Die Milchindustrie degradiert fühlende Lebewesen wie Kühe, Schafe und Ziegen zu „Milchmaschinen“. Viele gängige Praktiken der Branche, um auf Kosten der Tiere Profite zu optimieren, sind der Öffentlichkeit unbekannt. Dazu gehören auch die „Downer-Kühe“.
Zunehmend beobachten Augenzeug:innen neue Fälle der wirtschaftsbasierten Tierquälerei für Milch. Die Scheinargumente von Landwirt:innen und Veterinär:innen, um das tierquälerische Vorgehen zu rechtfertigen, sind erschreckend.
Was sind „Downer-Kühe“?
„Downer-Kühe“ werden weibliche Rinder in Milchbetrieben genannt, die „festliegen“, also nicht oder kaum mehr aus eigener Kraft aufstehen können. Oft haben die Kühe kurz zuvor ein Kalb zur Welt gebracht. Durch die Qualzucht produzieren die Tiere so viel Milch, dass sie akuten Kalziummangel erleiden. Dieser Mangel führt dazu, dass die sowieso durch die anstrengende Geburt geschwächten Kühe oft nicht mehr aufstehen können.
Auch Verletzungen, beispielsweise durch artwidrige Haltungsbedingungen im Stall oder Stoffwechselerkrankungen können Gründe dafür sein, weshalb eine Kuh in der Milchindustrie nicht mehr aufstehen kann.
Die geschwächten, am Boden liegenden Kühe bringen Landwirt:innen oftmals vor den Stall. Diese absichtlich aus dem Stall gebrachten Tiere nennen sich „Downer“.
Warum werden Kühe vor dem Stall abgelegt?
Ein Rind, das im Stall nicht mehr aufstehen kann oder dessen Prognose für eine Erholung schlecht oder unsicher ist, wird in vielen Fällen vor den Stall gekarrt. In vielen Fällen muss die Kuh für die anstrengenden Bewegungen ihre letzten Kräfte aufbringen. Oft passen Traktoren je nach Stallgröße nur in den sogenannten Futtereingang, aber nicht in den restlichen Stall. Es ist also deutlich aufwändiger, ein mehr als 500 Kilogramm schweres Tier aus dem Stall zu bewegen, wenn dieses sich nicht mehr fortbewegen kann oder tot ist. Ein geschwächtes oder bereits totes Tier vor dem Stall und auf offener Fläche mit dem Traktor aufzuladen und abzutransportieren, ist für Landwirt:innen daher einfacher – egal, was das für das leidende Tier bedeutet.
Teilweise werden die Tiere auch vor dem Stall zum Sterben abgelegt, weil sie nicht mehr zum Schlachthof transportiert werden dürfen. Andere machen ein illegales Geschäft mit den geschwächten, eigentlich nicht transportfähigen Kühen.
Scheinargument 1: Frische Luft
Als Begründung für das Ablegen vor dem Stall bringen Landwirt:innen meist an, dass es den schwachen Tieren guttäte, wenn sie an der frischen Luft sind und diese daher aus dem Stall gebracht werden würden.
Fakt ist: Rinder sind Weidetiere und dort sollten sie auch ihr Leben verbringen dürfen – ohne ausgebeutet zu werden. Die Realität der Kühe in der Milchindustrie sieht jedoch anders aus. Die meisten Tiere leben auf harten und kotverschmierten Betonspaltenböden im Stall – teilweise noch immer in der Anbindehaltung. Dabei werden Kühe über die Wintermonate oder sogar ganzjährig an einem Platz festgebunden, wo sie dauerhaft verharren müssen.
Den kranken Kühen hilft es vor diesem Hintergrund kaum, wenn Landwirt:innen diese meist ohne Schutz vor der Witterung, ohne ausreichend Wasser und Nahrung und teilweise ohne tierärztliche Behandlung auf dem Betonboden vor dem Stall ablegen – oder die Tiere nach dem Ablegen auf einer ungeschützten Wiese dahinvegetieren müssen.
Scheinargument 2: Natürlicher Boden soll den Tieren beim Aufstehen helfen
Zwar stimmt es, dass ein natürlicher Untergrund wie eine Wiese oder eine feste Strohmatte besser geeignet ist, um Rindern beim Aufstehen zu helfen als der meist kotverdreckte und rutschige Spalten- oder Betonboden im Stall. Jedoch rechtfertigt dies nicht das Ablegen auf einer meist ungeschützten Fläche vor dem Stall. Denn ein festliegendes Rind ist ein Notfallpatient, der ständige Hilfe und Kontrolle benötigt – das ist für die meisten Betriebe jedoch zu zeit- und kostenintensiv. Hierzu zählt, dass das Rind alle drei bis vier Stunden umgelagert werden muss, um Durchblutungsstörungen und Druckstellen zu verhindern. Zudem muss sichergestellt werden, dass die Liegefläche trocken und weich ist, dass das Tier mit Wasser und Nahrung versorgt wird, richtig liegt und vor der Witterung geschützt ist. Außerdem ist eine ausreichende Begrenzung wichtig, die verhindert, dass das Tier versucht zu kriechen, was zu weiteren Verletzungen führen kann.
Eine ausreichende Pflege sowie eine Krankenbucht oder ein Weidezelt, das diese Anforderungen erfüllt und den Kontakt zur Herde weiterhin erlaubt, sind leider nur in wenigen Betrieben anzutreffen.
Scheinargument 3: Das Tier ist in ärztlicher Behandlung
Noch immer gehen viele Menschen davon aus, dass Tierärzt:innen immer das Beste für das Tier wollen und auch danach handeln. Und absolut: Es gibt hierbei großartige Vertreter:innen für die Tiere. Jedoch ist es vor allem im Bereich der sogenannten „Nutztiere“ nicht ausgeschlossen, dass nicht deren Wohl, sondern die Wirtschaftlichkeit für den Landwirtschaftsbetrieb an erster Stelle steht. Da die Betriebe Kund:innen der Veterinär:innen sind, finanzieren die Landwirt:innen deren Arbeit.
Wenn Tierärzt:innen den Ruf haben, betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll zu sein, wird schnell nach einer anderen Veterinärin oder einem anderen Veterinär gesucht, der oder die entsprechend „wirtschaftlich“ handelt. Vor allem in ländlichen Regionen kennen sich Menschen aus den Betrieben und Praxen auch privat. Für die betroffenen Tiere hat das nur Nachteile: Bei Kontrollen des Veterinäramtes wird in diesem Fall gern behauptet, die abgelegte Kuh sei in „tierärztlicher Behandlung“ – obwohl das Tier höchstwahrscheinlich nicht die Behandlung erfährt, die der dringende Gesundheitszustand erfordern würde. Oftmals ist aus Sicht der Landwirt:innen der Tod der Tiere wirtschaftlicher als die Behandlungskosten.
Fälle von „Downer-Kühen“ in Deutschland
Immer häufiger beobachten Augenzeug:innen, wie geschwächte Kühe in der Milchindustrie gequält, vernachlässigt und teilweise vor den Ställen zum Sterben abgelegt werden. Die folgenden Fälle dokumentieren das Tierleid.
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Fälle „Downer-Kühe“ 2023
Juli 2023 – Vernachlässigte „Downer-Kuh“ im Saarland eingeschläfert
Ende Juli 2023 spielten uns Whistleblower:innen Bilder einer vernachlässigten Kuh zu. Das stark abgemagerte Tier lag laut Angaben der Zeug:innen über mehrere Tage hinweg draußen vor dem Stall in seinen Exkrementen und wurde weder versorgt noch tiermedizinisch behandelt. Daraufhin alarmierten wir unverzüglich das zuständige Veterinäramt und informierten über die Missstände. Die Behörde reagierte auf unsere Meldung und kontrollierte den Betrieb. Das Amt teilte uns im Nachhinein mit, dass die Kuh im Einverständnis des Halters aufgrund der massiven Vernachlässigung eingeschläfert wurde. Wir von PETA Deutschland haben wegen der Vernachlässigung der verletzten Kuh und somit wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken gegen den Landwirt erstattet. Wir fordern eine empfindliche Strafe sowie ein Tierhalteverbot für den Verantwortlichen. -
Fälle „Downer-Kühe“ 2022
März 2022: Kuh nach Geburt offenbar nicht ausreichend versorgt
Ende März 2022 erreichte uns eine Missstandsmeldung aus dem rheinland-pfälzischen Winnweiler. Eine Kuh, die gerade ein Kalb zur Welt gebracht hatte, konnte offenbar nicht mehr aufstehen und wurde laut Zeugen mindestens zwei Tage lang nicht ausreichend versorgt. Sie war in einem nicht geschlossenen Gatter abgelegt worden, was darauf hindeutet, dass der Betrieb, der die Tiere wohl zur Zucht und Mast hält, davon ausging, dass die geschwächte und dünne Kuh nicht selbst aufstehen kann. Es ist sehr fraglich, ob das Rind, das der Witterung schutzlos ausgeliefert war, ausreichend versorgt wurde. Offenbar ist es nach drei Tagen gestorben und wurde angeblich in der „Kadaverkuhle“ auf dem Hof entsorgt. Wir haben das zuständige Veterinäramt auf den Vorfall aufmerksam gemacht und eine Kontrolle gefordert, um mögliche Tierschutzverstöße zu ermitteln. Aufgrund der offenbaren Vernachlässigung mit Todesfolge haben wir Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern erstattet. -
Fälle „Downer-Kühe“ 2021
August 2021: Offenbar vernachlässigte Kuh im bayerischen Wilzhofen
Eine Augenzeugin beobachtete im bayerischen Wilzhofen eine erkennbar vernachlässigte Kuh, die über eine Woche allein auf einer Weide vor dem Stall abgelegt wurde – offenbar ohne einen geeigneten Witterungsschutz. Wasser stand mehrere Hundert Meter weit weg – kaum zu schaffen für eine augenscheinlich kranke Kuh. Die restlichen Rinder standen laut Augenzeugin angebunden im Stall. Laut der Zeugin konnte sich das abgelegte Tier kaum bis gar nicht selbstständig fortbewegen. Sie meldete den Fall dem zuständigen Veterinäramt. Laut diesem sei das Tier in ärztlicher Behandlung.Am 28. August wandten wir uns ebenfalls an das zuständige Veterinäramt, da die Kuh mittlerweile nicht mehr vor dem Zaun, sondern im Zaun lag. Zudem soll der Landwirt das Tier beim Versuch, es zum Laufen zu bewegen, getreten haben. An den Folgetagen lag die Kuh im strömenden Regen weiterhin an derselben Stelle vor dem Zaun. Da es sich um eine „Downer-Kuh“ handeln könnte, haben wir Ende August Strafanzeige erstattet.
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Fälle „Downer-Kühe“ 2020
Oktober 2020: Zusammengebrochene Kuh getreten und mit Gabelstapler gequält
Immer mehr Menschen entscheiden sich für die stetig wachsende Zahl veganer Milchalternativen und damit für eine tierleidfreie vegane Ernährung. Damit setzen Sie mit Ihrer Kaufentscheidung ein klares Zeichen gegen Tierquälerei.
Wenn Sie Tierquälerei wie abgelegte und vernachlässigte Rinder in landwirtschaftlichen Betrieben beobachten, werden Sie aktiv. Machen Sie, wenn möglich, Aufnahmen von der Tat und melden Sie sich bei uns, dem zuständigen Veterinäramt und/oder der Polizei. Gemeinsam können wir die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.