Neben Kleidung aus Merinowolle, Kaschmir oder Angora werden auch Produkte aus Kamelhaar angeboten. Den wenigsten Käufer:innen ist dabei bekannt, dass auch Kamele in den Herkunftsländern häufig unter qualvollen Haltungsbedingungen und täglichen Misshandlungen leiden.
Weshalb Sie mit dem Kauf von Decken und Kleidung aus Kamelhaar mit hoher Wahrscheinlichkeit Tierleid finanzieren, erfahren Sie hier.
Was kann man aus Kamelhaar machen?
Als Wüstentiere sind Trampeltiere bzw. Kamele und Dromedare an starke Temperaturschwankungen angepasst. Ihre Haare müssen daher sowohl wärmend als auch kühlend sein, um die Minusgrade bei Nacht gegenüber der sengenden Hitze von bis zu 60 Grad Celsius bei Tag ausgleichen zu können.
Um diese – für das Kamel überlebenswichtigen – Eigenschaften für den menschlichen Gebrauch zu nutzen, werden Kamelhaare in Form von Bettdecken oder Toppern, sprich Matratzenauflagen im Handel angeboten. In der Bekleidungsindustrie wird Kamelhaar vor allem zu Männerkleidung wie Kamelhaar-Mäntel, Pullover, Strickjacken und Mützen verarbeitet.
Woher kommt Kamelhaar für Bettdecken?
Die in der Industrie verarbeiteten Kamelhaare stammen von dem baktrischen Kamel, das vorwiegend auf dem asiatischen Kontinent, genauer im Westen Chinas und der Mongolei gehalten wird. [1] Dromedare, deren Haare ebenfalls in Kleidung und Decken verwendet werden, stammen meist aus Afrika und Vorderasien. [1] Produkte aus Kamelhaaren stammen somit nicht von wildlebenden, sondern von domestizierten Tieren, die in menschlicher Gefangenschaft gehalten werden und in der Regel einen Nutzen erfüllen müssen.
So werden die Trampeltiere neben der Wollproduktion in der Regel auch gleichzeitig für andere Zwecke wie das Pflügen, die Produktion von Muttermilch oder den Personentransport ausgebeutet. Bei letzterem zeigen erschreckende Aufnahmen von PETA Asien, wie Kamele für das touristische Reiten mit Stöcken blutig geschlagen und gefesselt werden. Weltweit werden für derartige menschengemachte Zwecke 35 bis 40 Millionen Kamele in Gefangenschaft gehalten und ausgebeutet. Die einzig bekannte Art wildlebender Kamele (Camelus Ferus) ist hingegen fast ausgestorben und umfasst lediglich eine Populationsgröße von knapp 1000 Tieren. [4, 5]
Wie wird Kamelhaar gewonnen?
Wie Schafe haben Kamele zwei Arten Haar – ein Außenfell, das eher grob und lang ist und die überlebenswichtige Aufgabe hat, sie vor den Elementen und Schmutz zu schützen sowie ein weicheres, feineres Unterfell. Um Textilien daraus herzustellen, wird den Kamelen das Haarkleid entweder während des natürlichen Fellwechsels ausgekämmt, geschoren oder eingesammelt. Das ist problematisch, denn ihr Fell isoliert die Kamele gegen eindringende Wärme und verringert die Verdunstung von Wasser über die Haut. Als Folge der Schur müssen Kamele mit geschorenem Fell etwa 50 Prozent mehr Wasser aufnehmen als ungeschorene Kamele. [6, 7] In der harschen Umwelt, in der Kamele meist leben, kann die Schur im Zweifelsfall über Leben und Tod entscheiden. Vor allem in Zeiten, in denen Trinkwasser auf der ganzen Welt immer knapper wird.
Kamelhaar stammt vor allem von erwachsenen Tieren. Jedoch bietet der Markt auch Produkte aus Babykamelhaar an, also Jacken, Mäntel, Decken und Garn aus dem Haar von Tierkindern. Kamelhaar wird dabei gerne als „tierfreundlich“ verkauft, da – anders als die meisten Tiere in der Wollindustrie – Kamele ihr Fell in der Natur noch immer durch den Fellwechsel verlieren. Die Industrie malt hierbei das idyllische Bild einer friedlichen Herde, bei der den Tieren einfach die Haare ausfallen und Arbeiter:innen diese dann aufsammeln, sortieren und reinigen. [1] Verschwiegen wird, dass die Tiere gleichzeitig noch zu anderen Zwecken gehalten werden und hierfür meist geschlagen und misshandelt werden.
Während die längeren und steiferen Haare Grannenhaar genannt und für Teppiche verwendet werden, wird das feinere Flaumhaar aus dem Unterfell häufig zu Kleidung verarbeitet. Da die Verarbeitung von Kamelhaar als aufwendig gilt, wird diese häufig mit Schurwolle von Schafen vermischt.
Warum sind Bettdecken und Kleidung aus Kamelhaar Tierquälerei?
Es ist leider zu kurz gedacht, anzunehmen, dass Produkte aus Kamelhaar kein Tierleid bedeuten. In den meisten Ländern, in denen Kamele gehalten werden, gibt es keine wirksamen Tierschutzgesetze, die Tiermisshandlung bestrafen und die Schur bzw. das Ausrupfen der Haare während des Fellwechsels kontrollieren. Undercover-Recherchen belegen immer wieder, wie Ziegen, Schafe und Kaninchen bei der Schur mit den scharfen Klingen geschnitten werden und panisch schreien.
Die Kamele, von denen die verwendeten Haare stammen, werden in der Regel zudem häufig als sogenannte Last- und Zugtiere sowie beim Kamelreiten als fragwürdige Urlaubsattraktion für Tourist:innen missbraucht. Sie müssen bei sengender Hitze ohne Schatten, Wasser und Nahrung ausharren und teils Menschen auf ihren Rücken tragen, die sie treten oder deren Gewicht zu viel Belastung für ihren Rücken ist. Wollen die Tiere eine Pause machen, treiben Kamelführer:innen sie mit Peitschen- und Stockschlägen zum Weiterlaufen an. Viele Kamele brechen regelmäßig unter der Last zusammen.
Tierleid bei der Haltung und Zucht von Kamelen
Abhängig davon, für welchen Zwecke die Tiere ausgebeutet und in welchen Ländern und Regionen sie gehalten werden, unterscheidet sich die Haltung und Herdengröße der Tiere teils stark. Es gibt sowohl nomadische Haltungsformen, bei denen die Züchter:innen mit einer kleinen Gruppe von Tieren von Standort zu Standort ziehen, aber auch fest installierte, intensive Haltungsformen in geschlossenen Räumen – sowie jede Menge Variationen dazwischen.
Wer denkt, die nomadische Kamelhaltung in kleinen Gruppen sei automatisch tierfreundlich, irrt jedoch gewaltig. Die Tiere leiden bei allen Haltungsformen. Bei Nomaden mangelt es meist an Infrastruktur, tiermedizinischer Versorgung, Nahrung und Wasser. In intensiven Haltungsformen können die Tiere hingegen ihr natürliches Verhalten nicht ausleben oder sind einem höheren Infektionsrisiko und mangelnder Bewegungsfreiheit ausgeliefert. Eines haben die Tiere aller Haltungsformen gemeinsam: Sie werden auf spezielle Eigenschaften hin gezüchtet, tagtäglich ausgebeutet und ihr Leben wird in der Regel gewaltsam durch Menschen beendet.
Kamele nach langen Transporten gefesselt, verstümmelt und qualvoll getötet
In vielen Ländern, in denen Kamele gehalten werden, gibt es keine oder nur unzureichende Gesetze zum Schutz von Tieren. Die Haltung und Tötung der Kamele lässt somit viel Raum für Misshandlungen. Wie bei fast allen sogenannten Nutztieren endet auch das Leben von Kamelen immer mit einer gewaltsamen Tötung im Schlachthof. Der Kauf eines jeden Kamel-Produktes – auch von ihrer Wolle – trägt zum Erhalt dieses tödlichen und gewaltsamen Kreislaufes bei.
Um den nächsten Schlachthof zu erreichen, erleiden Kamele häufig beschwerliche und stressige Langstreckentransporte, bei denen sie zum Teil mit Kränen von den Fahrzeugen gehievt werden. Betäubungsmethoden werden bei den Tötungen kaum angewendet. [8] In Äthiopien werden Kamele beispielsweise getötet, indem man sie gewaltsam in die Hocke zwingt, ihre Beine fesselt und ihnen anschließend – meist ohne vorherige Betäubung – die Kehle durchtrennt; in einigen Regionen wird den Tieren auch die Achillessehne durchgeschnitten, um sie bewegungsunfähig zu machen. Eine Studie, die Schlachthöfe in Ost-Äthiopien unter die Lupe nahm, kam zu dem Ergebnis, dass etwa 89 Prozent der Kamele in den Schlachthäusern in einem gesundheitlich besorgniserregenden Zustand waren. [9]
Was ist schlimmer: Schurwolle, Daunen oder Kamelhaar?
Der Gedanke, das Leid eines Lebewesens gegen das eines anderen aufwiegen zu wollen, ist speziesistisch. Beim Speziesismus handelt es sich um die missbräuchliche und herabwürdigende Denkweise, der Mensch sei mehr wert als andere Arten. Das ist jedoch falsch.
Alle Tiere haben – genau wie wir Menschen – als fühlende Lebewesen ein Recht auf ein unversehrtes, selbstbestimmtes Leben nach ihren ganz eigenen Bedürfnissen. Kein Vogel will für Kleidung die Federn herausgerupft bekommen, genauso wie Schafe, Ziegen, Kaninchen und andere Tiere nicht unter Stress fixiert und geschoren werden wollen, um aus deren Haaren Profite zu schlagen. Auch Kamele sind nicht dafür da, für den menschlichen Nutzen ausgebeutet und missbraucht zu werden – das beinhaltet auch die Verwendung ihrer Haare.
Kamelhaare bergen Gefahr für den Ausbruch von Zoonosen
Die Produktion von Textilien aus Kamelhaar verursacht aber nicht nur Tierleid: Forscher:innen warnen vor der hohen Zoonose-Gefahr, die von der zunehmenden intensiven Zucht von Kamelen ausgehen könnte. Zahlreiche zoonotische Pathogene wie das MERS-CoV, Brucellose, Rifttalfieber oder Kamel-Echinokokkose können über Kamele verbreitet werden. Obwohl bisher lediglich die Infektion mehrerer Menschen im Iran mit der Zoonose Cryptosporidium spp. auf einen direkten Mensch-Kamel-Kontakt zurückgeführt werden konnte, sind Zoonosen bei Kamelen bisher kaum untersucht worden.
Forschende gehen jedoch von einer großen Gefahr für die öffentliche Gesundheit aus. [3, 10, 11] Sicher ist, dass jeder Kauf von Kamelhaar-Ware und anderer tierischer Produkte dazu beiträgt, dass noch mehr Kamele gezüchtet werden und somit die Gefahr steigt, dass durch den intensiven Mensch-Tier-Kontakt in den wachsenden Tierbeständen neue lebensbedrohliche zoonotische Erkrankungen wie Covid-19 entstehen.
Vegane Kleidung kaufen und Tierleid verhindern
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