Vegan, vegetarisch, Mischkost: Begriffe rund um die Ernährung erleben seit Jahren Aufschwung, denn die Nachfrage nach veganen Produkten wächst stetig. Doch auch wenn für die meisten Konsumenten inzwischen klar ist, dass vegane Ernährung die gesamte Bandbreite pflanzlicher Nahrungsmittel (sowie natürlich Pilze) meint – die Ausbeutung von Tieren für Produkte wie Eier, Milch, Honig oder Fleisch jedoch ausschließt –, gab es bislang keine international gültige Definition der Begriffe „vegan“ oder „vegetarisch“. Befand sich also Ei in einem Produkt, das ohne offizielles Siegel als „vegan“ gekennzeichnet war, gab es bislang keine Rechtssicherheit. Und auch Tierversuche konnten mit solchen Produkten in Verbindung stehen.
Vegan und vegetarisch: Diese Kriterien gelten
Das ändert sich nun: Die Internationale Organisation für Normung (ISO) veröffentlichte nun unter tatkräftiger Mitwirkung des PETA-Repräsentanten Ralf Müller-Amenitsch [1] Definitionen, die für die Industrie klarstellen, was ein veganes oder vegetarisches Lebensmittel ist – und was nicht [2]:
Vegane Lebensmittel dürfen keine Produkte tierischer Herkunft beinhalten und auch nicht mit tierischen Hilfsstoffen hergestellt worden sein. Neben Erzeugnissen von getöteten Tieren (z.B. Fleisch, Fisch, Gelatine, Karmin) fallen darunter zum Beispiel auch Milch, Eier und Honig. Vegetarische Lebensmittel hingegen schließen lediglich Erzeugnisse von getöteten Tieren aus, nicht aber andere Produkte tierischen Ursprungs, für die Tiere ebenfalls millionenfach leiden.
Die ISO stellt bei den Vorgaben nicht nur Zutaten eines Lebensmittelprodukts in den Fokus, sondern bedenkt auch die Frage, ob Tierversuche in die Entwicklung eines vegetarischen oder veganen Produkts involviert sein dürfen. Diese sind nicht erlaubt, sofern sie nicht behördlich verlangt werden.
Tierversuche für Schokolade?
Gesetzlich vorgeschriebene Tierversuche, beispielsweise für „Novel Foods“, sind immer noch erlaubt – selbst wenn es um gewöhnliche Superfoods wie Chia-Samen geht. Trotzdem ist die ISO-Definition ein wichtiger Meilenstein, denn bislang durften jegliche Tierversuche – also nicht nur vom Gesetzgeber vorgeschriebene – mit als vegan und vegetarisch gekennzeichneten Produkten rechtlich in Verbindung stehen.
Für Versuche mit Inhaltsstoffen alltäglicher Produkte wie Schokoriegel oder Cornflakes wurden Tiere auf schwerwiegendste Weise gequält: Mäuse wurden in Röhren gefangen gehalten, [3] an den Schwänzen aufgehängt, [4] gezwungen, bis zur Erschöpfung auf Laufbändern zu rennen [3] und auf heißen Platten zu stehen [4]. Sie wurden zwangsernährt [5, 6] und hungern gelassen [6]; es wurden ihnen Chemikalien [5], Zucker [3] und Krebszellen [7] injiziert, Alkohol wurde ihnen zwangsweise verabreicht [6], und sie mussten gegen das Ertrinken ankämpfen [4]. Affen mussten Rauch einatmen [8]; Schimpansen wurde das Gesicht aufgeschnitten [9]; Mäuse wurden mit Stromschlägen malträtiert [3], mit Viren [10] und Bakterien [11] infiziert, per Genickbruch getötet [5, 7, 11] und seziert [3, 4, 5, 7, 10, 11].
Die neue Festlegung verbietet und verhindert viele solcher sinnlosen Tierexperimente in Zukunft.
Wer jetzt im Anwendungsbereich der ISO Norm (durch vertragliche Vereinbarung oder gesetzliche Bezugnahme) Produkte fälschlicherweise als vegan bezeichnet, macht sich gegenüber dem Vertragspartner schadensersatzpflichtig. Im Handel verstößt er gegen die Prinzipien des fairen Handels, die bei uns im UWG geregelt sind und hat mit Konsequenzen wie Abmahnung, strafbewehrten Unterlassungsklagen bis hin zu Schadensersatzansprüchen zu rechnen.
Weitere Verbesserungen notwendig
PETA, unsere internationalen Partnerorganisationen und externe Experten arbeiten weiter an der Beendigung von Tierversuchen für Lebensmittel weltweit – so konnten wir bereits 130 Hersteller von Lebensmitteln und Getränken davon überzeugen, keine Tierversuche mehr durchzuführen, zu beauftragen oder zu finanzieren. Auf gesetzlicher Ebene ist unser Ziel, dass künftig alle Tierversuche für alle Lebensmittel verboten werden: Die ISO-Definition (Geltungsbereich: Industrie) muss zur EN-ISO (Geltungsbereich: Europäische Union) werden und langfristig nicht nur für vegane/vegetarische Produkte gelten. Zudem sind weitere Punkte ausbaufähig – beispielsweise sollte sich die Definition für „vegan“ nicht auf Bestandteile tierischer Herkunft beschränken, sondern auch anderweitigen Missbrauch von Tieren für Lebensmittel ausschließen.
Was Sie tun können
Geben Sie Unternehmen Feedback!
Auch wenn für als vegan oder vegetarisch gekennzeichnete Produkte künftig weniger Tierversuche erlaubt sein werden als bislang, können Unternehmen für andere Produkte weiterhin uneingeschränkt Tierversuche durchführen. Wenn ein Unternehmen nicht auf unserer Liste tierversuchsfreier Lebensmittel- und Getränkehersteller aufgeführt ist, senden Sie dem betreffenden Hersteller eine E-Mail und fragen Sie, ob das Unternehmen Tierversuche finanziert, durchführt oder in Auftrag gibt. Die Meinung der Kunden ist wichtig und kann dazu beitragen, dass sich immer mehr Unternehmen offiziell gegen Tierversuche aussprechen.
Wenn ein Unternehmen die Teilnahme an Tierversuchen bestätigt, teilen Sie uns dies bitte unbedingt mit.
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Quellen
1] Müller-Amenitsch R. Rechtsgebiete. Rechtsanwalt Ralf Müller-Amenitsch. https://rechtsanwalt-mueller-amenitsch.de/rechtsgebiete/. Aufgerufen: 12.03.2021.
[2] International Standard. ISO 23662. Definitions and technical criteria for foods and food ingredients suitable for vegetarians or vegans and for labelling and claims. ISO. Veröffentlicht: März 2021.
[3] Takada S, Kinugawa S, Matsushima S, et al. Sesamin prevents decline in exercise capacity and impairment of skeletal muscle mitochondrial function in mice with high‐fat diet‐induced diabetes. Exp Physiol. 2015;100(11):1319-1330. doi: 10.1113/EP085251.
[4] Burokas A, Arboleya S, Moloney RD, et al. Targeting the microbiota-gut-brain axis: prebiotics have anxiolytic and antidepressant-like effects and reverse the impact of chronic stress in mice. Biol Psychiatry. 2017;82(7):472-487. doi: 10.1016/j.biopsych.2016.12.031.
[5] Maekawa T, Ishijima AS, Ida M, et al. Prophylactic Effect of Lactobacillus pentosus strain S-PT84 on Candida Infection and Gastric Inflammation in a Murine Gastrointestinal Candidiasis Model. Med Mycol J. 2016;57(4):E81-E92.
[6] Oshima S, Shiiya S, Tokumaru Y, Kanda T. Alanine with the precipitate of tomato juice administered to rats enhances the reduction in blood ethanol levels. J Nutr Metab. 2015;2015. doi:10.1155/2015/280781.
[7] Nakamura K, Tonouchi H, Sasayama A, Ashida K. A Ketogenic Formula Prevents Tumor Progression and Cancer Cachexia by Attenuating Systemic Inflammation in Colon 26 Tumor-Bearing Mice. Nutrients. 2018;10(2):206. doi:10.3390/nu10020206.
[8] Dangerous Cardiovascular Effect of Second Hand Smoke May be Reduced By Drinking Purple Grape Juice. Concord Grape Association. http://www.concordgrape.org/bodyproducts-health.html (https://web.archive.org/web/20060930030630fw_/http://www.concordgrape.org/bodyproducts-health.html). Veröffentlicht: 1999. Aufgerufen: 12.03.2021.
[9] Hellekant G, Ninomiya Y, DuBois GE, Danilova V, Roberts TW. Taste in chimpanzee: I. The summated response to sweeteners and the effect of gymnemic acid. Physiol. Behav. 1996;60(2):469-479.
[10] Jounai K, Sugimura T, Ohshio K, Fujiwara D. Oral administration of Lactococcus lactis subsp. lactis JCM5805 enhances lung immune response resulting in protection from murine parainfluenza virus infection. PloS one. 2015;10(3):e0119055. doi: 10.1371/journal.pone.0119055.
[11] Asahara T, Takahashi A, Yuki N, Kaji R, Takahashi T, Nomoto K. Protective effect of synbiotic against multidrug-resistant Acinetobacter baumannii in a murine infection model. Antimicrob Agents Chemother, 2016;60(5):3041–3050. doi:10.1128/AAC.02928-15.