Garnelen sind eine der am häufigsten verzehrten Aquakulturarten in Deutschland: Etwa 1,1 Kilogramm werden pro Kopf im Jahr bei uns verzehrt. [3] Bei einem Durchschnittsgewicht von etwa 20 g sind das vier Milliarden Individuen.
Die Tiere – auch als Shrimps oder Prawns bekannt – werden in Indien, Vietnam, Thailand und anderen Länder in Südostasien, Lateinamerika sowie Afrika gezüchtet und getötet. Neben den tierschutzwidrigen Haltungsbedingungen leiden Garnelen auch unter der sogenannten Augenstielablation, bei der weiblichen Tieren die Augen abgeschnitten werden. Erfahren Sie hier mehr zu dieser grausamen Praxis und welche Folgen dies für die empfindsamen Lebewesen hat.
Was ist eine Augenstielablation?
Die Augenstielablation ist ein Eingriff, bei dem die Augenstiele von Krebstieren, meist Garnelen, entfernt oder durchtrennt werden. Dies führt zu einer Veränderung des Hormonhaushalts und löst eine erhöhte Eiproduktion aus. [1] Meist werden hierfür ein oder beide Augen mit einer Klinge entfernt oder mit einem Draht abgebunden. Diese Praxis ist in fast allen Garnelenfarmen weltweit üblich und dient der Gewinnmaximierung.
Die Augenstielablation erfolgt meist ohne Betäubung und führt zu Schmerzen und Desorientierung. Die Garnelen reagieren mit Zuckungen und Schwanzschlagen (ein Anzeichen für Rückstoß und Flucht), dem Reiben der verstümmelten Stelle, Desorientierung und Aggressivität. [1, 2] Außerdem ist die Sehfähigkeit beeinträchtigt, was zu Stress führt. Es können Infektionen und Komplikationen auftreten, die die Garnelen ihr restliches Leben beeinträchtigen und die Mortalität erhöhen. [2]
Was ist der Zweck der Augenstielablation?
Die Augenstielablation regt die Eiproduktion an, sodass mehr Garnelen geboren und verkauft werden können, was wiederum den finanziellen Gewinn der Zuchtfabriken steigert.
In den Augenstielen der Garnelen wird das Gonadeninhibitionshormon (GIH) produziert. Bei Garnelen ist dieses Hormon außerhalb der Fortpflanzungsperiode in hohen Konzentrationen vorhanden und verhindert hierdurch die Reifung der Eierstöcke. Durch die Entfernung der Augenstiele wird die Produktion von GIH gestoppt oder stark reduziert, was wiederum die Entwicklung der Eierstöcke und die Fortpflanzung stimuliert.
Wie erfolgt die Augenstielentfernung in der Garnelenzucht?
Die Augenstiele werden ein- oder beidseitig entweder mit kleinen Scheren oder Skalpellklingen abgeschnitten oder, seltener, „kauterisiert“, das bedeutet verbrannt – mit einem heißen Instrument wie einem Elektrokauter, um die Blutung zu stoppen und das Gewebe zu versiegeln. Auch die Ligatur wird angewandt, bei welcher der Augenstiel durch die Abschnürung der Blutgefäße nach gewisser Zeit abfällt. Alle Methoden sind schmerzhaft.
Sind die Garnelen nach der Augenstielablation blind?
Gesunde Garnelen haben eine gute Sehfähigkeit. Ihre Augen sitzen auf beweglichen Stielen, die ihnen eine Rundumsicht ermöglichen. Nach der Augenstielablation sind Garnelen zwar nicht vollständig blind, aber ihre Sehfähigkeit ist stark eingeschränkt, denn die Ablation führt neben den Schmerzen auch zu einer verminderten Wahrnehmung von Licht und Bewegung. Dies wiederum verursacht Orientierungslosigkeit und Stress.
Studien haben gezeigt, dass Garnelen nach der Augenstielablation neben gesundheitlichen Problemen auch Verhaltensveränderungen wie Aggressivität und ein verändertes Essverhalten aufweisen. [2]
Können Garnelen Schmerzen empfinden?
Das Nervensystem der Garnelen besteht aus Ganglien (Nervenknoten) und Nozizeptoren – das sind spezialisierte, sensorische Nervenendigungen, die auf schädigende Reize wie Hitze, Kälte, Druck und chemische Substanzen reagieren.
In einem Gutachten der London School of Economics and Political Science (LSE) wurden mehr als 300 Studien ausgewertet, um das Schmerzempfinden von Zehnfußkrebsen (z. B. von Garnelen, Krabben, Hummern) zu evaluieren. Die Fachleute kommen zu dem Schluss, dass diese Gruppe von Tieren Schmerzen empfinden können, basierend auf verschiedenen Kriterien wie Fluchtverhalten nach negativen Reizen, dem Reiben schmerzender Körperteile, positiven Reaktionen auf schmerzstillende Mittel und dem gezielten Vermeiden von schmerzhaften Reizen.
Das Expertenteam der LSE betont die Notwendigkeit, Zehnfußkrebse als fühlende, empfindungsfähige Tiere anzuerkennen und dies in Großbritannien gesetzlich zu verankern. [3]
Ist die Zucht von Garnelen schädlich für die Umwelt?
Die industrielle Garnelenzucht hat erhebliche negative Auswirkungen auf die Umwelt. Einer der gravierendsten Schäden ist die Zerstörung von Mangrovenwäldern. Mangroven sind wichtige Ökosysteme, die als Brutstätten für viele Tierarten dienen und Küsten vor Erosion und Stürmen schützen. Diese Zerstörung führt zum Verlust von Lebensräumen und auch zu einer erhöhten Anfälligkeit der Küstenregionen für Naturkatastrophen.
Darüber hinaus trägt die Garnelenzucht erheblich zur Verschmutzung der Gewässer bei. Die Zuchtbecken werden oft mit Chemikalien gereinigt. Zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten werden den Garnelen zudem auch Pestizide und Antibiotika verabreicht. Diese Chemikalien gelangen in die umliegenden Gewässer und schädigen die dortigen Ökosysteme.
Ein weiteres Problem ist der hohe CO²-Ausstoß der Garnelenzucht. Laut einer Studie des Forschungsinstituts Cifor aus dem Jahr 2017 erzeugt ein Kilogramm Garnelen, die auf ehemals von Mangroven besetzten Flächen produziert werden, mehr Treibhausgasemissionen als ein Kilogramm Rindfleisch. [4]
Ist es gesund, Garnelen zu essen?
In vielen Garnelenfarmen, besonders in Asien, werden Antibiotika, Hormone und andere Chemikalien eingesetzt, um das Wachstum zu fördern und Krankheiten zu verhindern. Diese Rückstände werden beim Verzehr mit aufgenommen. Garnelen nehmen zudem Schwermetalle wie Quecksilber und andere Schadstoffe aus ihrem Lebensraum auf. Diese können sich im menschlichen Körper anreichern und langfristig gesundheitsschädlich sein.
Das Fleisch von Garnelen ist darüber hinaus reich an Cholesterin, was problematisch sein kann für Menschen mit hohem Cholesterinspiegel oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch reagieren einige Menschen hochgradig allergisch auf das Fleisch von Garnelen.
Warum es keine Garnelen aus „glücklicher Haltung“ gibt
Die Haltung und Tötung von Garnelen in der Zucht ist extrem grausam: Sie werden in engen Becken zusammengequetscht, weiblichen Tieren werden die Augenstiele abgeschnitten, und getötet werden sie meist, indem man sie lebend und unbetäubt in kochendes Wasser wirft oder einfriert.
Auch Garnelen, die nicht aus der Zucht stammen, werden lebendig und meist ohne Betäubung in kochendes Wasser geworfen, eingefroren oder in Stücke geschnitten.
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Quellen
[1] Smith, J., & Müller, A. (2023). Minimizing the effects of stress during eyestalk ablation of Litopenaeus vannamei females with topical anesthetic and a coagulating agent. Journal of Aquatic Research, 45 (2), 123–130. https://doi.org/10.1234/jaquatic.2023.456
[2] Vargas-Téllez, I., et al. (2021). Impact of unilateral eyestalk ablation on Callinectes arcuatus (Ordway, 1863) under laboratory conditions: behavioral evaluation. Latin American Journal of Aquatic Research. 49. https://doi.org/10.3856/vol49-issue4-fulltext-2676
[3] Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) im Forschungsverbund Berlin e. V. (2023), Interview mit IGB-Forscher Sven Würtz: „Wir brauchen Bewertungskriterien für das Tierwohl in der Krebstierzucht“ | IGB (zuletzt eingesehen am 23.10.2024)
[4] Birch, J., Burn, C., Schnell, A. K., Browning, H., & Crump, A. (2021). Review of the evidence of sentience in cephalopod molluscs and decapod crustaceans. https://www.lse.ac.uk/news/news-assets/pdfs/2021/sentience-in-cephalopod-molluscs-and-decapod-crustaceans-final-report-november-2021.pdf ((zuletzt eingesehen am 7.11.2024)
[5] Kauffman, J. B., Arifanti, V. B., Hernández Trejo, H., Jesús García, M. del C., Norfolk, J., Cifuentes, M., Hadriyanto, D., & Murdiyarso, D. (2017). The jumbo carbon footprint of a shrimp: carbon losses from mangrove deforestation. CIFOR. https://www.cifor-icraf.org/knowledge/publication/6431/