen einlegen, die Gegend beobachten und hin und wieder Leckerlies verstecken und suchen.

Was Sie tun können

  • Viele wundervolle Hunde warten im Tierheim auf ein neues Zuhause. Ein Kauf beim Züchter nimmt diesen Tieren die Chance auf einen Start in ein neues Leben. Bitte kaufen Sie deshalb niemals ein Tier beim Züchter, sondern gehen Sie in ihr örtliches Tierheim oder retten Sie ein Tier über den Auslandstierschutz vor der Tötung.
  • Auch in Deutschland leiden viele Tiere durch Unwissenheit oder spontane Anschaffungen. Helfen Sie uns dabei, dies zu ändern und Gesetze für den Umgang mit Heimtieren zu schaffen.