Der Gerichtshof der Europäischen Union hat gegen einen Hersteller von Kosmetikinhaltsstoffen, die Symrise AG, geurteilt. [1, 2] Die Symrise AG hatte versucht, eine Entscheidung zu kippen, die ihr vorschreibt, Inhaltsstoffe für Kosmetika an Tausenden von Tieren zu testen.
Dieses vernichtende Urteil ist eine Verhöhnung des Rechtssystems, da es das einst bahnbrechende EU-Verbot von Tierversuchen für Kosmetik praktisch zunichtemacht. Nun sollen Tausende Kaninchen und Ratten in grausamen und sinnlosen Versuchen gequält und getötet werden.
Worum ging es in dem Fall?
Die Symrise AG, ein deutscher Hersteller, wurde von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) beauftragt, zwei ihrer Inhaltsstoffe für Sonnenschutzmittel an mehr als 5.500 Tieren zu testen. Manchen von ihnen soll während der Schwangerschaft ein kosmetischer Inhaltsstoff wiederholt verabreicht werden. Die Mütter und ihr Nachwuchs werden im Anschluss getötet und seziert.
Bereits 2018 ging die Symrise AG gegen die Forderung der ECHA vor. Als das Unternehmen die Position der ECHA vor der Widerspruchskammer der ECHA anfocht, schaltete sich auch das PETA International Science Consortium (Wissenschaftskonsortium) ein und trat bei der Anhörung zur Unterstützung von Symrise auf. Die Kammer bestätigte die ursprüngliche Entscheidung, aber mit Unterstützung des Wissenschaftskonsortiums als offiziellem treithelfer legte Symrise beim Gerichtshof der Europäischen Union Berufung ein.
Leider sind die Tests, die für die beiden betreffenden Inhaltsstoffe gefordert werden, nur die Spitze des Eisbergs. Außerdem öffnet die Entscheidung weiteren Tierversuchen Tür und Tor, denn jedes Jahr kommen hunderte neue Kosmetikprodukte auf den Markt, deren Inhaltsstoffe dann gegebenenfalls im Rahmen von REACH auch im Tierversuch getestet werden müssten – auf Kosten zigtausender Tiere.
Was bedeutet die Entscheidung für die Tiere?
Mit einem Schlag hat das Gericht Tausende von Ratten, Kaninchen und Fischen zu entsetzlichem Leid in grausamen Tests und dem sicheren Tod verurteilt. Mäusen, Ratten, Kaninchen und Fischen werden nach wie vor Inhaltsstoffe von Kosmetika in den Körper gezwungen, um die Anforderungen der Chemikalienverordnung REACH zu erfüllen.
Wir von PETA verurteilen die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes. Damit wird der Zweck des Verbots von Tierversuchen für Kosmetik ignoriert, das sicherstellen sollte, dass nur moderne, tierversuchsfreie Methoden zur Sicherheitsbewertung von Kosmetika eingesetzt werden.
Um welche Inhaltsstoffe handelt es sich?
Zwei kosmetische Inhaltsstoffe stehen im Zentrum des Falls: Salicylsäure-2-ethylhexylester und Homosalat. Sie kommen in Sonnencremes und anderen Kosmetika zum Einsatz, um die Ultraviolettstrahlung UVB der Sonne zu absorbieren.
Von der aktuellen Entscheidung könnten zahlreiche Hersteller und Marken betroffen sein. Konsument:innen sollten deshalb unbedingt auf Unternehmen und Marken von PETAs Liste tierversuchsfreier Kosmetik zurückgreifen. Dort sind über 1.000 in Deutschland erhältliche Unternehmen und Marken gelistet, die weltweit weder Tierversuche durchführen noch in Auftrag geben oder anderweitig zulassen.
Aber müssen diese Inhaltsstoffe wirklich an Tieren getestet werden?
Die ECHA argumentiert, dass die Tests notwendig seien, um die Sicherheit von Arbeiter:innen zu gewährleisten, die mit den Substanzen Kontakt haben könnten. Doch die kosmetischen Inhaltsstoffe an tausenden Tieren zu testen, trägt nicht zum Schutz von Arbeiter:innen bei – denn die Ergebnisse aus Tierversuchen können aufgrund von biologischen Unterschieden zwischen den Spezies nicht zuverlässig vorhersagen, wie Menschen auf eine Substanz reagieren.
Sind Kosmetikversuche in Europa nicht verboten?
Seit 2013 sind Tierversuche für kosmetische Inhaltsstoffe in der EU entsprechend der Kosmetikverordnung eigentlich verboten. Der Europäische Gerichtshof stellte im Jahr 2016 zudem klar, dass auch der Verkauf kosmetischer Produkte, die sich zur Sicherheitsbewertung auf die Ergebnisse aus neu durchgeführten Tierversuchen stützen, in der EU verboten sind. Trotzdem fehlinterpretieren die ECHA, die EU-Kommission, die Beschwerdekammer der ECHA und nun auch der Europäische Gerichtshof das Gesetz und untergraben die Verbote. Für die Tiere bedeutet das weiteres sinnloses Leid in Tierversuchen für Kosmetik.
Dabei wäre es so einfach: Um ein kosmetisches Produkt auf den Markt zu bringen, sollten ausschließlich tierfreie Methoden zum Einsatz kommen. Ist das in einem Fall nicht möglich, sollte der Inhaltsstoff nicht verwendet werden dürfen – denn den meisten Menschen ist das Leben eines Tieres wichtiger als eine neue Zahnpasta oder eine Flasche Sonnencreme.
Wie geht es weiter?
PETA wird sich weiterhin für den Schutz der Tiere und das Recht der europäischen Bürger:innen auf den Kauf tierversuchsfreier Kosmetika einsetzen, auch wenn die ECHA und der Gerichtshof der Europäischen Union modernen Werten gegenüber gleichgültig zu sein scheinen.
Das PETA-Wissenschaftskonsortium greift häufig in Fälle der Beschwerdekammer der ECHA ein und hilft Unternehmen damit, Tierversuche tatsächlich minimieren zu können. PETA Deutschland und ihre internationalen Partnerorganisationen appellieren an alle Unternehmen, Verantwortung zu übernehmen und auf humane, tierfreie Testmethoden zu setzen. Zudem können sie die Weiterentwicklung solcher Methoden finanziell unterstützen. Wir halten Firmen außerdem dazu an, Inhaltsstoffe zu nutzen, deren Sicherheit bereits nachgewiesen ist, oder die Rezeptur von Produkten so zu verändern, dass keine Inhaltsstoffe verwendet werden, die laut REACH an Tieren getestet werden müssen. Keine Tierversuche durchführen zu lassen, ist für jeden Hersteller eine realistische Option.
So können Sie Ratten, Kaninchen und anderen Tieren helfen
Entscheiden Sie sich beim Einkauf für vegane und tierversuchsfreie Kosmetik. Und geben Sie Ratten, Kaninchen, Fischen und anderen Tieren bitte Ihre Stimme: Unterstützen Sie unsere Petition, um Tierversuche für Kosmetik endlich zu stoppen.
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Quellen
[1] JUDGMENT OF THE GENERAL COURT (First Chamber) in Case T‑655/20 vom 22. November 2023, abrufbar unter: https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=279983&pageIndex=0&doclang=EN&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=2686108. Zugriff am 16.04.2024.[2] JUDGMENT OF THE GENERAL COURT (First Chamber) in Case T‑656/20 vom 22. November 2023, abrufbar unter: https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=279984&pageIndex=0&doclang=EN&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=2823776. Zugriff am 16.04.2024.