Neben Europa ist China der größte Pelzproduzent der Welt. [1] Dort werden unzählige Marderhunde, Füchse, Nerze, Waschbären und viele weitere Wildtiere wegen ihres Fells getötet – doch auch Hunde und Katzen leiden in chinesischen Pelzindustrie. Weltweit haben alle Pelzfarmen eines gemeinsam: katastrophale Haltungsbedingungen. Überall sind die Tiere in winzigen Drahtgitterkäfigen eingesperrt, viele leiden unter schweren Verhaltensstörungen wie Selbstverstümmelung.
In China kommt hinzu, dass es keine greifenden Tierschutzgesetze gibt und selbst schlimmste Formen der Tierquälerei nicht strafrechtlich verfolgt werden.
Minutenlanger Todeskampf auf chinesischen Pelzfarmen: Tiere werden oft lebendig gehäutet
Undercover-Aufnahmen von chinesischen Pelzfarmen und Pelzmärkten offenbaren immer wieder einen extrem gewaltsamen und skrupellosen Umgang mit Marderhunden und anderen Tieren:
- Viele Tiere sind noch bei Bewusstsein und kämpfen verzweifelt, während Arbeiter:innen sie auf den Rücken werfen oder an Beinen oder Schwanz aufhängen, um sie zu häuten.
- Wenn Arbeiter:innen in Zuchtbetrieben oder auf Märkten den ersten Schnitt durch die Haut machen und den Pelz vom Bein des Tiers abziehen, tritt ein Tier mit dem anderen Bein noch um sich und windet sich – das zeigen Aufnahmen aus dem Jahr 2010. Arbeiter:innen stellen sich auf Hals oder Kopf von Tieren, die sich zu sehr wehren, um sie bewegungsunfähig zu machen.
Einige Tiere sind noch bei Bewusstsein, atmen in kurzen Stößen und zwinkern langsam, wenn die Haut schließlich über den Kopf abgezogen wird. Ihre nackten, blutenden Körper werden auf einen Stapel aus anderen Leidensgenossen geworfen. Das Herz einiger Tiere schlägt noch ganze fünf bis zehn Minuten lang, nachdem sie in der Regel ohne angemessene Betäubung gehäutet wurden.
- Auf einer Aufnahme von 2010 ist zu sehen, wie ein gehäuteter Marderhund auf dem Leichenberg noch genug Kraft hat, seinen gehäuteten Kopf zu heben und zu blinzeln.
- Gemeinsame Aufnahmen von Dokumentarfilmer Manfred Karremann und PETA von 2005 und 2013 zeigen, dass die Tiere im Alter von wenigen Monaten direkt auf Pelzfarmen getötet oder in winzigen Käfigen zu großen Pelzmärkten transportiert werden. Dort werden die Drahtkäfige in scheinbar endlosen Reihen gestapelt und von Pelzeinkäufer:innen begutachtet – so als handele es sich bei den fühlenden Lebewesen um lebloses Gemüse beim Einkauf im Supermarkt.
- Bevor die Tiere zum Teil lebendig gehäutet werden, schleifen Arbeiter:innen sie aus ihren Käfigen und werfen sie zu Boden. Dann schlagen sie mit Metallrohren auf die wehrlosen Tiere ein oder schleudern sie mit Gewalt gegen harte Gegenstände. Die Folge sind Knochenbrüchen und Krämpfe, aber nicht zwingend Bewusstlosigkeit oder der sofortige Tod. Dabei müssen die Tiere hilflos mit ansehen, wie die Arbeiter:innen sich in der Reihe vorarbeiten.
So leiden Marderhunde, Nerze, Füchse und andere Tiere ihr gesamtes Leben
Auf Pelzfarmen sind Tiere wie Füchse, Nerze, Kaninchen und Marderhunde gezwungen, ein tristes Leben in engen, dicht aneinandergereihten Drahtkäfigen zu verbringen. Chinchillas werden meist in dunklen, stickigen Gebäuden gehalten, andere Tiere im Freien, wo sie Regen, frostigen Nächten oder sengender Hitze komplett schutzlos oder lediglich mit einer Überdachung ausgeliefert sind.
Bei den Recherchen der Jahre 2005 und 2013 wurde dokumentiert, dass Tiere wie Marderhunde ohne jegliche Beschäftigungsmöglichkeit in winzigen Käfigen eingesperrt sind. Sie können weder herumlaufen noch ihrem Spürsinn nachgehen oder spielen. Bewegungsmangel und schlechte Hygiene führen häufig zu schweren Verhaltensstörungen und machen Pelzfarmen zu wahren Bruststätten für Krankheitserreger.
- Muttertiere töten ihre Babys häufig direkt nach der Geburt. Gründe dafür sind bespielweise der grobe Umgang und fehlende Versteckmöglichkeiten beim Gebären ihrer Kinder.
- Krankheiten und Verletzungen wie offene Wunden, Augenentzündungen oder Durchfallerkrankungen sind an der Tagesordnung.
- Tiere, die unter einer von Angst und Stress ausgelösten Psychose leiden, zeigen oft schwere Verhaltensstörungen: Sie kauen an ihren eigenen Gliedmaßen und werfen sich immer wieder gegen ihre Käfigstangen.
Hunde- und Katzenfelle aus China
PETA veröffentlichte Bildmaterial aus dem Jahr 2005, das erstmals einen Einblick in die chinesische Produktion von Hunde- und Katzenfellen liefert.
- Bis zu 1.000 Tiere werden auf einen einzigen LKW geladen, wobei die Käfige übereinandergestapelt werden. Einige Hunde und Katzen tragen sogar noch ein Halsband, während sie auf teils tagelangen Fahrten ohne Nahrung und Wasser transportiert werden.
- Inmitten der lebenden Hunde und Katzen befinden sich tote oder sterbende Artgenossen.
- Häufig werfen Arbeiter:innen die Transportboxen einfach von den drei bis vier Meter hohen LKW herunter, wodurch die darin befindlichen Tiere blutige Verletzungen und Knochenbrüche erleiden können.
Katzen mit blutigen Wunden und gebrochenen Beinen
Von PETA veröffentlichtes Videomaterial zeigt Katzen und Hunde in der südchinesischen Stadt Guangzhou, die in winzigen Käfigen dahinvegetierten. Einige waren zuvor auf LKW tagelang über Tausende Kilometer ohne Nahrung und Wasser transportiert worden. Bis zu zwanzig Katzen wurden in einen einzigen Käfig gezwängt. Tote Katzen lagen auf den Käfigen, sterbende und verletzte Katzen mit offenen Wunden und gebrochenen Gliedern waren überall in den Käfigen zu sehen. Manche Tiere waren lethargisch oder verängstigt, andere kämpften miteinander, denn die ausweglose Situation löste bei ihnen Panik aus.
Die Enthüllungen trugen dazu bei, dass die EU im Jahr 2009 ein Importverbot für Hunde- und Katzenfelle einführte. Aufgrund mangelnder Kontrollen ist es jedoch weiterhin möglich, dass diese Felle auf dem europäischen Markt angeboten werden. [2]
Millionen Hunde und Katzen werden in China gewaltsam mit Knüppeln erschlagen oder mit Drahtschlingen erdrosselt, um aus ihrem Fell Pelzbesätze und Bommeln herzustellen – weiterhin auch für den europäischen Markt.
Hundepelz in Deutschland
Im Winter 2015 wurden bei Berliner Straßenhändler:innen am Alexanderplatz Mützen aus Hundepelz gefunden. [3] Tierart-Analysen des Landeslabors Berlin-Brandenburg bestätigten den Fund von Hundefell in einer ersten Haaruntersuchung. [4]
Pelz aus China: die problematische Gesetzeslage
Bei zahlreichen Undercover-Recherchen auf Pelzfarmen wie etwa in der chinesischen Provinz Hebei wurde rasch klar, warum Außenstehenden der Zutritt verwehrt wird. Gesetzliche Regelungen für die Tiere werden auf Pelzfarmen in China meist nicht eingehalten, weil es bei der Nichteinhaltung von Regeln keine Strafen gibt. Betriebe können Tiere also einsperren, misshandeln und töten, wie es ihnen beliebt – tierschutzwidriges Verhalten wird ohnehin nicht belangt.
Das heißt im Klartext ein elendes Leben und ein unvorstellbar grausamer Tod für vermutlich jedes einzelne Tier.
Kaum Pelzkontrollen in der EU
Für den Zoll an den EU-Grenzen ist es unmöglich, die Tierart eines Pelzes sicher zu identifizieren, denn nur ein aufwendiger Gentest in speziellen Labors kann die Tierart zweifelsfrei feststellen.
Zuletzt veröffentlichte die EU-Kommission 2013 einen Bericht zur Umsetzung des Importverbots von Hunde- und Katzenfellen. Hierfür wurden 2010 insgesamt 25.275 Lieferungen untersucht, wovon lediglich 5 zur weiteren Laboranalyse geschickt und 67 Lieferungen beschlagnahmt wurden. Lediglich 169 Geschäfte wurden kontrolliert und davon ganze 68 Lieferungen wegen Katzen- und Hundefell beschlagnahmt und zerstört. [2]
Seit 2010 gab es keine weiteren Berichte über Kontrollen des Importverbots von Hunde- und Katzenfellen innerhalb der EU.
Mangelhafte Pelzkennzeichnung: Hunde- und Katzenpelz auch in Europa erhältlich
In der EU gilt seit 2012 die Textilkennzeichnungsverordnung, die bei Pelzen und Pelzbesätzen an Mützen oder Jackenkragen den Vermerk „[e]nthält nicht-textile Teile tierischen Ursprungs“ vorschreibt. [5] Dennoch werden bei Stichproben in Modegeschäften aller Preisklassen falsch oder gar nicht deklarierte Pelze nachgewiesen. [6]
Da der Ursprung eines Pelzes nicht zurückverfolgt werden kann, sind alle, die Pelz tragen, für die grauenhaften Bedingungen auf chinesischen Pelzfarmen mitverantwortlich.
Billigpelz aus China wird oft für Kunstpelz gehalten
Ein niedriger Preis ist kein Indiz dafür, dass es sich um Kunstfell handelt. Vielen Konsument:innen ist nicht bewusst ist, dass sie das Fell eines qualvoll getöteten Tieres an ihrem Jackenkragen tragen.
Besonders tückisch sind hierbei pelzbesetzte Jacken oder Mützen aus dem Großhandel, denn die Pelzkragen und -bommel sind meist aus dem Fell von Marderhunden aus China gefertigt. Solche Jacken sind beispielsweise schon für unter 20 Euro erhältlich; viele dieser Produkte sind falsch oder gar nicht gekennzeichnet.
So viel Chemie steckt im Pelz
Da die Umweltansprüche niedrig und die Arbeitskräfte billig sind, hat China die größte Pelzverarbeitungsindustrie der Welt. Auch die Felle von Tieren, die in europäischen Pelzfarmen misshandelt wurden, werden in der Regel nach China geliefert. Dort werden sie haltbar gemacht, gefärbt und auf jede erdenkliche Art und Weise verarbeitet. Die fertigen Pelze werden als Felle oder zu Produkten verarbeitet wieder in alle Welt verkauft. Bei einer Recherche in einer großen chinesischen Gerberei, in der jede Woche Zehntausende Rohfelle bearbeitet werden, wurde dokumentiert, dass bei der Verarbeitung der Felle Dutzende umwelt- und gesundheitsschädliche Chemikalien zum Einsatz kommen.
- Nach der Tötung der Tiere werden die Pelze in riesigen Gerbereien mit hochgiftigen Chemikalien haltbar gemacht. So wird bei der Reinigung der Felle beispielsweise Tetrachlorethylen eingesetzt, das bei längerem Kontakt Schädigungen des zentralen Nervensystems hervorrufen und das Risiko einer Parkinson-Erkrankung erhöhen kann. [7, 8]
- In den Gerbereien hantieren Arbeiter:innen ohne erforderlichen Atemschutz mit den Chemikalien.
- Zudem zeigen Untersuchungen zahlreicher Pelzprodukte, dass sich auch Endverbraucher:innen einem Gesundheitsrisiko aussetzen, da viele Pelze toxisch belastet sind, zum Beispiel mit Formaldehyd.
Pelze aus der EU: Auch europäische Produkte sind problematisch
Auch in der EU gibt es zahlreiche Pelzfarmen, deren Haltungsbedingungen sich nur unwesentlich von jenen in China unterscheiden. Die Tiere werden allesamt unter beengten und unhygienischen Bedingungen gehalten, sodass sie ihren natürlichen Bedürfnissen in keiner Weise nachgehen können. Sie leiden ihr gesamtes Leben, bevor sie schließlich gewaltsam getötet und gehäutet werden – nur damit ihr Fell zu Bekleidung und Accessoires verarbeitet werden kann. Lediglich einige besonders grausame Tötungsmethoden wie Totschlag und die Lebendhäutung sind in der EU verboten. Wie in allen tierhaltenden Betrieben finden aber kaum Kontrollen statt, die derartige Verbote kontrollieren oder gar sanktionieren. Zudem sind auch die zugelassenen Tötungsmethoden wie der anale Elektroschock oder die Vergasung grausam und fehleranfällig, wodurch auch Tiere auf europäischen Pelzfarmen während der Häutung noch oder wieder bei Bewusstsein sind.
Unabhängig von der Tierart ist es moralisch niemals vertretbar und speziesistisch, fühlende Lebewesen skrupellos auszubeuten, ihr Leid und ihren Tod in Kauf zu nehmen, nur um Bekleidung aus ihrer Haut und ihrem Fell herzustellen.
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Quellen
[1] Petry, Mark/Liting, Bao (2010): China – Fur Animals and Products. USDA Foreign Agricultural Service: https://apps.fas.usda.gov/newgainapi/api/report/downloadreportbyfilename?filename=Fur%20Animals%20and%20Products_Beijing_China%20-%20Peoples%20Republic%20of_5-25-2010.pdf (eingesehen am 29.08.2022)
[2] European Commission (2013): Report from the Commission to the European Parliament and the Coucil on the application of Regulation (EC) No 1523/2007 banning the placing on the market and the import to, or export from, the Community of cat and dog fur, and products containing such fur. Brussels: 13.6.2013 COM(2013) 412 final.
[3] Marrach, Konstantin/Biermann, Till Berliner Zeitung Online (2015): Am Alex werden Mützen aus Hundefell verkauft. In: Berliner Zeitung Online: https://www.bz-berlin.de/berlin/mitte/trotz-import-verborts-hier-wird-eine-muetze-aus-hundefell-verkauft (eingesehen am 29.08.2022)
[4] Abgeordnetenhaus Berlin (2015): Drucksache 17 / 17 358: Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Alexander J. Herrmann (CDU) vom 13. November 2015 und Antwort zu 3).
[5] John W. Ludders et al. (1999): Drowning Is Not Euthanasia.
Wildlife Society Bulletin 27.3: 666-70.[6] Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 vom 27. September 2011 über die Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen.
[7] Goldmann, Samuel M. et. Al. (2011): Solvent exposures and parkinson disease risk in twins. In: Annals of Neurology. American Neurological Association.
[8] Gift im Pelz, Report II (2011): Bedenkliche Chemikalien in Pelzprodukten. Hamburg/Wiesbaden, https://www.tierimrecht.org/documents/2024/2011_Report_Gift_im_Pelz_II_VIER_PFOTEN_und_ECOAID_small.pdf (eingesehen am 29.08.2022)