Das Franz-Groedel-Institut Bad Nauheim, eine klinikeigene Forschungseinrichtung der renommierten Kerckhoff-Klinik und ein Zentrum der Herz-Kreislauf-Forschung, hat jahrelang systematisch illegale Tierversuche durchgeführt. Das belegen u.a. Berichte des Regierungspräsidiums (RP) Darmstadt und langwierige Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Gießen. Es handelt sich dabei um schwerste Verstöße gegen das deutsche Tierschutzgesetz, die nie zur Verurteilung gelangt sind. Die Experimentatoren kauften sich mit einer Gesamtgeldbuße von 72000 Euro, ausgezahlt an 15 karitative Organisationen, frei. Die Ahndung weiterer Ordnungswidrigkeiten scheiterte an der Verjährung.
Die Verfahrensbeendigung erfolgte ungeachtet der Proteste des Regierungspräsidiums Darmstadt. Dieses befürwortete die Einstellung des Verfahrens trotz der enorm hohen Geldbuße nicht.
- Das RP Darmstadt lehnte beispielsweise mehrfach einen besonders grausamen Versuch zur sog. „stressinduzierten Kardiomyopathie“ ab. Trotzdem wurde er regelmäßig durchgeführt – und das ohne Genehmigung! Dabei wurden Mäuse radioaktiver Strahlung ausgesetzt, an 7 aufeinanderfolgenden Tagen für jeweils 150 Minuten auf dem Rücken fixiert (Stress-Immobilisation) und anschließend getötet. Für Mäuse, die bekanntermaßen Fluchttiere sind, bedeutet dies unvorstellbare Qualen.
- Zahlreiche Experimente an Mäusen und auch Schweinen wurden durchgeführt, bevor für diese überhaupt eine Genehmigung vorlag. Hier stand klar die Profitgier der „Forscher“ der Kerckhoff-Klinik im Vordergrund, die ihren Drang nach Ruhm, Publikationen und Erfolg sowohl über das Gesetz als auch über das Wohl der Tiere stellten.
- Häufig wichen die Durchführungen der Versuche enorm von der genehmigten Versuchsanordnung ab und setzten die Tiere einer wesentlich höheren Belastung aus. In Stress-Experimenten wurde beispielsweise die 10-fache Dosis von der offiziell genehmigten Menge an Isoproterenol (Adrenalin-ähnliche Substanz zur Steigerung der Herzfrequenz) eingesetzt. Außerdem wurden unzulässige Zugangswege für Injektionen gewählt, die für die Tiere wesentlich mehr Stress und Schmerzen bedeuteten als ursprünglich vorgesehen. Entgegen der genehmigten Anordnung wurden in einigen Experimenten zudem weitaus mehr Tiere eingesetzt und getötet.
- Die Euthanasie der sog. „Versuchstiere“ wurde zum Teil durch Doktoranden und andere, nicht befugte Labormitarbeiter durchgeführt, anstatt – wie vorgeschrieben – von der zuständigen Tierärztin Frau Dr. Sandra V.. Dadurch sollen Tiere häufig noch am Leben gewesen sein, wenn sie aufgeschnitten wurden.
- Offiziell übermittelte Zahlen der „Ausfälle“ (Todesfälle) bei sog. „Aorta-banding & -debanding“-Experimenten sollen regelmäßig gefälscht worden sein; statt 10-20 % der angegebenen, nicht überlebenden Tiere sollen es in Wahrheit mindestens 80 % gewesen sein.
Diese und weitere schwerwiegende Verstöße gegen das Tierschutzgesetz wurden in der Arbeitsgruppe „Experimentelle Kardiologie“ des Franz-Groedel-Instituts unter der Leitung von Prof. Dr. Helge M. und Prof. Dr. Holger N. bis 2012 begangen. Sie sind nach wie vor in der Forschung tätig. Beteiligt waren auch die Veterinärmedizinerin Dr. Sandra V. und Vivisektor Dr. Christian T., der trotz der nachgewiesenen Tierquälerei in der Abteilung bis heute als Laborleiter in dieser tätig ist.
Zwar haben sich die Verantwortlichen gegenüber dem Regierungspräsidium Darmstadt verpflichtet, keine derartigen Tierversuche mehr durchzuführen, jedoch dürfte diese Einschränkung ganz einfach zu umgehen sein, indem rein strategisch andere namhafte Wissenschaftler als offizielle Versuchsleiter und Antragsteller vorgeschoben werden. So sollen auch Tierversuche in andere Arbeitsgruppen ausgelagert worden sein. Über Kontrollen des zuständigen Veterinäramtes ist nichts bekannt.
Träger der Kerckhoff-Klinik, die das Franz-Groedel-Forschungsinstitut ins Leben gerufen hat, sind das Max-Planck-Institut Bad Nauheim, die Stadt Bad Nauheim und das Land Hessen. Nicht zum ersten Mal taucht das Max-Planck-Institut (MPI) im Zusammenhang mit illegalen und besonders grausamen Tierversuchen auf. Die Wissenschaftler des MPIs und des Franz-Groedel-Instituts arbeiten eng zusammen und sind sogar in ein und demselben Gebäude untergebracht.
Eine Geldbuße ist in diesem Zusammenhang nicht genug – die Experimentatoren hätten in einer öffentlichen Verhandlung verurteilt und vom Wissenschaftsbetrieb ein für alle Mal ausgeschlossen werden müssen.
Was Sie tun können
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