Heidemark: Verletzte, kranke und tote Puten bei Geflügelzüchter

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2011 und 2013 zeigten wir von PETA Deutschland die grausame Realität in der Putenmast bei Heidemark, einem Zulieferer von Aldi Süd, Lidl und HoWe (Uli Hoeneß), auf. Auf umfangreichem Videomaterial aus mehreren Putenmastbetrieben in ganz Deutschland war zu sehen, wie die Puten geschlagen, getreten, auf Laster geworfen und brutal an das Schlachtband gehängt wurden. Die Ermittlungen zeigen die systemimmanente Tiermisshandlung in der Putenmast.

Obwohl in Deutschland jedes Jahr über 30 Millionen Puten gemästet und getötet werden, existieren keine gesetzlich verbindlichen Richtlinien und Verordnungen für diese Tiere, die sie vor den schlimmsten Misshandlungen schützen könnten.

Die Ermittlung im Detail

Nach den Recherchen aus den Jahren 2006/2007 im Fall Schöning, den 2010 aufgedeckten Umtrieben im Geschäftsfeld der ehemaligen Landwirtschaftsministerin von Niedersachsen, Astrid Grotelüschen, dem Wiesenhof-Skandal 2011 und der brutalen Tötung von Puten in einem niedersächsischen Putenmastbetrieb im Jahr 2012 konnten wir 2013 umfangreiches Videomaterial über Heidemark veröffentlichen.

  • Tierquälerei in der Mast

    Recherchen in einem typischen Putenmastbetrieb mitten in Deutschland: Zwei Ställe von je 100 x 19 Metern mit jeweils 8.000 Putenhennen. Fünf Monate wurde ein Betrieb dokumentiert, der den Großteil dieser Puten an den Heidemark-Schlachthof in Ahlhorn liefert.

    Putenmast Heidemark

    Es fanden sich in den Heidemark-Betrieben viele verletzte, kranke und tote Tiere – nicht nur in der Krankenbucht, sondern auch im normalen Stallbereich. Auf dem Hof lagen zwei tote Puten zwischen Stall und angrenzendem Feld und verwesten langsam. Es fiel direkt ins Auge, dass Hygienevorrichtungen fehlten. Sogenannte Kadavertonnen waren nur sporadisch vorzufinden. Einige Puten hatten großflächige Verletzungen, sie konnten kaum mehr laufen und sich somit wohl auch keinen Zugang mehr zu Trinkwasser und Nahrung verschaffen. Zwischen den Puten lagen auch immer wieder tote Tiere, die deformierte Glieder, gerupftes Gefieder und zertrampelte, eingefallene Körper aufwiesen. Wie lange sie dort bereits tot lagen, und wie lange ihr erbitterter Kampf ums Überleben gedauert hat, weiß keiner genau, doch etliche waren bereits stark verwest.

    In Putenhahn-Mastbetrieben sind durchschnittliche „Verluste“ von 8 bis 10 Prozent pro Mastdurchlauf bei Hähnen mit einkalkuliert, dies bedeutet den Tod mehrerer tausend Tiere bereits in den Mastställen.

  • Tierquälerei beim Transport

    Heidemark hatte ein Transportsystem für die Puten entwickelt, welches aus unserer Sicht erhebliche Risiken für das Tierwohl birgt und deshalb zu einer Anzeige geführt hat. Um noch mehr Puten „in einem Schwung“ transportieren zu können, wurden unter Einbeziehung der Nutzfahrzeugbauer Aschwege und Tönnies neue Transporter gebaut. Bei diesen fehlte beispielsweise der Lüftungstunnel in der Mitte der Transporter, er wurde durch vier senkrechte Lüftungsklappen vorne und hinten am Fahrzeug ersetzt.

    Tiertransport Heidemark

    In einer Nacht wurden tausende Puten in die Transporter getrieben, geworfen, geschlagen, getreten und gestopft. Die Geflügelgreifer packten die Puten grob und rücksichtslos in enge Käfige des Transporters. Heidemark setzte offenbar zunehmend neue Transporter ein, die noch mehr Tiere auf einmal transportieren können. Die Arbeiter schleuderten die Tiere regelrecht in die Boxen hinein, was durch das Tierschutzgesetz eigentlich verboten ist und sicherlich zu zahlreichen Verletzungen führte. Einige Puten lagen leblos auf dem Boden und wurden zurückgelassen, da die Arbeiter davon ausgehen, dass sie bereits tot sind.

    Tiertransport Heidemark

  • Tierquälerei am Schlachthof

    Vor dem Schlachthof standen mehrere Putentransporter stundenlang mit den eingezwängten Tieren. Dank tagelanger Kameraüberwachung konnten wir nachweisen, dass einige Putentransporter über viele Stunden dort warten mussten. Das Ausladen verlief ähnlich rabiat wie das Einladen. Die Puten wurden von Arbeitern aus den Käfigen gerissen und an das Schlachtband gehängt. Dies geschah – völlig legal – bei vollem Bewusstsein der Puten.

    Schlachthof Heidemark

  • Antibiotika-Einsatz

    In den beiden Ställen waren etwa 20 Prozent der Fläche mit ca. zwei Zentimeter hohen feuchten Exkrementen bedeckt. Die Füße der Putenhennen versanken darin. Die hygienischen Bedingungen sind katastrophal. Einige Tiere haben blutverkrustete Köpfe, sind blind oder weisen Körperdeformationen auf. Wenn ein Tier krank ist, erfolgt in der Geflügelmast fast niemals eine individuelle tierärztliche Behandlung – den Tieren wird stattdessen Antibiotika über das Trinkwasser verabreicht. Einzelnen todkranken Puten bricht man das Genick, oder man lässt sie im schlimmsten Fall einfach langsam sterben.

    Das Verabreichen von Antibiotika hat den, wahrscheinlich sogar erwünschten, Nebeneffekt der Leistungssteigerung. Auch wenn Antibiotika als Mastfördermittel längst in Europa verboten sind, bietet sich häufig eine Gelegenheit, um sie zum Einsatz kommen zu lassen. Auch wurden unsachgemäß gelagerte Medikamente gefunden, beispielsweise Aviapen, Tylosin, Colipur oder Ampicillin.

  • Puten leiden unter ihrer Qualzucht

    Beinschwächen, Herz- und Kreislauferkrankungen, ansteckende Krankheiten, gekürzte Schnäbel, hängende Flügel oder Fehlstellungen der Gliedmaße zeigen, was die widrigen Umstände für das Leben der Puten bedeuten. Die gemästeten Puten gehörten der Rasse B.U.T. 6 an, eine auch nach wissenschaftlicher Auffassung reine Qualzuchtrasse.

    Putenmast Heidemark

Heidemark beliefert Aldi Süd,Puten

Die so gemästeten, gequälten, transportierten und geschlachteten Puten gelangten dann zu großen Teilen (Heidemark führte in Ahlhorn auch noch Lohnschlachtungen für andere Vermarktungslabels durch) in verschiedenen „Produkt“-Formen zu Aldi Süd, Lidl, Lufthansa, in den Schweizer Handel, zur Zur Mühlen Gruppe („Böcklunder“, heute zu Tönnies gehörend) und an die Wurstfabrik HOWE, ein Unternehmen der Hoeneß-Familie. Verbraucher sehen diese Puten dann beispielsweise als Bruzzelkracher von HOWE oder als Putenspezialitäten bei Lidl und Aldi Süd verpackt.

PETAs Strafanzeige gegen Heidemark-Betriebe

Die Staatsanwaltschaft Oldenburg führte nach unserer Anzeige 2013 ein Strafermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz.

Im August 2014 bestätigten sich die Vorwürfe in beiden Heidemark-Betrieben. Das zuständige Veterinäramt fand Monate nach der Recherche im Betrieb von Fritz D. – einem Mäster, der mit dem Motto „Alles aus Gottes Hand“ wirbt – ähnlich schlimme Zustände:

„Bei der Überprüfung wurden mehrere kranke und festliegende, sowie verletzte Puten festgestellt. Teilweise hätten diese aus tierschutzrechtlichen Gründen schon getötet werden müssen.“

Das Amtsgericht Langenburg verurteilte den Mäster, doch das Verfahren wurde im Februar 2015 unter der Bedingung eingestellt, dass Fritz D. ein Bußgeld von 450 Euro an eine gemeinnützige Organisation zu zahlen hat. Auch das Verfahren gegen Landwirt Klaus E. aus Garrel, einem weiteren Putenmäster von Heidemark, wurde im August 2015 gegen Zahlung einer Geldbuße von 1.200 Euro eingestellt.

Der schon anderweitig auffällig gewordene Albert V. erhielt ein langjähriges Tierhalteverbot vom Landkreis Cloppenburg. Da der Mäster vom Landgericht Oldenburg wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung und des versuchten Totschlags rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten auf Bewährung verurteilt wurde, unterblieb eine zusätzliche Verurteilung wegen dieser Tierquälerei.

Im Juli 2015 wurde auch Putenmäster Dirk B. aus Großenkneten angezeigt. Der von der Staatsanwaltschaft Oldenburg wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz beantragte Strafbefehl gegen den Beschuldigten wurde rechtskräftig und Dirk B. zu 30 Tagessätzen à 40 Euro auf zwei Jahre Bewährung und einer Geldauflage von 1.000 Euro verurteilt. Hinzu kommen mehrere Geldbußenauflagen gegen Heidemark-Mäster und Ausstaller.

Trotz der engen Verbindung mit den Putenmastbetrieben heuchelte Heidemark 2011 gegenüber dem Landgericht Hamburg: „Die Antragstellerin (Heidemark, Anm. d. Verf.) distanziert sich mit allem Nachdruck und ausdrücklich von Haltungs- und Mastbedingungen, wie sie auf den Videoaufnahmen zu sehen sind, die vom Antragsgegner (PETA, Anm. d. Verf.) verbreitet werden.“

Bei den Ausstallungspraktiken hat Heidemark mittlerweile nachgebessert: Vielfach werden jetzt Maschinen eingesetzt, die bei richtiger Anwendung schonender mit den Tieren umgehen, da das händische Greifen und Werfen wegfallen.

Was Sie tun können

Es geht hier nicht um einen Einzelfall in diesen Betrieben, es geht um die systemimmanente Tierquälerei in der Putenmast. Die Haltungs- und Mastbedingungen in Putenbetrieben sind überall ähnlich, die Tiere leiden extrem, vor allem im letzten Drittel der Mastperiode, da ihr Gewicht dann immer schwerer wird und Krankheiten zunehmen, während der Platz im Stall für das einzelne Tier immer geringer wird.

Bitte kaufen Sie daher niemals das Fleisch von Puten oder anderen Tieren, sondern setzen Sie auf tierfreundliche vegane Fleischalternativen.