2019 gaben drei Prozent der deutschen Bevölkerung an, sich pescetarisch zu ernähren [1]. Manche verstehen den Pescetarismus als eine Unterart der vegetarischen Ernährung: Pescetarier:innen essen kein Fleisch, dafür aber das Fleisch von Fischen und anderen Meerestieren – obwohl zahlreiche Gründe gegen den Konsum von Fischfleisch sprechen.
Erfahren Sie in diesem Beitrag mehr über die Ernährungsform Pescetarismus, warum sich Menschen für eine pescetarische Ernährung entscheiden und weshalb sowohl der Konsum von Fischfleisch als auch Fleisch von Rindern, Schweinen, Hühnern und anderen Tieren speziesistisch ist.
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Was heißt pescetarisch und was ist der Unterschied zu vegetarisch?
Der Begriff Pescetarismus kommt vom lateinischen Wort „Piscis“ und aus dem Italienischen: „pesce“ bedeutet auf Deutsch „Fisch“. Der Unterschied zwischen vegetarischer Ernährung und pescetarischer Ernährung besteht darin, dass Vegetarier:innen kein Fleisch und kein Fischfleisch essen, während die pescetarische Ernährungsform eine Ausnahme bei Tieren macht, die im Wasser leben: Pescetarier:innen lehnen den Konsum von Fleisch von Landtieren ab – dafür ernähren sie sich neben pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse und Hülsenfrüchten von verschiedenen Fischarten wie Lachs, Forelle und Co.
Oft stehen bei dieser Ernährungsform auch Meerestiere wie Tintenfische, Muscheln und andere Ozeanbewohner auf dem Speiseplan, die für den Konsum entweder industriell gezüchtet oder wild gefangen und teils qualvoll getötet werden. Auch andere tierische Produkte wie Eier und Milchprodukte können in einer pescetarischen Ernährung vorkommen.
Gründe, weshalb Menschen pescetarisch werden
Es gibt verschiedene Gründe, warum sich manche Menschen dafür entscheiden, kein Fleisch von Landtieren, aber dafür Fleisch von Fischen und anderen Meereslebewesen zu essen: dazu gehören Gesundheitsaspekte sowie der Klima- und Tierschutz.
Vor allem in Sachen Gesundheit, Umwelt- und Tierschutz gibt es keine logischen oder sinnvollen Begründungen, die den Verzehr von Fischen rechtfertigen würden. Was bleibt, ist die speziesistische Denkweise, es sei in Ordnung, Fische für unseren Bedarf zu töten und zu verzehren. Dies ist jedoch falsch und niemals moralisch vertretbar. Es gibt zahlreiche gute Gründe gegen den Konsum von Fischen und anderen Meerestieren.
Fischkonsum: Ist pescetarisch essen gesund?
Oft werden bei der Entscheidung für eine pescetarische Ernährung Gesundheitsgründe wie die Versorgung des Körpers mit Eiweiß und Omega-3-Fettsäuren genannt. Doch sowohl Proteine als auch Omega-3-Fettsäuren sind in Pflanzen enthalten. Fische zu essen, kann jedoch vor allem durch die hohe Schadstoffbelastung negative Gesundheitsfolgen haben.
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Omega-3-Fettsäuren
Omega-3-Fettsäuren können im Körper entzündungshemmend wirken, außerdem senken sie das Risiko, an Diabetes und Herz-Kreislauf-Krankheiten zu erkranken. Omega-3-Fettsäuren finden sich vor allem in Lein-, Hanf- und Chiasamen und daraus hergestellten Ölen, aber auch in Walnüssen und Rapsöl. Selbst die speziellen Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA werden nicht von Fischen produziert, sondern stammen ursprünglich aus Mikroalgen.
Wir müssen also nicht den Fisch essen, der die Algen gegessen hat, sondern können den Fisch einfach leben lassen und direkt die Algen zu uns nehmen. Dazu gibt es beispielsweise Mikroalgenöle oder mit DHA angereichertes Leinöl. Es ist also problemlos möglich, empfindungsfähige Lebewesen wie Fische am Leben zu lassen und gleichzeitig unseren Nährstoffbedarf zu decken. [2]
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Eiweiß
Pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen, Vollkorngetreide und auch Gemüse wie Brokkoli oder Spinat sind hervorragende Proteinlieferanten, für die kein Tier qualvoll getötet werden muss. Pflanzliche Eiweißquellen enthalten zudem viele weitere Nährstoffe, die sich positiv auf unsere Gesundheit auswirken, unter anderem Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe, Ballaststoffe. Walnüsse z. B. enthalten hohe Anteile an Omega-3-Fettsäuren und Vitamin E. [2]
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Fischfleisch ist häufig schadstoffbelastet
Durch die zunehmende Verschmutzung von Gewässern und den Weltmeeren ist Fischkonsum nicht so gesund, wie oft fälschlicherweise angenommen wird: Im Fleisch von Fischen und Schalentieren können sich hohe Konzentrationen von Giftstoffen ansammeln. Zu den gesundheitsschädlichen Stoffen zählen beispielsweise PCB, Dioxin, Quecksilber, Blei und Arsen. Daraus können Gesundheitsprobleme wie Nierenschäden, Entwicklungsstörungen und Krebs entstehen. [3]
Auch die giftige Chlorverbindung polychlorierte Biphenyle (PCB), die früher in Lacken verwendet wurde, kann in Fischfleisch enthalten sein. In Deutschland ist PCB seit Jahren verboten. Trotzdem kann sich PCB auch heute noch über das Wasser und die Atmosphäre verbreiten. Der Mensch nimmt PCB in erster Linie über den Konsum tierischer Produkte auf, wobei die Giftstoffe vor allem in fetthaltigen Fischsorten vorkommen.
Fischkonsum zerstört das Klima und die Umwelt
Amerikanische Forscher untersuchten 2015 die Auswirkungen der Fischerei auf unsere Umwelt. Die Daten ergaben, dass in rund 55 Prozent der Weltmeere industrielle Fischerei praktiziert wird. [4] Mit rund 90 Millionen Tonnen pro Jahr ist der Fischfang seit dreißig Jahren auf dem gleichen Niveau geblieben. [4] Vor allem kilometerlange Schleppnetze, die in der industriellen Fischerei eingesetzt werden, zerstören maßgeblich die Ozeane, indem sie den Meeresgrund umpflügen. So werden Lebensräume wie Korallenriffe unter Wasser zerstört. Die Schleppnetzfischerei setzt mehr CO² frei als die gesamte Luftfahrtindustrie. [4]
Eine weitere wissenschaftliche Studie ergab, dass der pazifische Müllstrudel „Great Pacific Garbage Patch“ zu 46 Prozent aus entsorgten Fischereinetzen besteht. [5] Immer mehr Gebiete gelten laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) als überfischt – das bedeutet, es werden deutlich mehr Meeresbewohner gefangen und getötet, als diese sich fortpflanzen können.
Tierschutz: Warum essen manche Menschen Fische, aber kein Fleisch?
Manche Pescetarier:innen entscheiden sich aus Tierschutzgründen gegen den Konsum von Fleisch, beispielsweise weil sie nicht mit den oft grausamen Methoden der Tierindustrie einverstanden sind. Zu Recht: Schweine, Rinder und Hühner können ihre natürlichen Bedürfnisse niemals in den meist miserablen Haltungsbedingungen – auch in Bio-Betrieben – ausleben. Sie müssen lange Tiertransporte bei sengender Hitze über sich ergehen lassen, um anschließend unter Stress qualvoll in den Schlachthäusern getötet zu werden. All das sind gute Gründe, dem Fleischkonsum den Rücken zu kehren.
Wer die industrielle Tierhaltung ablehnt und sich für echten Tierschutz einsetzen will, muss sich jedoch bewusst machen, dass auch Aquakulturen und die Fischerei massive Tierquälerei sind.
Industrielle Fischzucht ist Massentierhaltung
Jedes Jahr werden 51 bis 167 Milliarden Fische in Aquakulturen für den menschlichen Verzehr gezüchtet und getötet. [6] Die Fischzucht ist nichts anderes als eine Form der industriellen Tierhaltung, in der empfindsame Lebewesen zu Tausenden eingepfercht und nicht als Individuen angesehen werden. Lachse beispielsweise können ihrem ausgeprägten Bewegungsdrang durch die beengten Haltungsbedingungen nicht nachkommen. Oft ist das Wasser meterhoch mit Exkrementen verschmutzt.
Wie bei Hühnern, Schweinen und Rindern ist auch bei Fischen die Gabe von Antibiotika an der Tagesordnung. Aus den Fischfarmen gelangen Abfälle, Parasiten, Chemikalien und Antibiotikarückstände in die Fjorde und Ozeane, was frei lebende Wassertiere zusätzlich dezimiert und die Umwelt bedroht.
Kein Fleisch von Landtieren, aber Fischfleisch essen, ist speziesistisch
Viele Pescetarier:innen lehnen den Verzehr von Fleisch gleichwarmer, an Land lebender Tiere wie Rinder, Hühner und Schweine ab – oft aus ethischen Gründen. Gleichwohl finden sie es vertretbar, Fischfleisch zu essen. Die Gründe für ihren Fischkonsum sind nicht nachvollziehbar, denn auch Fische sind Wirbeltiere. Zwar zählen sie zu den wechselwarmen Tieren und leben im Wasser, aber das bedeutet nicht, dass sie weniger Schmerzen empfinden. Wie Landwirbeltiere wollen auch Fische leben.
Darüber hinaus berücksichtigen Pescetarier:innen nicht, dass für ihren Fischkonsum zahllose weitere Tiere getötet werden, für deren Tod sie eigentlich nicht verantwortlich sein wollen – sowohl beim kommerziellen Fischfang als auch beim Angeln und in der Aquakultur.
Der kommerzielle Fischfang tötet jedes Jahr nicht nur Milliarden Fische und andere Meerestiere: Als sogenannter Beifang werden auch viele Millionen andere Tiere unabsichtlich gefangen, darunter Wale, Seehunde, Meeresschildkröten und Vögel. [7] Beim Angeln werden neben Fischen auch teils lebende Insekten oder Würmer als Köder eingesetzt. Und in der Aquakultur werden die gezüchteten Fische mit Fleisch von Fischen ernährt, die im Meer gefangen werden.
Wie man es auch dreht und wendet: Für den Konsum von Fischfleisch müssen nicht nur die Fische auf dem Teller, sondern auch weitere Tiere sterben.
Die Entscheidung, manche empfindungsfähige Lebewesen für den eigenen Konsum zu töten, andere Tierarten jedoch nicht, entspringt einer speziesistischen Denkweise. Speziesismus bedeutet, bestimmte Tierarten über andere zu stellen und auf ihren vermeintlichen Nutzen für den Menschen zu reduzieren. Fische empfinden Schmerzen – genau wie Hunde, Katzen, Reptilien, Rinder und Hühner. Doch im Gegensatz zu Säugetieren in der landwirtschaftlichen Tierhaltung müssen Tiere beim kommerziellen Fischfang auf hoher See nicht einmal betäubt werden, bevor sie aufgeschnitten werden. Auf Fabrikschiffen erleiden Fische unvorstellbare Qualen.
Angesichts dieser Tatsachen gibt es keine nachvollziehbaren Gründe, weniger Mitgefühl mit Fischen zu haben als mit Kühen, Schweinen oder Hühnern.
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Quellen
[1] Statista (Juni 2019): Wie ernähren Sie sich im Alltag?, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/305795/umfrage/umfrage-in-deutschland-zu-den-verbreitesten-ernaehrungsweisen/, (eingesehen am 22.09.2021)
[2] Niko Rittenau (2019, 5. Auflage): Vegan-Klischee ade! Wissenschaftliche Antworten auf kritische Fragen zu veganer Ernährung. Ventil Verlag UG & Co. KG, Mainz
[3] Umweltbundesamt (04.05.2016): Häufige Fragen zu Quecksilber, https://www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/umwelteinfluesse-auf-den-menschen/chemische-stoffe/haeufige-fragen-zu-quecksilber#textpart-1, (eingesehen am 22.09.2021)
[4] American Association for the Advancement of Science (23.02.2018): Tracking the global footprints of fishery, https://science.sciencemag.org/content/359/6378/904, (eingesehen am 22.09.2021)
[5] L. Lebreton, B. Slat, et Al. (22.03.2018): Evidence that the Great Pacific Garbage Patch is rapidly accumulating plastic, https://www.nature.com/articles/s41598-018-22939-w, (eingesehen am 22.09.2021)
[6] fishcount.org.uk (2019): Estimated numbers of individuals in global aquaculture production (FAO) of fish species (2017), http://fishcount.org.uk/studydatascreens2/2017/numbers-of-farmed-fish-A0-2017.php?sort2/full, (eingesehen am 22.09.2021)
[7] Greenpeace: Beifang, https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/meere/fischerei/beifang (eingesehen am 07.02.2022)