Update vom 6. Oktober 2023
Wiederaufnahme der Ermittlungen und neue erschreckende Bilder
Aktuelle Aufnahmen belegen, dass die im Zoo Magdeburg eingesperrten Schimpansen noch immer Symptome schwerer psychischer Belastungsstörungen aufweisen. Bei einem Besuch der Tierrechtsorganisation Great Ape Project Anfang August 2023 machten die auf nacktem Boden oder auf eingebauten Klettergerüsten herumsitzenden Tiere einen ausgesprochen lethargischen Eindruck. Einige von ihnen hatten auffällig kahle Stellen auf dem Kopf, der Brust und im hinteren Schulterbereich; manche waren mittlerweile fast vollständig haarlos. Zudem verzehrten einige Tiere ihre eigenen Exkremente.
Im Frühjahr 2023 hatten Medien berichtet, dass sich die Schimpansen beim sogenannten „Over-Grooming“ die Haare ausreißen. Diese Verhaltensstörung deutet auf erhebliches, anhaltendes Leid hin. Deshalb hatten wir von PETA Deutschland im Juli 2023 gegen die vorherige Einstellung des Ermittlungsverfahrens bei der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg Beschwerde eingelegt. Wie die Staatsanwaltschaft Magdeburg nun mitteilte, wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen.
Wir appellieren an Politik und Zoo, die Gefangenhaltung von Menschenaffen im Magdeburger Zoo gänzlich auslaufen zu lassen.
Original-Artikel vom 6. September 2021
Schimpansen jahrelang ohne Außengehege: PETA zeigt Zoo an
Seit etwa zwei Jahren ist die zehnköpfige Schimpansengruppe im Zoo Magdeburg ausschließlich in einem Innengehege untergebracht. [5] Im August 2021 haben wir von PETA Deutschland Strafanzeige gegen die Zoo-Verantwortlichen erstattet, denn laut den Vorgaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums für die Haltung von Säugetieren müssen die Menschenaffen auch Zugang zu einem Außengehege haben. [6] Laut Medienberichten sind die Tiere aus Sicherheitsgründen dauerhaft innen eingesperrt, da im September 2019 zwei der Schimpansen aus dem Außengehege ausgebrochen waren. [7]
„Die Affenanlage ist so nicht betreibbar. Für die Affen ist das eine Katastrophe. Die sitzen seit über einem Jahr im Haus. Das geht so nicht. Es ist nicht tierschutzgerecht.“ [5] Oberbürgermeister Lutz Trümper
Sicherheitsmängel am erst 2014 eröffneten Schimpansenhaus: Affen leiden unter tierschutzwidriger Haltung
Die Zoo-Verantwortlichen sprechen von „tiergärtnerischen Mängeln“ bei der Planung des Geheges, durch die das Außengehege nicht ausbruchsicher ist. Dabei war das 3,1 Millionen teure neue Schimpansenhaus in Magdeburg erst 2014 eröffnet worden. [8] Bei diesem Neubau wurden an der Außenanlage hölzerne Palisaden errichtet, in denen sich im Laufe der Jahre kleine Löcher bildeten. Die Schimpansen nutzten das als Möglichkeit, an den Palisaden hochzuklettern und auszubüxen. Seitdem sind die Tiere ausschließlich im Innengehege eingesperrt, um weitere Ausbrüche und Unfälle zu vermeiden. [5]
Die Mängel sollen nun durch einen weiteren Neubau bis 2023 behoben werden, der die Stadt erneut knapp zwei Millionen Euro kosten würde. Im September soll im Stadtrat voraussichtlich über die Baupläne entschieden werden. [5] Für die Schimpansen würde dies mindestens zwei weitere Jahre bedeuten, in denen die Tiere unter völlig indiskutablen Bedingungen ausharren müssten.
Stadt und Zoo Magdeburg müssen eine Lösung zum Wohl der Tiere finden
Wir kritisieren die jahrelange Untätigkeit von Behörden und Zoo-Verantwortlichen und fordern, schnellstmöglich eine Lösung zu finden, damit die Schimpansen zumindest nicht weiter drinnen ausharren müssen. Außerdem fordern wir von der städtischen Politik und vom Zoo, die Gefangenhaltung von Menschenaffen im Magdeburger Zoo gänzlich auslaufen zu lassen.
Menschenaffen können in Zoos niemals artgerecht gehalten werden
Eine artgerechte Haltung von Menschenaffen – unseren nächsten Verwandten im Tierreich – ist in der Gefangenschaft von Zoos nicht möglich. Die Bedürfnisse von Menschenaffen sind so komplex, dass ihnen kein Zoo einen artgerechten Lebensraum bieten kann: In der Natur leben Schimpansen in Gruppen mit flexibler Sozialstruktur zusammen, die zeitweise mehrere Dutzend Tiere umfassen können. Sie nehmen dabei einen Lebensraum in Anspruch, der bis zu 65 Quadratkilometer betragen kann.
Für Menschenaffen ist es psychisch extrem belastend, zu einem „Leben“ in Gefangenschaft gezwungen zu sein. Ausschlaggebend ist hierbei die Gefangenschaftssituation an sich und nicht die konkreten Haltungsbedingungen: Auch bauliche Änderungen wie vergrößerte Gehege können die systembedingt mangelhafte Haltung und das damit einhergehende Tierleid nicht auflösen. In Zoos entwickeln sie daher oft deutliche Verhaltensstörungen wie Selbstverstümmelung, zwanghaftes Hin- und Herschaukeln des Oberkörpers und das Verzehren der eigenen Exkremente. Teilweise verabreichen Zoos den Tieren Psychopharmaka, damit sie die lebenslange triste Gefangenschaft überhaupt ertragen und ihr Leid den Besucher:innen weniger auffällt.
Anders als oft behauptet wird, können Tiere, die ihr Leben im Zoo verbracht haben, nicht mehr ausgewildert werden: In ihren Gefängnissen können sie wichtige Verhaltensweisen für ein Überleben in der Natur nicht erlernen. Zoologische Einrichtungen investieren dennoch Steuergelder in Millionenhöhe in teure und fragwürdige Nachzuchtprogramme und kostenintensive Bauprojekte. Mit Maßnahmen zum Erhalt des natürlichen Lebensraums der Tiere hingegen könnten mehr Menschenaffen nachhaltig geschützt werden, als es in Zoos je möglich ist.
So können Sie Schimpansen und anderen Menschenaffen in Zoos helfen
- Bitte besuchen Sie keine Zoos und andere Einrichtungen, in denen Tiere zu Unterhaltungszwecken ausgebeutet werden.
- Helfen Sie uns, das Leid von Menschenaffen in Zoos zu beenden und unterschreiben Sie unsere Petition für ein Ende der Gefangenhaltung und Zucht unserer nächsten Verwandten in Zoos.
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Quellen
[1] Hartner, Stefan (20.04.2023): Stress oder Langeweile? Zoo-Schimpansen verlieren ihr Fell, https://www.volksstimme.de/lokal/magdeburg/stress-oder-langeweile-zoo-schimpansen-verlieren-ihr-fell-3591654?reduced=true (eingesehen am 21.04.2023)
[2] mdr.de (20.04.2023): Wo ist das Fell der Magdeburger Schimpansen?, https://www.mdr.de/video/mdr-videos/a/video-715434.html (eingesehen am 21.04.2023)
[3] Goldner, Colin (2014): Lebenslänglich hinter Gittern, S. 248-251. Aschaffenburg: Alibri Verlag.
[4] Birkett, L.P. & Newton-Fisher N.E. (2011): How Abnormal Is the Behaviour of Captive, Zoo-Living Chimpanzees? PLoS ONE 6(6): e20101. doi:10.1371/journal.pone.0020101
[5] Volksstimme (2021): Magdeburger Oberbürgermeister hat Mitleid mit Schimpansen im Zoo, https://www.volksstimme.de/lokal/magdeburg/magdeburger-oberburgermeister-hat-mitleid-mit-schimpansen-im-zoo-3206940 (eingesehen am 19.08.2021)
[6] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2014): Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren, https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Tiere/Tierschutz/HaltungSaeugetiere.html (eingesehen am 24.08.2021)
[7] Schweingel, Rainer (2019): Magdeburger Schimpansen brechen aus, https://www.volksstimme.de/lokal/magdeburg/magdeburger-schimpansen-brechen-aus-999860 (eingesehen am 19.08.2021)
[8] barleben.de (15.05.2014): Zusammenarbeit mit dem Zoo Magdeburg, https://www.barleben.de/Startseite/Zusammenarbeit-mit-dem-Zoo-Magdeburg.php?object=tx,936.724.1.&ModID=7&FID=2276.2514.1&NavID=2276.48 (eingesehen am 21.04.2023)