Video: Tierleid im Zoo Neunkirchen aufgedeckt

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Bereits 2018 stand der Neunkircher Zoo aufgrund von erschütternden Bildern in der Kritik, nachdem Besucher:innen schlimme Zustände bei der Haltung der Mantelpaviane dokumentierten. Mit 102 Pavianen war das beengte Betongehege überfüllt, einige Tiere wiesen laut Augenzeugin Bisswunden und kahle Stellen auf. [1] Die Tiere hatten zusätzlich zum Außenbereich nur ein einziges Innengehege von etwa 48 Quadratmetern zur Verfügung.

Wir von PETA Deutschland haben uns im September 2023 ein Bild von der Situation vor Ort gemacht und sind nach wie vor auf eklatante Missstände und offensichtliches Tierleid gestoßen – darunter Verhaltensstörungen und tierschutzwidrige Einzelhaltung. Wir haben daher Strafanzeige gegen die Zoo-Verantwortlichen erstattet.

Mantelpaviane in beengten Verhältnissen: Ein Leben auf Beton

Die schockierenden Bilder von Pavianen mit kahlen Stellen im Fell, verletzten oder kotverschmierten Tieren haben die Missstände 2018 in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Über 100 der Affen waren damals dort auf engstem Raum zusammengepfercht. Selbst nach baulichen Änderungen im Jahr 2023 bleiben die Zustände unzureichend für die Paviane:

  • Rückblick: Bisswunden, Stress und Überpopulation

    Während eines Besuchs im Neunkircher Zoo an Ostern 2018 machte eine Augenzeugin erschütternde Beobachtungen: Die Mantelpaviane lebten auf blankem Betonboden und ihr Zustand wirkte erbärmlich; viele Tiere waren kahl, hatten Bisswunden, blutige Stellen oder litten unter Durchfall.

    KLEINE IMPRESSIONEN AUS DEM NEUNKIRCHER ZOO [Ostern 2018] >>>>>>>>>>>>> [Bericht einer…

    Posted by Tierbefreiungsoffensive Saar e.V. on Tuesday, April 10, 2018

    Auch der damalige Landestierschutzbeauftragte Hans-Friedrich Willimzik kritisierte, dass die Tiere viel zu wenig Platz hatten. Das Innengehege war mit rund 48 Quadratmetern viel zu klein für die damals 102 Paviane, die in zwölf Haremsgruppen gehalten wurden.

    Gemäß den Vorgaben im „Säugetiergutachten“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums sollten auf einer Fläche dieser Größe höchstens acht Paviane gehalten werden. Außerdem sollte jeder Haremsgruppe ein eigenes Innengehege als Rückzugsort zur Verfügung stehen, was im Neunkircher Zoo bei weitem nicht gegeben war.

  • Absurd: Ehemaliger Verantwortlicher für Affen-Experimente entscheidet, ob es Pavianen in Neunkircher Zoo gut geht

    Das saarländische Umweltministerium forderte daraufhin ein Gutachten an – von niemand Geringerem als Franz-Josef Kaup, dem ehemaligen Leiter der Abteilung Infektionspathologie am Göttinger Primatenzentrum. Wenige Jahre zuvor war Franz-Josef Kaup noch für Experimente verantwortlich, bei denen Affen eingesperrt, mit Krankheiten infiziert, getötet und aufgeschnitten werden. So wundert es nicht, dass er keinen Handlungsbedarf sah.

    Die Haltungsvorgaben für Affen, die für schreckliche Experimente missbraucht und getötet werden, sind schließlich wesentlich geringer als für Affen in Zoos. Eine „Empfehlung“ für eine Vergrößerung des Pavian-Innengeheges sprach er dennoch aus.

  • Neunkircher Zoo gibt 30 Paviane ab – ausgerechnet nach China

    Aufgrund der Empfehlung gab der Zoo 2019 schließlich 30 der 102 Paviane an einen Zoo in China ab. [2] Zwar kann diese Entscheidung als Schuldeingeständnis des Zoos gesehen werden, doch leider hatte sie kaum positive Folgen. Schließlich mussten sich noch immer 72 Paviane ein Gehege für höchstens acht Tiere teilen und die restlichen 30 verharren mit ungewissem Schicksal in China, wo es nahezu keine Gesetze für den Schutz der Tiere gibt.

    Das saarländische Umweltministerium gab an, dass es zusätzlich bauliche Verbesserungen am Innengehege geben soll, doch auch das reicht bei Weitem nicht aus.

  • Auch nach Erweiterung keine Einhaltung der Mindestanforderungen

    2023 wurde die Erweiterung des Pavian-Innengeheges eröffnet. Diese besteht aus einem auf dem alten Bereich aufgesetzten Schiffscontainer von etwa 90 Quadratmetern. Das mit Kletterstämmen und Kunstboden ohne Einstreu ausgestattete Gehege wurde bei unserem Besuch von den Pavianen kaum genutzt, was darauf hindeutet, dass es ihren Bedürfnissen nicht gerecht wird. Für die nunmehr 69 Paviane in fünf Haremsgruppen sollte eigentlich für jede dieser Sozialgruppen ein eigenes Innengehege zur Verfügung stehen. Zudem wurde bei den Baumaßnahmen ein Fenster in der Mauer des Außengeheges angebracht.

    Laut einem Medienbericht können „im Gegenzug […] die Tiere künftig nach draußen statt nur auf Betonwände gucken, was auch für sie deutlich spannender sein dürfte“ [3] – geradezu zynisch angesichts der Ausbeutung der Tiere zu Unterhaltungszwecken.

Verhaltensstörung im Elefantenhaus

Auch die Asiatischen Elefantinnen Trinh und Hoa fristen im Neunkircher Zoo in einem düsteren und beengten Elefantenhaus ihr Dasein. Eine der beiden, Elefantendame Hoa, zeigte minutenlang die Verhaltensstörung „Weben“, während sie in der Enge ihrer Box eingesperrt war. Das sogenannte „Weben“ bezeichnet ein gleichförmiges Bewegungsmuster, bei dem die Elefanten mit Kopf und Rüssel hin und her schwingen oder nicken. Diese Verhaltensstörung tritt bei frei lebenden Elefanten nicht auf und wird als Anzeichen für seelisches Leiden der Tiere gewertet.

Kein Zoo kann Elefanten jemals das komplexe, abwechslungsreiche Habitat bieten, das sie für ihr körperliches und psychisches Wohlergehen benötigen.

  • Das traurige Schicksal von Elefantin Hoa

    Elefantin Hoa wurde in Vietnam in einem Camp für „Arbeitselefanten“ geboren. Als höchstens eineinhalb Jahre altes Elefantenkind wurde sie von ihrer Mutter getrennt und gelangte 1987 in den Leipziger Zoo. [4] Dort wurde sie mit fremden Artgenossinnen vergesellschaftet – eine Belastung für die hochsozialen Elefanten, die in der Natur in Familienverbänden leben, die aus miteinander verwandten weiblichen Tieren und ihrem Nachwuchs bestehen.

    Hoa wurde im Zoo Leipzig mehrfach zur Zucht missbraucht, aber verlor ihren Nachwuchs jedes Mal auf tragische Weise: 2012 hat sie ihren Nachwuchs kurz nach der Geburt attackiert, der daraufhin starb. [5] Ihr 2015 geborenes Baby konnte weder laufen noch selbstständig trinken und hatte ein gebrochenes Bein. Das Elefantenmädchen wurde eingeschläfert, als sich sein Zustand trotz medizinischer Behandlungen nicht besserte. [6]

    Teilweise werden Elefantenmütter im Zoo aufgrund von Verhaltensstörungen und Überforderung bei der Geburt angekettet – dies war auch 2019 im Zoo Leipzig während der Geburt von Hoas drittem Kind und in den ersten Tagen danach der Fall, damit sie ihr Kind nicht verletzt. [7] Außerdem bekam sie Beruhigungsmittel gespritzt, weil sie „schreckhaft“ war und damit sie ihr Kind überhaupt Milch trinken ließ. [8] Doch auch dieses Baby, Elefantenbulle Ben Long, starb nach nur wenigen Monaten.

    Nach den drei „fehlgeschlagenen“ Zuchtversuchen haben die Zooverantwortlichen in Leipzig entschieden: „Mit Hoa wird der Zoo keine Familie aufbauen“. [9] Daher wurde sie an den Zoo Neunkirchen abgeschoben. [10]

Schneeleopard und Löwe laufen stereotyp auf und ab

Auch bei verschiedenen Großkatzen des Zoos – einem Schneeleoparden und einem Löwen – dokumentierten wir besorgniserregende Verhaltensstörungen. Sie liefen stereotyp in ihren Gehegen auf und ab – ein klares Zeichen für Langeweile, Frustration und den Mangel an angemessener Stimulation in ihrer beengten Umgebung.

Stereotypien bei in Gefangenschaft gehaltenen Tieren sind ein Symptom für schlechtes Wohlbefinden und weisen darauf hin, dass die Tiere psychisch leiden.

Artwidrige Einzelhaltung von Giraffenbulle Nangila

Offenbar wird Giraffenbulle Nangila im Zoo Neunkirchen seit dem Tod seines Artgenossen Njaro einzeln und damit ohne jegliche Möglichkeit zu sozialen Interaktionen gehalten. In der Natur leben Giraffen in komplexen und wechselnden Sozialverbänden. Der Zooalltag hingegen ist geprägt von eingeschränkten Sozialkontakten in beengten und eintönigen Zoogehegen, insbesondere im Winter. Da die Tiere nicht an kalte Temperaturen angepasst sind, verbringen sie die meiste Zeit eingesperrt im Stall. Dieser entspricht in Neunkirchen möglicherweise nicht einmal den geltenden Mindestanforderungen. Demnach wären pro Tier 30 Quadratmeter und ein gemeinsamer Innenauslauf von 200 Quadratmetern vorgesehen. [11]

Leider sind Todesfälle von Giraffen in Zoohaltungen kein Einzelfall, vielmehr sterben sie dort häufig deutlich vor dem Erreichen ihrer natürlichen Lebenserwartung. [12] Schon 2021 starb im Neunkircher Zoo der 14-jährige Giraffenbulle Gerry überraschend und unter ungeklärten Umständen. Im Januar 2023 folgte der nächste Todesfall: Der erst vierjährige Giraffenbulle Njaro wurde tot im Stall aufgefunden – wie später bekannt wurde, starb er an den Folgen einer Verletzung. [13]

Eine Giraffe steht vor einem Holzsteg und wird gefuettert von einer Person.
Offenbar wird Giraffenbulle Nangila im Zoo Neunkirchen einzeln gehalten.

Orang-Utan-Haltung: Apathie und unzureichende Gehege

Auch die Orang-Utan-Haltung erscheint mangelhaft – vor allem der Innenbereich ist beengt, mit Betonboden und niedriger Decke. Damit erfüllt das Innengehege offenbar nicht einmal die Mindestanforderungen: Gemäß dem „Säugetiergutachten“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums sind für vier erwachsene Orang-Utans ein Innengehege mit einer Größe von 160 Quadratmetern und mindestens 6 Metern Höhe vorgesehen. [11] Denn Orang-Utans sind exzellente Kletterer, die den Großteil ihres Lebens in den Bäumen des Regenwaldes verbringen.

In der Natur durchstreifen sie oft kilometergroße Gebiete und sind eher Einzelgänger. Im Zoo hingegen sind sie gezwungen, mit Artgenossen in einer festgelegten Umgebung zu leben, was in den beengten Verhältnissen der Innengehege oft zu enormem Leiden führt. Viele Menschenaffen entwickeln daher in Gefangenschaft schwere Verhaltensstörungen. Ein weiblicher Orang-Utan, den wir beobachteten, wirkte apathisch und resigniert; ein trauriges Beispiel für die Auswirkungen der Gefangenschaft auf diese intelligenten Primaten.

Auch ein für Zoobesucher:innen vermeintlich „groß“ wirkendes Außengehege kann nicht als angemessene Kompensation betrachtet werden – insbesondere nicht in den deutschen Wintermonaten, in denen die aus tropischen Regionen stammenden Menschenaffen die meiste Zeit gezwungen sind, in den winzigen Innengehegen zu verweilen. Orang-Utans gelten als besonders kälteempfindlich und dürfen laut Zoopersonal erst ab einer Temperatur von 15 Grad ins Freie. [14]

Falknerei: Anbindehaltung und erzwungener Kontakt zu Menschen

Im Falknerei-Bereich des Zoos werden verschiedene Greifvögel und Eulen in der tierquälerischen Anbindehaltung gehalten. Dabei werden die Vögel an einen kurzen Lederriemen in Bodennähe angekettet, um sie dem Publikum besser präsentieren zu können. Fliegen dürfen die Tiere meist nur kurz während der Flugshows mit den Falkner:innen.

Ebenso bedenklich ist das Angebot für Besucher:innen, die Vögel auf dem Arm zu halten und sich mit ihnen fotografieren zu lassen. Für die stressempfindlichen Wildvögel ist dieser erzwungene Kontakt zum Menschen mit enormem Stress verbunden.

Zoos bedeuten Tierleid

Angesichts dieser eklatanten Missstände haben wir von PETA Deutschland Strafanzeige gegen die Zooverantwortlichen erstattet. Zoos und Tierparks sind immer mit Tierleid verbunden – egal, wie groß die Einrichtung ist. Selbst uns Menschen verhältnismäßig „groß“ erscheinende Gehege können den natürlichen Lebensraum der Tiere nicht nachbilden.

Unzählige Tiere entwickeln in Gefangenschaft schwere Verhaltensstörungen, da sie ihren natürlichen Bedürfnissen und Verhaltensweisen nicht nachkommen können. Wir fordern daher, dass die Zucht und Haltung von Tieren im Zoo beendet wird! Tiere verdienen Respekt, Würde, ein Leben in Freiheit und sind nicht zur menschlichen Unterhaltung da. Es ist an der Zeit, dass wir uns als Gesellschaft gegen diese Form der Ausbeutung einsetzen und die Rechte aller Lebewesen respektieren.

Grafik. Nashorn in einer Hand eingesperrt. Titel: Speziesismus ist, Tiere zum Vergnügen einzusperren.

Wie Sie Tieren im Zoo helfen können

Wenn niemand mehr Zoos besucht, wird es auch irgendwann keine Zoos mehr geben. Daher besuchen Sie bitte niemals einen Zoo oder Tierpark. Sprechen Sie auch mit Ihrer Familie, Freund:innen und Bekannten über das Leid der Tiere in Gefangenschaft und bitten Sie sie, ebenfalls keine Zoos zu besuchen.

Es gibt zahlreiche Alternativen, um die natürlichen Lebensweisen von Tieren kennenzulernen – ohne dass dafür ein Tier sein ganzes Leben lang eingesperrt wird und leiden muss.