Leiden für Leder – Tierquälerei und Kinderarbeit in Bangladesch

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Jedes Jahr werden weltweit Milliarden Tiere für Leder systematisch gequält und getötet, um aus ihrer Haut unter anderem Schuhe, Taschen und Autositze zu machen. Der Großteil der Lederproduktion findet im Globalen Süden – in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen – statt. Neben China, Indien und Pakistan ist Bangladesch ein Hauptproduktionsstandort für Lederschuhe und -kleidung, die wir in Deutschland und Europa tragen [1].

Wir von PETA konnten mit dem Dokumentarfilmer Manfred Karremann die systemischen Missstände der Lederindustrie in Bangladesch offenlegen – darunter auch Kinderarbeit. Die Aufnahmen zeigen die rücksichtlose Tierquälerei, schwerwiegende Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen sowie die Umweltverschmutzung in den verschiedenen Produktionsstufen.

Grenzschmuggel und Tierquälerei bei illegalen Tiertransporten

Jedes Jahr werden schätzungsweise mehr als 2 Millionen Tiere aus Indien illegal über die Grenze nach Bangladesch geschmuggelt, um dort getötet zu werden [2]. Der Handel mit Rindern und ihre Tötung in Schlachthöfen sind im Gegensatz zu seinem Nachbarland in Bangladesch weitgehend unreguliert möglich [3]. Indische Rinder, die als „unrentabel“ gelten, werden so tausendfach täglich über die Grenze geschleust. Teils sind es Kühe, die ihr Leben lang in schmutzigen Milchbetrieben gelitten haben und nicht länger die gewünschte Leistung erbringen. Teils sind es Ochsen, die bei jedem Wetter schwere Karren ziehen mussten und deren Kräfte jetzt nachlassen. Auch ausgesetzte Tiere, die von kriminellen Banden illegal auf der Straße eingefangen werden, landen auf den Märkten in Bangladesch [4].

Die indischen Rinder werden für den Transport von den Händler:innen am Ursprungsort häufig rücksichtslos übereinander auf winzige Ladeflächen geworfen und gefesselt. Beim Be- und Entladen können sie sich mit ihren Hörnern verletzen oder treten auf liegende Artgenossen. Der qualvolle Transport bis nach Bangladesch kann sich über tausende Kilometer zu Fuß und per Transporter hinziehen – teilweise haben die Tiere keinen Zugang zu Wasser und Nahrung. Auf ihren Todesmärschen brechen viele von ihnen zusammen. Arbeiter:innen reiben ihnen zum Teil Chili oder Tabak in die Augen und schlagen sie, um sie zum Weitergehen zu zwingen. Sichtlich erschöpft treffen schließlich tausende Tiere auf den Rindermärkten in der Hauptstadt Dhaka ein. Viele befinden sich bei der Ankunft in einem schlechten gesundheitlichen Zustand. Einige Tiere haben offene, eitrige Wunden, gebrochene Schwänze oder sind bis aufs Gerippe abgemagert. Um das Gewicht vor dem Verkauf und somit den Preis der Tiere künstlich nach oben zu treiben, trichtern ihnen Händler:innen vor dem Gang zum Markt teils literweise Wasser gewaltvoll ein.

Rinder gefesselt auf Lastwagen
Die Rinder brechen oft bereits während des Transports zusammen.

Kühen, Schafen und Ziegen wird bei vollem Bewusstsein die Speiseröhre aufgeschnitten

Das Schächten oder betäubungslose Töten im Schlachthof ist Bestandteil verschiedener Religionen und vor allem in mehrheitlich muslimisch geprägten Ländern üblich. Fleisch gilt als „erlaubt“ (im Islam „halal“), wenn ein Tier rituell – ohne vorherige Betäubung – getötet wurde. Kühe, Schafe und Ziegen sind somit bei vollem Bewusstsein, wenn Arbeiter:innen ihnen mit einem Messer Haut, Muskeln, Halsarterien und Luft- und Speiseröhre aufschneiden. Auch in Bangladesch gehört Schächten zum Alltag. Lebendtiermärkte oder sogenannte wet markets, auf denen Tiere teilweise lebend verkauft und getötet werden, gelten als die beliebtesten Orte, um „frisches“ Rindfleisch zu kaufen [5].

Allein in Dhaka werden täglich tausende Rinder ohne vorherige Betäubung getötet. Die Hauptstadt verfügt nur über fünf offizielle Schlachthöfe. Vielen Tieren wird unmittelbar auf der Straße – häufig bei Nacht – die Kehle durchgeschnitten. [6, 7] Sie winden sich oft mehrere Minuten im qualvollen Todeskampf, während sie vor den Augen ihrer oftmals gefesselten Artgenossen verbluten. Einige Tiere ringen noch um ihr Leben, während Arbeiter:innen bereits damit beginnen, ihnen die Haut vom Leib zu schneiden. Anschließend werden die Tierhäute an eine der vielen kleinen Gerbereien weiterverkauft.

Triggerwarnung

Dieses Foto enthält sensible Inhalte, die einige Personen als störend empfinden könnten.

Kuh im Schlachthof
Den fühlenden Lebewesen werden bei vollem Bewusstsein mit einem Messer Haut, Muskeln, Halsarterien und Luft- und Speiseröhre aufgeschnitten.

PETA-Recherchen offenbaren immer wieder massives Tierleid beim Töten der Rinder

Da die dokumentierten Tötungsmethoden in vielen westlichen Ländern illegal sind, werden unzählige Rinder von der Fleischindustrie in Länder mit schwächeren Tierschutzstandards verschifft, um zusätzlich mit ihrer Haut maximale Profite zu erzielen – die Tiere sind dabei unvorstellbarem Leid ausgesetzt.

So offenbart eine Recherche von PETA Asien aus dem Oktober 2023, dass Arbeiter:innen in Indonesien immer noch importierte Tiere grausam töten, obwohl die australische Regierung beispielsweise sich gegen diese Praxis ausgesprochen hatte.

Das Material zeigt, wie sich zwei Kühe mit australischen Ohrmarken verzweifelt auf dem Boden eines Schlachthofs wälzten, nachdem Arbeiter:innen ihnen die Kehle aufgeschlitzt hatten: Die Tiere strampelten noch, eines gurgelte Blut, als beide an den Beinen über den schmutzigen Boden gezerrt und hochgezogen wurden. Ein Tier wehrte sich heftig, bis ein Arbeiter ihm tiefer in die Kehle schnitt.

PETA Asien recherchierte bereits zwei Jahre zuvor bei sieben zufällig ausgewählten Schlachthöfen.

Dort wurden australische Rinder in Fixierboxen gesperrt – anschließend versuchten Arbeiter:innen teils mehrfach, die Tiere mit Bolzenschüssen zu betäuben, um ihnen dann die Kehle durchzuschneiden. Teilweise betäubten die Arbeiter:innen die Rinder nicht wirksam oder gar nicht. So wurden einige Tiere lediglich in eine Fixierbox gesteckt, wo ihnen die Kehle bei vollem Bewusstsein durchgeschnitten wurde. Ein verzweifeltes Tier war anscheinend sogar noch bei Bewusstsein, als sein Kopf vom Hals baumelte. Es krümmte sich vor Schmerzen, während ein Arbeiter versuchte, seinen Kopf vollständig abzutrennen, und dabei das Fleisch des Tieres zerschnitt.

Umweltzerstörung: Abfälle der Lederindustrie vergiften Böden und Trinkwasser

Die Herstellung des Tierqualprodukts Leder ist einer der schmutzigsten und umweltschädlichsten Industriezweige der Welt. Ein Großteil des weltweit gehandelten Leders wird mit dem Schwermetall Chrom gegerbt, welches bei falscher Handhabung während der Gerbung, aber auch im Endprodukt zu schwerwiegenden Erkrankungen führen kann [8, 9, 10]. Laut Recherchen des entwicklungspolitischen Inkota-Netzwerks aus dem Jahr 2022 arbeitetet ein Großteil der Beschäftigten in der Lederindustrie von Bangladesch ohne angemessene Schutzausrüstung. Sie sind noch nicht einmal darin geschult, wie man Chemikalien sicher verwendet. Viele Arbeiter:innen leiden in der Folge an Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, Hautkrankheiten oder Kurzatmigkeit [11].

Neben den direkten gesundheitlichen Auswirkungen verschmutzen die giftigen Abfälle, welche bei der Lederproduktion entstehen, Böden und Trinkwasser und gefährden so in der Umgebung lebende Tiere, Menschen und die Umwelt. Es wird geschätzt, dass nur 20 Prozent der beim Gerben verwendeten Chemikalien vom Leder aufgenommen werden, der Rest landet im Abwasser [12]. In Hazaribagh, einem Unterbezirk der Stadt Dhaka mit vormals mehr als 90 Prozent der Gerbereien in Bangladesch, waren die verursachten Gesundheits- und Umweltschäden so schwer, dass die Regierung eine Umsiedlung der Betriebe ankündigte. Doch auch im neuen Industriestandort Savar hat sich die Situation nur wenig verbessert. Im März 2022 musste das Umweltministerium aufgrund der massiven Verschmutzung des Dhaleshwari-Flusses dort die Schließung von sieben Gerbereien anordnen [11].

Kinderarbeit und Menschrechtsverletzungen für Leder aus Bangladesch

Auch Menschen leiden für die Produktion von Leder in Bangladesch. Die Hauptprobleme in Exportländern wie Pakistan, Indonesien, Indien und Bangladesch sind lange Arbeitszeiten und niedrige Löhne, die nicht zur Existenzsicherung reichen. Arbeiter:innen erhalten oft keinen Arbeitsvertrag und werden bei Unfällen oder Krankheit nicht entschädigt. Zudem ist es ein offenes Geheimnis, dass auch Kinder in allen verarbeitenden Prozessen der Lederlieferkette hochgefährliche Arbeit verrichten – vom Schlachten und Häuten der Tiere über das Gerben, Färben und die Abfallentsorgung bis zur Herstellung von Lederprodukten und Nebenprodukten wie Leim und Fleisch. Die Minderjährigen müssen oft 12 bis 14 Stunden am Tag arbeiten, 6 Tage die Woche. Sie schneiden das Leder zum Beispiel mit scharfen Messern oder behandeln es mit giftigen Chemikalien. Oft arbeiten sie in kleinen informellen Betrieben, die als Subunternehmer für größere Firmen fungieren [13].

Kind arbeitet in der Schlachtung
Kinder müssen in Ländern wie Pakistan, Indonesien, Indien und Bangladesch hochgefährliche Arbeit zu niedrigen Löhnen verrichten.

Deutsche Firmen beziehen Leder aus Bangladesch

In den vergangenen Jahren exportierte Bangladesch Lederwaren im Wert von durchschnittlich einer Milliarde US-Dollar jährlich. Große internationale Marken beziehen Lederprodukte aus Bangladesch. Aufgrund der niedrigen Produktionskosten kaufen auch viele deutsche Unternehmen und Modefirmen vorgegerbtes Rohleder dort ein oder lassen Schuhe und Handtaschen direkt vor Ort produzieren. Mit einem Exportumsatzvolumen von über 100 Millionen US Dollar ist Deutschland neben den USA der wichtigste Hauptbestimmungsort für Schuhe aus Bangladesch [14,15]. Im Durchschnitt kaufen die Deutschen mehr als drei Paar Schuhe pro Person jährlich und finanzieren auf diese Weise die grausamen Tier- und Menschenrechtsverletzungen in Ländern wie Bangladesch mit.

So helfen Sie Tieren im Lederhandel

Am besten helfen Sie den Tieren, wenn Sie sich für eine tierfreundliche Lebensweise entscheiden. Denn all diese Qualen erleiden die Tiere nur, weil Menschen aus veralteter Gewohnheit und Unwissenheit handeln – und weil die Tierindustrie damit jährlich Milliarden verdient.

Sie bestimmen mit jedem Einkauf, ob Sie dieses Tierleid unterstützen wollen. Entscheiden Sie sich für tierleidfreie vegane Lederalternativen und gehen Sie so auf Nummer sicher, dass kein Lebewesen qualvoll für Kleidung misshandelt und getötet wird. Informieren Sie andere über die Grausamkeiten, welche die Tiere erleiden müssen, und kaufen Sie kein Fleisch, keine Milch und kein Leder.