Kaninchen gehören neben Hunden und Katzen zu den beliebtesten tierischen Mitbewohnern in Deutschland. Während das Thema Qualzucht bei Hunden und Katzen längst bekannt ist, wissen nur wenige Menschen, dass dieses Problem auch bei Kleintieren wie Kaninchen besteht. Denn wenn Zuchtziele verfolgt werden, führt dies oft zu Qualzuchten – unabhängig von der Tierart. Die Leidtragenden sind dabei immer die gezüchteten Tiere.
Hier finden Sie die wichtigsten Infos zu Qualzuchten bei Kaninchen und erfahren, warum die Tiere unter der Zucht leiden.
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Was gibt es für „Kaninchenrassen“?
Es gibt zahlreiche „Kaninchenrassen“, die sich in Größe, Fellstruktur und Farbe unterscheiden. Dabei werden Tiere oftmals auf äußere Merkmale reduziert, die gesundheitliche Probleme verursachen können. Sie werden in verschiedenen Kategorien zusammengefasst:
Kaninchen werden nach ihrer Größe, Fellbeschaffenheit oder sonstigen Merkmalen wie Schlappohren in „Rassen“ eingeteilt, darunter:
- Kleine „Rassen“ wie Farbenzwerge oder Hermelin – leiden oft unter Zahnproblemen.
- Mittlere „Rassen“ wie Zwergwidder – Schlappohren führen oft zu Ohrenentzündungen.
- Große „Rassen“ wie der Französische Widder und der Deutsche Riese – leiden oft unter Gelenkproblemen.
- Langhaarige „Rassen“ wie Angorakaninchen – die intensive Fellpflege kann die Tiere enorm stressen.
- „Rassen“ mit besonderer Haarstruktur wie Rex- oder Satinkaninchen – Rex fehlen wichtige Tasthaare zur Orientierung, Satin leiden oft unter Zahnerkrankungen.
- Weitere „Rassen“ wie Löwenkopfkaninchen und Harlekin.
Jedes individuelle Tier hat seine eigenen speziellen Bedürfnisse und Eigenschaften, die bei der Haltung und Pflege berücksichtigt werden müssen. „Kaninchenrassen“ mit Qualzuchtmerkmalen benötigen oftmals umfassende Pflege und können hohe Tierarztkosten verursachen. Außerdem leiden die Tiere häufig massiv unter den Qualzuchtmerkmalen im Alltag.
Kaninchen und andere Tiere sollten nicht nach optischen Merkmalen ausgewählt werden. Viel wichtiger ist der individuelle Charakter eines Tieres. Tiere sind keine Ware – kaufen Sie daher bitte niemals Tiere bei Züchter:innen und im Zoohandel. Im Tierheim warten unzählige Kaninchen auf ein neues Zuhause. Zucht und Handel verstärken dieses Problem und führen zu massivem Tierleid.
Ist die Zucht von Kaninchen unethisch?
Die Zucht von Kaninchen ist unmoralisch, da Tiere fühlende Lebewesen und keine Ware sind:
- In der Zucht geht es um maximale Profite, hinter denen das Wohl der Tiere immer zurücksteht.
- Züchter:innen „produzieren“ Tiere mit bestimmten Merkmalen, die sich gut verkaufen lassen – auch wenn das mit schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen und Leiden der Tiere verbunden ist.
- Zudem sind viele Tierheime überfüllt mit Kaninchen und anderen Tieren, die auf ein neues Zuhause warten. Die Zucht verschärft dieses Problem, da die Nachfrage nach gezüchteten Tieren die Chancen der in Tierheimen wartenden Tiere auf eine Adoption verringert. Jährlich suchen tausende Tiere aus deutschen Tierheimen ein neues Zuhause.
Menschen, die Tiere bei Züchter:innen kaufen, informieren sich oft nicht ausreichend über die Ansprüche, Pflege und Kosten, die mit der Haltung von Kaninchen verbunden sind. Dies führt dazu, dass viele dieser Tiere letztlich in Tierheimen landen oder ausgesetzt werden, wenn die Halter:innen feststellen, dass sie mit der Verantwortung überfordert sind.
Was ist eine Qualzucht bei Kaninchen?
Qualzuchten bei Kaninchen beziehen sich auf die absichtliche Zucht von Tieren mit bestimmten körperlichen Merkmalen, die ästhetisch oder kommerziell attraktiv sind, aber erhebliche gesundheitliche Probleme und Leiden für die Tiere verursachen. Diese Zuchtpraktiken zielen oft darauf ab, extreme Merkmale zu fördern, die entweder nicht natürlich vorkommen oder durch Übertreibung bestimmter Eigenschaften entstehen: Dazu gehören beispielsweise:
- Schlappohren: „Rassen“ wie das Widderkaninchen haben oftmals extrem lange Ohren, die zu Verletzungen und Infektionen neigen. Auch die Kommunikation mit Artgenossen und das Sichtfeld ist eingeschränkt.
- Eine außergewöhnliche Fellfärbung: „Rassen“ wie beispielsweise das Albinokaninchen sind oftmals taub. Gescheckte Kaninchen leiden oft unter einem erweiterten Dickdarm (Mega Colon), welcher zu Verstopfungen und Haarballenansammlungen im Magen-Darm-Trakt führen kann.
- Zwergwuchs: Zwergkaninchen oder Kaninchen mit sehr kleinen Köpfen (brachycephale „Rassen“) können Atemprobleme und Zahnfehlstellungen haben, die die Nahrungsaufnahme erschweren und zu Schmerzen führen können.
- Veränderte Haarstruktur: „Kaninchenrassen“ wie die Rexkaninchen haben gekräuselte Tasthaare, die die Orientierung erschweren, zudem entwickeln sie oftmals Ballenentzündungen (Pododermatitis) aufgrund der speziellen Haarstruktur.
Viele Menschen empfinden ein außergewöhnliches Aussehen bei sogenannten Haustieren als besonders süß oder niedlich. Dabei sind diese Zuchtmerkmale oftmals mit Tierleid verbunden und führen nicht selten zu schwerwiegenden Krankheiten.
Warum sind Qualzuchten bei Kaninchen problematisch?
Neben genetisch angezüchteten Krankheiten beeinflusst die Zucht oftmals auch das Verhalten der Tiere. Ein stark verändertes Aussehen, beispielsweise aufgrund einer züchterisch veränderten Körperform oder Fellfärbung, kann die gegenseitige Kommunikation der Tiere beeinträchtigen und zu Aggressionen und Angst führen. Eigentlich sind Kaninchen sehr gesellige Lebewesen, die in sozialen Verbänden und Strukturen leben und auf unterschiedlichste Weise miteinander interagieren.
Einige Menschen wollen Lebewesen in bestimmten Formen und Farben. Um den ästhetischen Idealvorstellungen von Menschen zu genügen und bei Zuchtausstellungen Auszeichnungen zu erlangen, werden den Tieren zunehmend unnatürliche Merkmale angezüchtet. Aufgrund eines eingeschränkten Genpools erfolgt dies oftmals durch Inzucht, also die Verpaarung verwandter Tiere, was die Problematik dadurch entstehender genetisch bedingter Krankheiten zusätzlich verschlimmert.
Das bestehende Tierschutzgesetz schützt die betroffenen Tiere dabei nur bedingt. Zwar ist es laut § 11 b verboten, Tieren Merkmale anzuzüchten, untern denen sie leiden, jedoch fehlt bis heute eine entsprechende Definition von Qualzuchten im Gesetz.
Welche „Kaninchenrassen“ sind Qualzuchten?
Die folgenden „Kaninchenrassen“ sind Qualzuchten: Obwohl ihr Leben mit enormem Leid verbunden ist, gehören sie zu den beliebtesten „Rassen“.
1. Widderkaninchen
Widderkaninchen sind bekannt für ihre langen Schlappohren und ein dadurch vermeintlich unverwechselbares Aussehen. Doch genau dieses Aussehen sorgt bei den Tieren für großes Leid und Einschränkungen im täglichen Leben.
Warum sind Kaninchen mit Schlappohren eine Qualzucht?
Natürlicherweise haben Kaninchen Stehohren, keinesfalls Hängeohren.
- Durch die hängenden Ohren wird der Gehörgang abgeknickt und das Eindringen von Luft erschwert.
- Dies fördert schmerzhafte Entzündungen im Gehörgang, die oftmals langwierig und schwer zu behandeln sind.
- Schlecht durchlüftete Gehörgänge bedeuten zudem eine eingeschränkte Schallwellenübertragung, was dazu führt, dass die betroffenen Kaninchen nicht so gut hören können wie ihre Artgenossen mit Stehohren. [1]
- Hängeohren schränken die Beweglichkeit ein, denn die langen Ohren schleifen oft auf dem Boden. Folglich treten die Tiere häufig darauf und sind generell anfälliger für schmerzhafte Verletzungen durch ihre Umwelt oder Artgenossen. Bei Kaninchen handelt es sich um Fluchttiere, die auf Sinne wie Hören und Sehen angewiesen sind. Unter den langen Hängeohren leidet jedoch nicht nur das Gehör, auch das Sichtfeld der Tiere wird dadurch enorm eingeschränkt. [2]
- Die Kommunikation durch das Ohrenspiel mit den Artgenossen ist eingeschränkt.
2. Teddykaninchen
Teddykaninchen sind Zwergkaninchen, die zu den sogenannten Langhaarrassen gehören, zu denen auch Angorakaninchen zählen. Ihr typisches Merkmal ist ein sehr langes und feines Fell. Doch genau dieses Fell führt bei den Kaninchen zu Leid und Stress:
- Kaninchen, die nicht züchterisch verändert wurden, können das ihrer Art entsprechende natürliche Haar problemlos selbst pflegen und sauber halten.
- Bei Langhaarkaninchen ist das jedoch nicht möglich, denn das angezüchtete dauerhafte Fellwachstum und die unnatürliche Länge der Haare führen häufig zu Verfilzungen und Verklebungen.
- Zuchtbedingt ist es daher erforderlich, dass Tierhalter:innen die langen Kaninchenhaare kämmen und die Tiere scheren, da sie sonst einen Nährboden für Parasiten und entzündliche Wunden darstellen.
- Diese ständige Körperpflege ist für Kaninchen als Fluchttiere besonders stressvoll, anstrengend und mit einer hohen Verletzungsgefahr verbunden, beispielsweise durch Schnittwunden.
- Verfilzungen im Fell sind für die Tiere nicht nur besonders schmerzhaft, sondern bergen zudem die Gefahr eines Madenbefalls durch gefährliche Kotverschmierungen und entzündete Körperstellen.
- Das lange Fell kann besonders im Sommer zu einem Hitzestau führen und die Tiere in eine lebensgefährliche Situation bringen.
- Daneben sind die Kaninchen anfällig für Augenentzündungen, da die langen Haare in ihre Augen hängen und unablässig daran reiben.
- Da die Tiere durch die Fellpflege große Mengen der langen Haare aufnehmen, führt dies oftmals zu Verstopfungen.
- Daneben sind die Kaninchen aufgrund der langen Haare in ihrer Beweglichkeit und ihrem Sichtfeld eingeschränkt und können dadurch kein artgerechtes Leben führen. [3]
3. Zwergkaninchen
Als Zwergkaninchen werden Kaninchen mit einem maximalen Gewicht von zwei Kilogramm bezeichnet.
- Ein Merkmal von Zwergkaninchen ist der stark verkürzte Kopf, der häufig zu Zahnproblemen und infolge von Zahnbehandlungen zu immer wiederkehrenden Schmerzen und Stress führt.
- Aufgrund der Zahnfehlstellung haben die Tiere Probleme, Nahrung aufzunehmen, was angesichts des hochsensiblen Verdauungstrakts der Tiere schnell zu einer lebensgefährlichen Situation führen kann.
- Weitere Beschwerden sind Verengungen im Bereich des Tränennasenkanals, die chronischen Schnupfen und Augenentzündungen bewirken können, sowie Atembeschwerden. [3]
Reinerbige Zwergkaninchen wiegen meist weniger als 1,5 Kilogramm. Bei der Verpaarung von reinerbigen Kaninchen kommt es zu einem genetischen Fehler, der bei den meisten Jungtieren zum Tod führt. Die fortgesetzte Zucht mit dem Ziel, immer kleinere und niedlichere Kaninchen zu schaffen, fügt den Tieren enorme lebenslange Qualen und Leid zu. [2]
4. Albino-Kaninchen
Als Albinos werden Kaninchen mit komplett weißer Fellfärbung, rosa Haut und roten Augen bezeichnet. Grund für die weiße Fellfarbe ist das Fehlen des Pigments Melanin, das für eine Dunkelfärbung von Haut und Fell zuständig ist.
- Besonders kritisch ist die Rotfärbung der Augen, die bei den Tieren oftmals zu einer starken Sehbehinderung führt.
- Die Kaninchen sehen nicht scharf, nehmen Kontraste schlechter wahr und sind meist kurz- oder weitsichtig.
- Albinos sind zudem sehr lichtempfindlich und anfälliger für Sonnenbrand und Hautprobleme: Während andere Kaninchen den Aufenthalt im Freien im Sommer problemlos genießen, bedeutet er für Albino-Kaninchen Leid und Stress. Die lichtempfindlichen Augen reagieren sehr schnell auf das starke Sonnenlicht, sodass sich die meist schon vorhandene Sehschwäche verschlimmert. Bereits ein kurzer Aufenthalt in der Sonne kann einen schmerzhaften Sonnenbrand auf der empfindlichen Haut der Tiere auslösen, sodass Albino-Kaninchen nur im Schatten gehalten werden können. [2]
- Oftmals sind Albino-Kaninchen taub.
Die hier dargestellten „Rassen“, Erkrankungen und Symptome erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sind vielmehr Beispiele für das Leid von qualgezüchteten Kaninchen. Die meisten „Rassen“ sind gleichzeitig von mehrfachem Leid betroffen, sodass in diesem Rahmen nicht alle Erkrankungen und Auswirkungen der Qualzucht genannt werden können.
Helfen Sie, das Leid der Kaninchen zu beenden
- Entscheiden Sie sich für eine Adoption statt für den Kauf von Kaninchen: Wer Kaninchen und Co. aus Tierheimen oder aus dem Tierschutz aufnimmt, unterstützt keine skrupellosen Züchter:innen und gibt einem Tier eine zweite Chance auf ein neues Zuhause.
- Kaufen Sie niemals ein Kaninchen im Zoohandel: Dort werden die Tiere wie bei Züchter:innen massenhaft und ohne Rücksicht auf ihr Wohlergehen unter schlimmsten Bedingungen „produziert“.
- Sollten Sie sich nach reiflicher Überlegung dazu entscheiden, ein Kaninchen aufzunehmen, wenden Sie sich bitte an ein örtliches Tierheim oder einen Tierschutzverein. Dort warten viele Tiere auf ein liebevolles neues Zuhause.
- Unterschreiben Sie bitte unsere Forderung nach einem Heimtierschutzgesetz, mit der wir uns für ein Verbot von „Qualzuchten“ aussprechen. Nur so kann das Leid der Tiere beendet werden.
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Quellen
[1] Rückert, Ralph – Tierarzt (2015): Zwei kurze Anmerkungen für Kaninchenfreunde, https://www.tierarzt-rueckert.de/blog/details.php?Kunde=1489&Modul=3&ID=19092 (eingesehen am 04.02.2022)
[2] Schillinger, Viola – Kaninchenwiese (2020): Qualzuchten, https://www.kaninchenwiese.de/qualzuchten/#Widder_Schlappohren (eingesehen am 04.02.2022)
[3] Möhren sind Orange e.V.: Qualzuchten, https://www.moehren-sind-orange.de/qualzuchten/ (eingesehen am 09.02.2022)