Viele sind von Fledermäusen fasziniert – doch gleichzeitig ranken sich viele Gerüchte um die kleinen Säugetiere; so sollen sie angeblich Blut saugen oder Viren und Tollwut verbreiten. Eins steht jedoch fest: Die einzigartigen nachtaktiven Flugkünstler heben sich von anderen Wildtieren ab.
1. Fledermäuse „sehen“ mit ihren Ohren
Weil Fledermäuse nachtaktiv sind, können sie sich nicht nur mit den Augen zurechtfinden. Zur Orientierung nutzen sie ein Echoortungssystem: Sie stoßen über Nase und Mund Ultraschallwellen aus, die so hoch sind, dass wir Menschen sie nicht hören können. Diese Schallwellen werden von Objekten als Reflexion zurückgeworfen. So können Fledermäuse Hindernisse erkennen und ihnen ausweichen. Mit dieser Fähigkeit erkennen Fledermäuse auch die exakte Position und Größe ihrer Beute, die besteht vor allem aus Insekten, – selbst bei totaler Dunkelheit. Im Verhältnis zum Rest des Körpers haben sie daher meist sehr große Ohren. Ihre schwarzen Augen sind dafür relativ klein; Fledermäuse können nicht halb so gut sehen wie hören. [1]
2. Fledermäuse fliegen mit ihren Händen
Fledermäuse sind die einzigen Säugetiere, die fliegen können! Zwischen den verlängerten Fingerknochen spannt sich die sogenannte Flughaut bis zum Hals, den Hinterbeinen und zum Schwanz. Nur der Daumen ist nicht in die Flughaut eingespannt – so können sich die Tiere besser an unebenen Oberflächen festhalten. Die Flügel werden bei der Nahrungssuche oft zu Fächern umfunktioniert. Dadurch ist die Fangquote höher, als wenn sie ihre Nahrung mit dem Maul fangen müssten. [1]
3. Ungewöhnliche Schlafposition
Wenn Fledermäuse ruhen, hängen sie mit dem Kopf nach unten. So können sie sich bei Gefahr einfach fallen lassen, schneller starten und flüchten. Anders als bei übrigen Säugetieren sind ihre Füße nach hinten gerichtet, damit sie sich besser anhängen und festhalten können. Mit ihren Krallen halten sie sich automatisch durch ihr Körpergewicht fest. Dadurch können sie selbst im (Winter-)Schlaf oder sogar über ihren Tod hinaus an Bäumen, Wänden und ähnlichen Oberflächen hängen bleiben. [1]
4. Ihr Winterschlaf dauert fünf Monate
Der Winterschlaf der Fledermäuse dauert von Anfang November bis Ende März, denn im Winter finden sie kein Futter. In diesen fünf Monaten senken die kleinen Tiere ihre Körpertemperatur auf fünf bis drei Grad Celsius, ihre Atmung verlangsamen sie bis zum 40-Fachen. Um möglichst wenig Wärme zu verlieren, verkriechen sich Fledermäuse in Ritzen und Spalten – in ihren Winterquartieren kuscheln sie sich oft eng an ihre Artgenossen. Viele Tiere hüllen sich auch in ihre Flughaut wie in einen Mantel.
Wenn die Umgebungstemperatur drastisch unter die Schlaftemperatur des Körpers sinkt, müssen Fledermäuse auf Kosten ihrer Fettreserven nachhelfen. Während des Winters verlieren sie dadurch bis zu 30 Prozent ihres Gewichts. Wenn Fledermäuse durch Störungen aus ihrem Winterschlaf geweckt werden, brauchen sie 30 bis 60 Minuten und sehr viel Energie, bis sie ihre Betriebstemperatur erreicht haben – auch hierfür werden ihre mühsam angefressenen Fettpolster verbraucht. Schrecken Fledermäuse also zu oft aus ihrem Winterschlaf auf, reichen möglicherweise ihre Reserven nicht mehr bis zum Frühjahr, sodass sie sterben. [2]
5. Fledermäuse sind überraschend klein
In Deutschland lebende Fledermausarten sind selten größer als fünf Zentimeter. Es gibt jedoch auch Arten wie die Australische Gespensterfledermaus mit einer Flügelspannweite von über einem halben Meter. Da Fledermäuse sich eher über ihr Gehör orientieren, haben viele Arten haben im Verhältnis zum Rest des Körpers sehr große Ohren. Ausnahmslos alle Arten haben auf dem Rücken ein dunkleres Fell als auf dem Bauch. Besonders ausgeprägt sind ihre Eckzähne, mit denen sie die Panzer ihrer Beuteinsekten aufbrechen können. [1]
6. Fledermäuse sind nicht aggressiv gegenüber Menschen
Prinzipiell sind Fledermäuse nicht angriffslustig, solange sie nicht bedroht werden. [1] Auch sonst geht von europäischen Fledermäusen keine große Bedrohung für uns Menschen aus: Der Großteil der Parasiten und Erreger, die sie verbreiten, sind harmlos oder nicht auf Menschen übertragbar. Vorsicht ist dennoch geboten: Fledermäuse können mit Tollwut infiziert sein. Die Krankheit überträgt sich durch Bisse, daher sollten beim direkten Kontakt – zum Beispiel in Notfällen – bissfeste Handschuhe getragen werden. Eine Übertragung auf tierische Mitbewohner wie Katzen und Hunden konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Fledermäuse beißen also nicht grundlos zu, nur in äußersten Gefahrensituationen. Blutsaugende Fledermausarten sind ausschließlich in Mittelamerika bekannt. Dort ernähren sie sich vom Blut anderer Säugetiere oder von Vögeln. [3]
7. Fledermäuse helfen Natur und Mensch
Fledermäuse sind unglaublich wichtig für unser Ökosystem: Sie fressen Insekten, bestäuben Blüten und verbreiten Samen. Davon profitieren auch wir Menschen: In einer Nacht kann eine Zwergfledermaus beispielsweise bis zu 1.000 Mücken verspeisen. Darüber hinaus stehen verschiedene sogenannte Getreideschädlinge auf ihrem Speiseplan. In den USA verhindern Fledermäuse schätzungsweise Ernteschäden in Höhe von fünf bis 65 Milliarden US-Dollar pro Jahr. [3]
8. Fledermausmütter ziehen gemeinsam ihren Nachwuchs groß
Fledermäuse paaren sich meist im Spätherbst, [2] manchmal wecken männliche Fledermäuse die Weibchen aber auch extra aus ihrem Winterschlaf. Die Befruchtung der Eizelle findet in jedem Fall erst nach Ende des Winterschlafs bei günstigerer Witterung statt. [1] Im April werden Fledermäuse wieder aktiver und sie suchen ihre Sommerquartiere. Je nach Art fliegen sie dorthin 200 bis 1.500 Kilometer – die Langohrfledermaus zieht im Gegensatz dazu nur vom Keller in den Dachboden. [2] Sobald die Nahrungssituation und das Wetter im Frühjahr günstig sind, kommt es zum Eisprung und der Befruchtung. Für die Geburt und Aufzucht schließen sich meist mehrere Fledermausweibchen einer Art zu einer Wochenstube zusammen. Nach etwa 50 Tagen kommt der Nachwuchs auf die Welt. Zu Beginn säugen die Mütter ihre Kinder, doch mit vier bis fünf Wochen beginnen die Kleinen, selbstständig Insekten zu jagen. Die Fledermausmänner verbringen diese Zeit meistens allein oder in Männchenkolonien.
9. Fledermäuse können bis zu 30 Jahre alt werden
Fledermäuse werden für ihre Körpergröße erstaunlich alt: Viele der Tiere haben eine Lebenserwartung von 20 bis 30 Jahren. [1] Es gibt zwar auch Arten wie die Zwergfledermaus, die durchschnittlich nur 2,5 Jahre alt wird, doch auch sie kann bis zu 16 Jahre alt werden. Ein Großes Mausohr erreichte nachweislich das Alter von 25 Jahren statt der durchschnittlichen Lebenserwartung von vier Jahren. Die hohe Differenz lässt sich darauf zurückführen, dass viele Fledermäuse keines natürlichen Todes sterben, sondern menschlichen Einflüssen zum Opfer fallen: dazu gehören der Verlust ihres Lebensraums oder auch Verkehrsunfälle. [2]
10. Fledermäuse gibt es seit über 50 Millionen Jahren
Seit mehr als 50 Millionen Jahren leben Fledermäuse auf der Erde. Sie gehören zu den ältesten Säugetierarten; weltweit gibt es mehr als 1.200 verschiedene Arten, die größtenteils in tropischen Klimazonen leben. [4] In Deutschland leben etwa 25 davon, die Arten der hier heimischen Fledermäuse reichen vom Abendsegler bis zur Zwergfledermaus – und sie alle sind gefährdet. Das Bundesnaturschutzgesetz schützt sie daher besonders: Bußgelder bis 65.000 Euro drohen Tierquälern, die Fledermäuse fangen, verletzen oder töten. [3]
Angst vor Fledermäusen als Überträger des Coronavirus
Seit das Coronavirus in Deutschland grassiert, befürchten manche Menschen, dass Fledermäuse die Krankheit übertragen könnte. Es gibt jedoch keine Belege dafür, dass die hier heimischen Fledermäuse Träger des Corona-Stamms sind, aus dem auch das SARS-CoV-2 stammt. Diese Krankheit wird ausschließlich von Mensch zu Mensch übertragen. [3]
Was Sie tun können
- Sollten Sie eine schlafende Fledermaus in Ihrem Garten oder Schuppen entdecken, lassen Sie das Tier am besten in Ruhe. Vor allem in den kalten Monaten sind die kleinen Tiere auf einen ungestörten Schlaf angewiesen.
- Wenn sich eine Fledermaus zu Ihnen in die Wohnung verirrt, schalten Sie einfach das Licht aus und öffnen alle Fenster – das Tier wird dann bald von alleine aus dem Zimmer heraus finden.
- Gestalten Sie Ihren Garten tierfreundlich: Insektenreiche Gärten bieten auch Wildtieren wie Fledermäusen, bestimmten Vogelarten und Igeln, die sich von Insekten ernähren, einen Lebensraum.
- Sollten Sie eine verletzte Fledermaus entdecken, empfiehlt es sich in jedem Fall, einen Experten aufzusuchen; die richtige Anlaufstelle in Ihrer Region finden Sie im Internet.
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Quellen
[1] Deutsche Wildtierstiftung: Fledermäuse, https://www.deutschewildtierstiftung.de/wildtiere/fledermaus, (eingesehen am 16.10.2020)
[2] NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.: Schlafen, bis der Frühling kommt, https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/fledermaeuse/wissen/24061.html, (eingesehen am 16.10.2020)
[3] BRISANT: Von wegen gefährlich“ Fledermäuse sind keine Viren-Schleudern, in: mdr.de, https://www.mdr.de/brisant/ratgeber/fledermaus-krankheiten-viren-gefaehrlich-100.html, (eingesehen am 16.10.2020)
[4] NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.: Heimische Fledermausarten im Porträt, https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/fledermaeuse/arten/index.html, (eingesehen am 16.10.2020)