Kükentöten: Warum das Verbot für mehr Tierleid sorgt

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Update 16. Juni 2023

Skandal: Bundesregierung macht Kükentöten faktisch wieder legal

Mitte Juni 2023 beschloss der Bundestag eine Gesetzesänderung, die es erlaubt, Hühnerembryos im Ei nicht wie bisher bis zum 7. Bruttag zu töten, sondern bis zum 13. Bebrütungstag. Dabei wurde sich auf eine Studie berufen, die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Auftrag gegeben wurde und das Schmerzempfinden der Embryos untersuchen sollte. Obwohl die Studie keine eindeutigen Ergebnisse lieferte, ab welchem Bebrütungstag die Tiere in der Lage sind, Schmerzen zu empfinden, wurde der Tötungszeitraum vom Bundestag auf 13 Tage erweitert.

Bereits um den siebten Bebrütungstag herum sind Schmerzrezeptoren, sensorische Neuronen und zelluläre Strukturen im Gehirn der Hühnerembryos entwickelt – das bedeutet, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass die Tiere ab diesem Tag ein Schmerzempfinden besitzen. Es ist unverantwortlich, auf Basis einer unzureichenden Studie eine Entscheidung zu treffen, die vermutlich dazu führen wird, dass unzählige Küken schreckliches Leid erfahren und das Kükentöten in Deutschland somit wieder legalisiert wird.

Originalartikel vom 7. November 2022

Seit Januar 2022 ist das Vergasen der sogenannten männlichen Eintagsküken in Deutschland verboten. Obwohl dieses Verbot aus ethischer Sicht längst überfällig war, bringt es in der Praxis nur Verschlechterungen für die Tiere, denn die Küken haben bereits ein Schmerzempfinden, wenn sie im Ei getötet werden.

Erfahren Sie hier, warum der Kauf von Eiern oder eihaltigen Produkten, weiterhin für das Leid und den Tod von Millionen männlicher Küken – und ihrer Schwestern und Eltern – mitverantwortlich ist.

Inhaltsverzeichnis

Warum wurden männliche Küken getötet?

Die landwirtschaftliche Tierhaltung ist auf Wirtschaftlichkeit ausgelegt, bei der es auf jeden Cent ankommt. Tiere wurden so gezüchtet, dass sie immer mehr „Leistung“ bringen. Das gilt auch für Hühner: Hühner, die viele Eier legen, können nicht gleichzeitig schnell genug zunehmen, sodass sie für die Fleischmast nicht profitabel genug sind. Die männlichen Küken der „Legehennen“ sind damit wertlos für die Industrie, da sie weder Eier legen können noch genug Fleischansatz haben. [1] Daher wurden sie bislang getötet – und werden es im Ausland noch immer.

Wie wurden die Küken getötet?

Bis Anfang 2022 wurden männliche Küken meist durch grausames Vergasen getötet, nachdem die Küken geschlüpft waren. Dabei wurden die Küken wie gefühllose Ware auf lange Förderbänder geschüttet und kleine, schwache oder verletzte Tiere lebendig in danebenstehende Eimer geworfen – sprich „aussortiert“. Danach folgte das sogenannte Sexen, das ähnlich funktionierte: Weibliche Küken wurden in Kisten geworfen, verpackt und zu Legebetrieben transportiert. Während des gesamten Prozesses bis zur Ankunft im künftigen Legebetrieb erhalten die Tiere meist kein Wasser oder Nahrung. Dies kann zwei Tage oder länger dauern. Männliche Küken kamen zurück aufs Förderband und wurden in großen Behältern vergast.

Kuekentoeten
Küken wurden in Fließbandarbeit aussortiert und teilweise weggeworfen.

So erlitten allein in Deutschland jährlich rund 50 Millionen männliche Küken einen minutenlangen und qualvollen Todeskampf. Wie viele weibliche Tiere bereits auf dem Transport zu den Betrieben sterben, ist unbekannt. Ein gewisser Prozentsatz ist jedoch von vornherein einkalkuliert.

Trotz Schmerzempfinden: Küken werden noch im Ei getötet

Nach jahrelangen Diskussionen und Kritik an der Politik ist das Töten von männlichen Küken in der deutschen Eierindustrie seit Januar 2022 verboten. Seitdem bestimmen Züchter:innen das Geschlecht der Küken teilweise vor dem Schlüpfen und töten die männlichen Embryonen vor dem Schlupf. Diese Bestimmung ist jedoch meist erst nach 9 bis 14 Tagen möglich – nach etwa 21 Tagen schlüpfen Küken. Bereits nach 7 Tagen sollen die Kükenembryos im Ei Schmerz empfinden, sie leiden bei der Tötung also weiterhin und werden als nicht profitable Ware angesehen und einfach vernichtet. Dieses Verfahren wird vom Landwirtschaftsministerium mit mehreren Millionen Euro gefördert. [2]

Daher ist eine Verschärfung des Gesetzes ab 2024 vorgesehen. Ab diesem Jahr sollen die männlichen Küken schon vor dem 7. Bruttag aussortiert werden. Dieses zweistufige Verbot begründete die ehemalige Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner damit, dass die Branche genügend Zeit benötige, um sich umzustellen. [3]

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Was passiert mit „Bruderhähnen“ in der Mast?

Einige Unternehmen beteiligen sich an sogenannten Bruderhahn-Initiativen und lassen männliche Küken schlüpfen, um sie zu mästen und später wegen ihres Fleisches zu töten. [4] Diese Projekte vermitteln jedoch ein irreführendes Bild, denn die Versprechen geben den Anschein, als dürften die männlichen Tiere leben. Fakt ist jedoch, dass sie bereits nach wenigen Monaten im Schlachthaus getötet werden. Davor werden sie oftmals mit zehntausenden Artgenossen nicht artgerecht in kargen Ställen gehalten. Das Leid der Küken verlängert sich also.

Ein Großteil der männlichen Küken wird zudem über teils lange Strecken beispielsweise nach Polen transportiert und dort gemästet. Da das Fleisch der Tiere in Deutschland kaum einen Markt findet, werden die toten Hähne unter anderem nach Westafrika verkauft, wo die einheimischen Märkte durch Billigpreise zerstört werden.

Auch Hähne, die einige Monate alt sind, empfinden Leid und Schmerz und wollen nicht getötet werden – genauso wenig wie Küken. Nur weil Tierbabys als niedlicher gelten, ist das Töten von erwachsenen bzw. älteren Tieren nicht moralisch vertretbarer oder verursacht weniger Leid.

Bruderhaehne
Nur wenige deutsche Betriebe mästen Bruderhähne. Die meisten Tiere werden ins Ausland transportiert.

Küken werden zum Vergasen ins Ausland transportiert

Das Vergasen der sogenannten Eintagsküken wurde bisher nur in Deutschland verboten. Das macht sich die deutsche Eierindustrie zunutze und transportiert Eier aus Elterntierfarmen zu ausländischen Brütereien wie beispielsweise in den Niederlanden. Dort werden die männlichen Küken nach dem Schlüpfen auf grausame Weise vergast und die weiblichen Küken zurück in die deutschen Legebetriebe gebracht, wo sie ein Leben voller Leid erwartet. Die neugeborenen Küken erhalten auf dem Weg zu den Betrieben meist weder Wasser noch Nahrung, was neben dem enormen Stress den einkalkulierten Tod vieler Küken bedeutet.

Auch werden Eier beispielsweise für Restaurants, verarbeitete Produkte wie Nudeln oder die Direktvermarktung weiterhin aus dem Ausland nach Deutschland importiert, wo das Kükentöten noch erlaubt ist.

Weibliche „Überschussküken“ werden weiterhin getötet

Viele weibliche Hühner, die von den Brütereien als „Überschuss“ produziert, aber von den Legebetrieben nicht abgenommen wurden, werden weiterhin getötet. Zudem schafft es eine unvorstellbar große Zahl ungeborener Küken beim Schlüpfen nicht selbstständig aus dem Ei – in der Natur hilft ihnen ihre Mutter beim Schlüpfen. Viele Küken hätten noch Stunden oder Tage im Ei verbracht. Daher werden unzählige ungeborene, aber voll entwickelte und lebensfähige Küken in den Brütereien geschreddert und im Müll entsorgt.

Geschluepftes Kueken in einer Brueterei
Viele Hühner werden noch in der Brüterei getötet, weil sie von Legebetrieben nicht abgenommen werden.

Verbot ändert nichts am Tierleid auf Elterntierfarmen und in Brütereien

Einige wenige Großkonzerne dominieren auf dem Markt der Küken-Produktion. Aus diesem Grund kommen auch Hennen, die später in Biobetrieben gehalten werden, meist aus dieser „Hochleistungszucht“. Diese auf eine unnatürlich hohe Eianzahl ausgelegte Zucht führt bei Hühnern zu starken gesundheitlichen Problemen und einem qualvollen Leben. So leiden die meisten Hennen in der Eierindustrie unter einem teils mehrfach gebrochenen Brustbein und weiteren Verletzungen und Krankheiten.

Auf den sogenannten Elterntierfarmen gelten noch geringere Haltungsvorschriften als in den späteren Legebetrieben. Die Hühner auf diesen Farmen werden nur zu einem einzigen Zweck gehalten: Sie sollen Eier legen, um die Legebetriebe mit weiblichen Nachkommen für die Eierproduktion zu versorgen. Nach kurzer Zeit können die ausgemergelten Elterntiere nicht mehr die Legeleistung erbringen, die für die Industrie am profitabelsten ist: Die Hühner werden also regelmäßig ausgetauscht und im Schlachthaus getötet.

Alle Eier aus den Elterntierfarmen werden zu Brütereien gebracht; eine Henne darf kein einziges ihrer Eier selbst ausbrüten. In den Brütereien werden die Eier künstlich ausgebrütet. In den Brutautomaten schlüpfen die Küken ohne Zuneigung ihrer Mutter. Dies ist besonders grausam, da Hühnermütter schon vor der Geburt Kontakt zu ihren ungeborenen Küken aufnehmen und mit verschiedenen Lauten mit ihnen kommunizieren.

Huehner in Elterntierfarm
Die „Elterntiere“ leben oft in katastrophale Zuständen aufgrund fehlender gesetzlicher Bestimmungen.

Warum Sie auch weiterhin keine Eier kaufen sollten

Das neue Gesetz verbessert die Haltungs- und Lebensbedingungen der Hühner, die in der Eierindustrie leiden, nicht. Teilweise verlängert es das Leiden der männlichen Küken durch die Mast sogar. Das Verbot des Kükentötens könnte Verbraucher:innen sogar verstärkt zum Kauf von Eiern verleiten, da sie nun vermeintlich kein schlechtes Gewissen wegen der Tötung der Küken mehr haben müssen; der Großteil der Konsument:innen wird sich vermutlich nicht mit dem Tierleid auseinandersetzen, das mit den Haltungsformen in der Eierindustrie verbunden ist – auch Eier aus der Bio-Haltung stellen keine Ausnahme dar.

Eier waren vor dem Verbot des Kükentötens ein Leidprodukt – und sie sind es ab 2022 weiterhin. Wir appellieren deshalb an alle Verbraucher:innen, sich nicht durch Werbeversprechen der Supermärkte täuschen zu lassen und Eier, sowie Produkte mit Eiern, vom Speiseplan zu streichen.

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Entdecken Sie vegane Ei-Alternativen

Helfen Sie den Hühnern und Küken, indem Sie sich für vegane Ei-Alternativen entscheiden. Mittlerweile gibt es für jeden Bedarf und Geschmack tierfreundliche Alternativen – von Rührei über Eischnee bis hin zu Eiersalat. Auch beim Kochen oder Backen benötigt man keine Hühnereier. Entdecken Sie die zahlreichen leckeren Ei-Alternativen: