Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie wird der Zusammenhang zwischen Zoonosen und dem Handel mit Wildtieren verstärkt diskutiert. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass auch der Reptilienhandel mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist.
Das Coronavirus ist Ende 2020 wahrscheinlich auf einem chinesischen Wildtiermarkt vom Tier auf den Menschen übertragen worden. Die miserablen Haltungs- und Lebensbedingungen im Tierhandel begünstigen die Entstehung von Krankheiten, die Nähe zu Menschen kann dazu führen, dass Menschen sich unter anderem mit Viren, Bakterien und Pilzen tierischen Ursprungs infizieren. Der enge Kontakt von Mensch und Reptilien im Heimtierhandel birgt ein besonderes hohes Risiko, weil Reptilien als „Haustiere“ weltweit gesellschaftlich verhältnismäßig akzeptiert sind.
Wildtierhandel und Zoonosen: Mensch ist schuld an Ausbreitung gefährlicher Infektionskrankheiten
Neuartige, für den Menschen potenziell gefährliche Viren und Krankheiten entwickeln sich oftmals in tierischen Wirten: Alle Lebewesen – auch der Mensch – sind selbst Ökosysteme für Bakterien, Pilze und Viren. In wildlebenden Tieren können sich Krankheitserreger ungestört über Generationen hinweg entwickeln, ohne schwere Krankheiten bei diesen Tieren auszulösen – oft über Zeiträume von mehreren Jahrhunderten. Durch zufällige Mutationen und den häufigen Austausch von Genen können die Erreger sich so verändern, dass sie gefährlich werden und auf andere Tiere übergehen können. [1]
Wenn Mensch und Tier sich gegenseitig mit Krankheiten infizieren, liegt das in der Regel daran, dass wir Menschen derart in Ökosysteme eingreifen und sie verändern, dass eine Übertragung viel wahrscheinlicher wird: Abholzung, Bergbau, intensive Landwirtschaft und die zunehmende Urbanisierung zerstören natürliche Lebensräume und zwingen wildlebende Tiere dazu, sich in menschliche Nähe zu begeben. Die exzessive Jagd, der Handel mit und Verzehr von Wildtieren erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer artenübergreifenden Infektion zusätzlich erheblich. Mit modernen Transportmitteln können sich gefährliche Erreger in wenigen Stunden über die ganze Welt verbreiten. Aufgrund des vom Menschen verursachten ökologischen Drucks kommen immer mehr tierische Krankheitserreger in die Nähe des Menschen – das Infektionsrisiko steigt.
Entreißt der Mensch eigentlich isoliert lebende Tierarten aus ihrem natürlichen Lebensraum, um sie mit anderen Tieren oder Tierarten auf engstem Raum zu halten und steht dabei selbst in engem Kontakt zu all diesen Tieren, dann können beispielsweise Viren sehr leicht zwischen den verschiedenen Lebewesen übertragen werden. Eine Übertragung auf den Menschen wird begünstigt, wenn er mit Exkrementen und Körperflüssigkeiten wie Blut der infizierten Tiere in Kontakt kommt. Hat sich erst mal ein Mensch mit einem neuen Virus infiziert, kann dieses sich mit zunehmender Geschwindigkeit unter allen Menschen ausbreiten.
In den vergangenen 15 Jahren sind über 15 gefährliche Zoonosen ausgebrochen, die durch Viren oder Bakterien verursacht werden; darunter SARS-CoV-2 und HIV. [1] Beim Menschen können mutierte Viren, Bakterien und Pilze, die bei tierischen Wirten oftmals keine ernsthaften Erkrankungen auslösen, zu schweren Krankheiten führen: Covid-19, Ebola, Lyme und AIDS sind nur einige Beispiele für Krankheiten, die sich auf die Zerstörung des Menschen von Lebensräumen und Ökosystemen zurückführen lassen. [2, 3]
Reptilien als „Haustiere“ – Gefahr für Mensch und Tier
In etwa 800.000 deutschen Haushalten leben Reptilien und Amphibien wie Echsen, Schlangen, Spinnen und Frösche; Bartagamen gehören zu den beliebtesten Reptilien in Deutschland.
Eine Vielzahl dieser Reptilien wird aus der Natur entrissen und tausende Kilometer transportiert, nur um hierzulande in einem viel zu kleinen Terrarium eingesperrt und als „Haustier“ gehalten zu werden. 2020 wurden über 350.000 Reptilien nach Deutschland importiert, [4] viele davon sind Wildfänge. Weil bis zu 72 Prozent dieser empfindlichen Tiere bereits durch Stress, Unterversorgung oder an transportbedingten Verletzungen sterben, bevor sie in den Handel kommen, lässt sich nicht beziffern, wie viele Reptilien genau täglich aus ihrem natürlichen Lebensraum entrissen werden. [5] Ob oder welche tödlichen Krankheitserreger diese Tiere in sich tragen, wird nicht untersucht, bevor die Reptilien in den Handel kommen.
Mit 75 Prozent hat ein Großteil aller neu auftretenden Infektionskrankheiten nachweislich einen tierischen Ursprung; [6] 72 Prozent der sogenannten Zoonosen entstehen aus dem Kontakt zu wildlebenden Tierarten. [7] Alle Menschen, die mit Wildfängen in Berührung bzw. näheren Kontakt kommen, setzten sich unwissentlich gesundheitlichen Risiken aus; dazu gehören Jäger und Wilderer ebenso wie Händler und Transporteure. Auch Halter von Reptilien kommen mit Ausscheidungen und Körperflüssigkeiten der Tiere in Kontakt – wenn die Reptilien mit Krankheitserregern infiziert sein, gehen diese sehr wahrscheinlich früher oder später auf die Tierhalter über.
Doch um zur Gefahr für den Menschen zu werden, müssen Reptilien noch nicht einmal neuartige, exotische Erreger verbreiten: Studien zufolge übertragen die meisten Reptilien gesundheitsgefährdende Salmonellenarten. Schätzungsweise 90 Prozent der Tiere tragen die Erreger in sich. Beim Menschen können Salmonellen im Extremfall zu einer Hirnhautentzündung und zum Tod führen. Kinder, immungeschwächte und ältere Menschen sind besonders gefährdet. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts lässt sich jede dritte Salmonelleninfektion bei Kleinkindern auf den Kontakt zu exotischen Tieren zurückführen. [8]
Importverbot für Exoten gefordert: Wildtiere wie Reptilien sind keine „Haustiere“
Wildtiere wie Reptilien gehören in die Freiheit, nicht in Terrarien privater Wohnzimmer oder Zoos. Die Gehege und Lebensbedingungen in Gefangenschaft bieten den sensiblen Tieren kein artgerechtes Umfeld und bergen darüber hinaus gesundheitliche Risiken sowohl für den Menschen als auch für das Tier. Wir von PETA Deutschland fordern daher ein Importverbot für exotische Wildtiere.
Was Sie tun können
- Bitte halten Sie keine Reptilien bei sich zu Hause: Den intelligenten Tieren können Sie in Terrarien kein Zuhause schaffen, in dem die Reptilien ihren natürlichen Bedürfnissen auch nur ansatzweise nachgehen können.
- Bitte kaufen Sie niemals Tiere beim Züchter oder im Handel. Falls in Ihrer Nähe ein Reptil in einem Tierheim oder im Tierschutz auf eine Adoption wartet, informieren Sie sich bitte über die individuellen Bedürfnisse des Tieres, bevor Sie ihm ein Zuhause schenken.
- Besuchen Sie keine Reptilienbörsen: Dort werden Schlangen, Echsen, Frösche und Co. wie Ware behandelt – und auch dort bestehen für Mensch und Tier gesundheitliche Risiken.
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Quellen
[1] Gebreyes, Wondwossen A. et al. (2014): The Global One Health Paradigm: Challenges and Opportunities for Tackling Infectious Diseases at the Human, Animal, and Environment Interface in Low-Resource Settings, https://journals.plos.org/plosntds/article?id=10.1371/journal.pntd.0003257, (eingesehen am 26.02.2021)
[2] Jabr, Ferris (2021): How Humanity Unleashed a Flood of New Diseases, https://www.nytimes.com/2020/06/17/magazine/animal-disease-covid.html, (eingesehen am 26.02.2021)
[3] Center for BIOLOGICAL DIVERSITY, https://www.biologicaldiversity.org/campaigns/wildlife-exploitation-and-pandemic-risk/index.html, (eingesehen am 26.02.2021)
[4] Statistisches Amt der Europäischen Union (o.J.): Datenbank Internationaler Warenhandel, https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/international-trade-in-goods/data/database, (eingesehen am 20.04.2021)
[5] PubMed (29.05.2014): Morbidity and mortality of invertebrates, amphibians, reptiles, and mammals at a major exotic companion animal wholesaler, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24875063/ (e9ngesehen am 06.05.2024)
[6] OIE – World Organisation for Animal Health: One Health, www.oie.int/en/for-the-media/onehealth/, (eingesehen am 26.02.2021)
[7] Jones, KE./Patel, NG./Levy, MA./Storeygard, A./Balk, D./Gittleman, JL./Daszak, P. (2008): Global trends in emerging infectious diseases. In: PubMed: NCBI, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18288193/, (eingesehen am 26.02.2021)
[8] Robert Koch-Institut: Salmonella-Infektionen bei Säuglingen und Kleinkindern durch Kontakt zu exotischen Reptilien. Epidemiologisches Bulletin. 4. März 2013 / Nr. 9.