Jeden Monat gehen bei uns von PETA Deutschland zahlreiche Meldungen über Tierquälerei ein, die wir an das zuständige Veterinäramt melden. Die Behörden sind für die Überwachung und den Vollzug des Tierschutzgesetzes zuständig und müssen Missstandsmeldungen nachgehen. Doch während wir mit vielen Ämtern Erfolge für die Tiere erzielen können, setzen sich noch immer zu viele Behörden kaum für die Tiere ein.
Daher veröffentlichen wir jedes Jahr die Ämter in einem Ranking, die aus unserer Sicht besonders positiv oder besonders negativ aufgefallen sind. Dabei nennen wir immer die gesamte Behörde auch wenn einzelne Amtstierärzt:innen für die Fälle zuständig waren.
Die Top 5 der deutschen Veterinärämter
-
1. Kreisveterinäramt Sömmerda
Im März 2021 wurde uns gemeldet, dass etwa ein Dutzend große Berner Sennenhunde unter mangelhaften Bedingungen in einem Haus im Landkreis Sömmerda gehalten würden. Aufnahmen bestätigten die prekären Zustände. Einige Hunde hatten ein verfilztes Fell und litten teils unter Ohrenentzündungen und anderen Erkrankungen. Im Verlauf stellte sich heraus, dass bereits einige Behördenmeldungen vorlagen. Nachdem wir uns Ende März eindringlich an das örtliche Veterinäramt wandten, wurden die Hunde nach kurzer Zeit von der Behörde gerettet und versorgt.
-
2. Veterinäramt Stadt Karlsruhe
Anfang September wurden uns Videos aus einem Mastbetrieb in Karlsruhe zugespielt, auf denen ein verletztes Schwein zu sehen ist, das verzweifelt versucht, sich vor den schmerzhaften Bissen seiner Artgenossen zu schützen. Das Schwein konnte zu dem Zeitpunkt der Aufnahmen sein Hinterteil nicht mehr bewegen und wies offene Verletzungen an verschiedenen Stellen des Körpers auf. Das schockierende Videomaterial wurde umgehend an das zuständige Veterinäramt weitergeleitet und aufgrund der offenbar länger anhaltenden Leiden und Schmerzen, die das Tier ertragen musste, erstatteten wir Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Hofladens.
Der Betrieb wurde am selben Tag der Meldung durch die Veterinärbehörde kontrolliert. Das verletzte Schwein wurde am Abend zuvor von Verantwortlichen des Betriebs „notgetötet“, so dass die Behörde eine Untersuchung des toten Tieres veranlasste.
Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe wollte zunächst keine intensiveren Ermittlungen durchführen und stellte das Verfahren ein. Erst nach Beschwerde durch uns wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen und das Veterinäramt der Stadt Karlsruhe lieferte ein sehr überzeugendes amtstierärztliches Gutachten bei den Ermittlungsbehörden ab, welches den Verantwortlichen vorgehalten wurde und hoffentlich zu einer Anklage führen wird.
-
3. Veterinäramt Kreis Heinsberg
Im Oktober 2020 wurden uns Videos aus einem Milchbetrieb in Heinsberg zugespielt. Diese zeigen, wie eine offenbar laufunfähige Kuh mit einem Traktor-Frontlader transportiert werden soll. Die Kuh wird über längere Zeit mit dem Frontlader traktiert und mehrfach von einer Person heftig getreten. Wir erstatteten Strafanzeige gegen den Landwirt Wilfried L. und Helfer wegen Tierquälerei.
Das Veterinäramt des Kreises Heinsberg bestätigte hier einen erheblichen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz aufgrund der Rohheit, mit der die Kuh behandelt wurde. Zusätzlich überprüfte die Behörde den Betrieb des Landwirtes und stellte in dem Zuge weitere, teils gravierende Missstände fest: Unter anderem wurde Kälbern über acht Tage kein Heu gegeben, einem Kuhkind im Alter von 14 Tagen stand kein Wasser zur Verfügung. 16 Tierkinder hatten keine ausreichende Beleuchtung, ein Tier lahmte. Die Behörde legte die dokumentierten Missstände der Staatsanwaltschaft vor und ordnete gegenüber dem Landwirt deren Behebung an. Nachdem der Landwirt L. von der Polizei zwangsweise einbestellt wurde, konnte er zwar als unmittelbarer Täter auf dem Video ausgeschlossen werden – gegen seinen Helfer wird jedoch ein neues Ermittlungsverfahren eingeleitet.
-
4. Veterinäramt Stadt Erfurt
Wir konnten im Juni 2021 gemeinsam mit einem Fernsehteam von RTL Explosiv, der örtlichen Polizeibehörde und dem Veterinäramt einen illegalen Handel mit streng schützten Lisztaffen in Erfurt aufdecken. Unsere verdeckte Ermittlerin hatte die Händlerin bereits seit einigen Monaten beobachtet. Diese bot über verschiedene Internetportale Weißbüschelaffen an. Im Juni machte die Händlerin unserer Ermittlerin dann ein Angebot, ihr einen Weißbüschelaffen zu verkaufen. Während der zweiwöchigen Verkaufsgespräche bot diese dann plötzlich drei streng geschützte Lisztaffen für 5.500 Euro an. In einer speziellen Verkaufswohnung fand unsere Ermittlerin am Tag des geplanten Kaufs die kleinen, verängstigten Lisztaffen in einer Katzentransportbox vor. Alle Beweise und Dokumente wurden überprüft und kurz drauf trafen Kriminalpolizei, Naturschutzbehörde und das Veterinäramt ein. Die Tiere wurden sichergestellt.
-
5. Veterinäramt Stadt Brandenburg
Am 28. März 2021 erreichte uns eine Whistleblower-Meldung, wonach in Brandenburg an der Havel eine Kuh seit über einem Tag regungslos auf der Weide eines Milchbetriebs lag und offenbar nicht ausreichend versorgt wurde. Wir kontaktierten daraufhin das zuständige Veterinäramt der Stadt Brandenburg. Die Behörde wies den Landwirt im Rahmen einer Kontrolle daraufhin an, sofort einen Tierarzt bzw. eine Tierärztin hinzuzuziehen – was bis zu diesem Zeitpunkt nicht geschehen war. Den uns vorliegenden Informationen nach ging das Veterinäramt darüber hinaus mit weiteren ordnungsrechtlichen Mitteln gegen den Verantwortlichen vor.
Die Flop 5 der deutschen Veterinärämter
-
1. Bergisches Veterinäramt in Solingen
Im Juni 2021 veröffentlichten wir Videoaufnahmen einer Kirmesveranstaltung in Haan aus dem Jahr 2019, auf denen zu sehen ist, wie Menschen beim sogenannten Hahneköppen mit verbundenen Augen versuchen, einem toten Hahn mit einem Schwert den Kopf abzuschlagen. Der Hahn wurde mit der primären Absicht getötet, seinen Körper für eine vermeintlich unterhaltsame Kirmesveranstaltung zu nutzen – somit ist der laut Tierschutzgesetz erforderliche „vernünftige Grund“ nicht gegeben und das „Hahneköppen“ nach unserer Einschätzung rechtswidrig.
In dem Zuge haben wir weitere Veterinärbehörden aufgefordert, vergleichbare „Hahneköppen“-Veranstaltungen zu untersagen, unter anderem im Mai 2021 auch das Veterinäramt in Solingen, wo einige Vereine noch an der Nutzung echter Tierkörper festhalten. Die Behörde antwortete jedoch, dass sie die Tiertötungen im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben sieht, da der Tierkörper „nach der Veranstaltung einem Zweck, der dem ‚vernünftigen Grund´ genügt, zugeleitet“ würden.
-
2. Kreisveterinäramt Südwestpfalz
Im September 2021 wandte sich ein Whistleblower mit erschreckendem Videomaterial aus Pirmasens an uns, auf dem zu sehen ist, wie ein Kind einen Welpen misshandelt und offenbar versucht, ihn als „Kampfhund“ „scharfzumachen“. Das Kind tritt minutenlang in Richtung des Welpen und trifft ihn dabei wiederholt am Kopf.
Nach Erhalt der Aufnahmen schalteten wir das Kreisveterinäramt Südwestpfalz ein und forderten, den Hund sofort zu beschlagnahmen, damit er den Misshandlungen nicht weiter ausgeliefert ist. Das Veterinäramt kontrollierte den Angaben zufolge zwar zeitnah die Situation des Hundes vor Ort. Mit der Begründung, dass keine äußerlichen Anzeichen von Misshandlung oder Verhaltensauffälligkeiten festzustellen seien, kam die Behörde zu dem Ergebnis, dass das Tier weiterhin in der Familie leben könne. Trotz wiederholter Appelle wurde der Hund nicht gerettet. Somit ist er weiterhin einer potenziell missbräuchlichen Haltung ausgesetzt.
-
3. Kreisveterinäramt Wesel
Mitte Dezember erreichte uns eine Vielzahl an Aufnahmen einer versteckten Kamera aus Mülheim an der Ruhr, auf denen ein offenbar aggressiver Hundehalter und Züchter seine Hunde wiederholt tritt, schlägt und anschreit. Die Aufnahmen zeigen den Eingang der Haustüre des Täters und lassen anhand der Tonaufnahmen einen schockierenden Umgang mit den Hunden erkennen. Auf einem Video sieht man, wie der Täter einem Hund ins Gesicht tritt und einen weiteren an Halsband und Leine durch die Luft zieht. Den Aussagen der Whistleblower zufolge hielt der Täter die Hunde weitestgehend in Verschlägen und im Keller.
Um die Hunde aus der grauenvollen Tierhaltung zu retten und den Tierquäler zu stoppen, haben wir umgehend das örtliche Veterinäramt informiert und Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Duisburg wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erstattet und ein sofortiges Tierhalte- und Betreuungsverbot für den Täter gefordert.
Nach einem Umzug des Täters wurden seitens des zuständigen Kreisveterinäramts Wesel die Hunde zwar kurzfristig beschlagnahmt, jedoch nach Überprüfung des Sachverhalts wieder an den Täter zurückgegeben – demnach bestünde für die Herausnahme der Hunde aktuell kein Handlungsbedarf.
-
4. Kreisveterinäramt Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim
Im Februar 2021 erhielten wir eine Whistleblower-Meldung, wonach zwei Hunde auf einem privaten Innenhof in Bad Windsheim seit mindestens 2019 an einem Drahtseil angebunden seien. Das Drahtseilgeflecht verdrehte sich den Angaben zufolge zeitweise ineinander, so dass der Bewegungsspielraum der Hunde zusätzlich verkleinert wurde und auch eine Verletzungsgefahr bestand. Übersandte Fotos bestätigten die tierschutzwidrige Situation. Da die Anbindehaltung von Hunden laut Tierschutz-Hundeverordnung grundsätzlich verboten ist, baten wir das Kreisveterinäramt um eine Kontrolle und Beendigung der Haltungsform.
Zu unserem Erstaunen verteidigte die Behörde die Haltung der Tiere, die dort offenbar auch seit längerer Zeit bekannt war. Erst nachdem wir uns mit einem eindringlichen Schreiben an die Veterinärabteilung der übergeordneten Behörde wandten, teilte diese Ende Februar mit, dass die Anbindehaltung beendet wurde.
-
5. Kreisveterinäramt Emsland
Trotz TV-Reportagen und offizieller Berichte über die systembedingten Missstände bei Langstrecken-Tiertransporten fertigte das Veterinäramt des Landkreises Emsland zwischen 2018 und 2021 insgesamt den Transport von 26.276 Rindern in Nicht-EU-Staaten ab. Kaum ein anderer Landkreis in Deutschland genehmigte derart viele tierschutzwidrige Transporte.
Im Mai 2021 sorgte ein Fall für besondere Aufmerksamkeit: 528 schwangere Kühe sollten über mehrere Tage nach Marokko transportiert werden, erst per Lkw, dann per Schiff. Erst auf Weisung des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums untersagte der Landkreis den zuvor bereits genehmigten Transport. Nachdem das Verwaltungsgericht Oldenburg das Verbot kippte, legte das Veterinäramt wiederum erst auf Weisung des Ministeriums eine – nach unserer Ansicht halbherzige – Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg begründete dies unter anderem damit, dass das Veterinäramt seinen eigenen Ausführungen bei der ursprünglichen Genehmigung „nicht substantiiert entgegengetreten“ sei.
So können Sie Tierquälerei melden
Wenn Sie mitbekommen, wie Tiere gequält werden oder leiden, werden Sie bitte aktiv und melden Sie dies der zuständigen Veterinärbehörde oder uns. Nur durch Ihre Meldung und Ihren Einsatz kann den Tieren geholfen werden. Sollte die Behörde nicht handeln, bleiben Sie dran und fassen Sie unbedingt so lange nach, bis der Missstand beseitig ist. Die Tiere sind auf unsere Hilfe angewiesen!
Fordern Sie ein Tierschutzministerium
Leider gibt es immer noch keine neutrale Aufsichtsbehörde, die schlecht arbeitende Amtstierärzt:innen kontrolliert und maßregelt. Bisher ist der politische Tierschutz im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft angesiedelt, das vorrangig die Interessen der Tiernutzer:innen und nicht die der Tiere vertritt.
Daher fordern wir ein eigenständiges Ministerium für Tierschutz, das sich ausschließlich für die Tiere einsetzt und die Arbeit von regionalen und lokalen Veterinärbehörden kontrolliert. Unterschreiben Sie unsere Petition an die relevanten Bundestagsparteien und unterstützen Sie unsere Forderung, damit den Tieren in Zukunft besser geholfen werden kann: