Schafe sind faszinierende Tiere. Sie sind empfindsam, bilden Freundschaften und treffen bewusste Entscheidungen. Schafe sind so clever, dass sie sogar Strategien entwickeln können, um große Absperrungen zu überwinden, wenn sie das Gemüse im Schrebergarten nebenan essen wollen. Berichten zufolge konnte eine Gruppe von Schafen einen drei Meter breiten Weiderost überwinden, indem sich die Tiere einfach flach auf den Boden legten und über den Rost hinweg rollten – zum großen Ärgernis der Dorfbewohner:innen. [1]
Viele Menschen wissen leider sehr wenig über Schafe, da sie aus speziesistischer Denkweise hauptsächlich als „Wolllieferanten“ gesehen werden anstatt als eigenständige Individuen. Was Sie über die cleveren und einfühlsamen Tiere wissen sollten, erfahren Sie in diesem Beitrag.
1. Schafe können Gesichter erkennen und unterscheiden
Schafe besitzen die beeindruckende Fähigkeit, sich die Gesichter von Menschen und bis zu 50 anderen Schafen über einen Zeitraum von zwei Jahren zu merken. Selbst Gesichter können Schafe unterscheiden und wiedererkennen. Dies verdeutlicht, dass Schafe in der Lage sind, differenziert zu lernen und sich Details sehr gut zu merken. Ermöglicht wird dieses wichtige Sozialverhalten durch das Aktivieren bestimmter neuronaler Netzwerke, welche Strukturen im menschlichen Gehirn sehr ähnlich sind. [2, 3]
2. Wie heißt das weibliche Schaf?
Schafe erhalten vor allem in der ausbeuterischen „Nutztierindustrie“ verschiedene Bezeichnungen, abhängig vom Alter und dem Grad ihres vermeintlichen „Werts“ für den Menschen – beispielsweise Lammfleisch für das Muskelgewebe gewaltsam getöteter Babyschafe.
- Als Lamm gelten Schafkinder unter einem Jahr.
- Unkastrierte männliche Schafe werden Bock oder Widder genannt.
- Weibliche Schafe werden als „Mutterschafe“ zur Zucht ausgebeutet und abhängig von der Region auch Au, Aue oder Zibbe genannt.
Die Bezeichnungen sollen von der Gewalt ablenken, die sich hinter Tierprodukten versteckt. Würden Produkte ehrlich bezeichnet, würden die meisten Menschen wohl davon absehen, tierische Erzeugnisse zu essen.
3. Schafe können sich „medizinisches Wissen“ aneignen
In einem Experiment wurde festgestellt, dass sich Schafe auf Grundlage verschiedener Geschmacksrichtungen Wissen über Nahrung aneignen können. Wenn die Tiere krank sind, können sie dieses Wissen gezielt dafür einsetzen, sich selbst zu behandeln, indem sie auf Grundlage des Geschmacks Pflanzen mit heilender Wirkung wählen. [4]
4. Schafe lernen aus Fehlern und haben ein gutes Gedächtnis
Eine von Professorin Jenny Morton (Universität Cambridge) durchgeführte Studie konnte belegen, dass Schafe in der Lage sind, unterschiedliche Farben voneinander zu unterscheiden und sich eine zuvor getroffene Entscheidung über einen Zeitraum von sechs Wochen zu merken. Bei diesem Experiment wurden am Ende eines Labyrinths Kübel mit Nahrung in unterschiedlichen Formen und Farben versteckt. Alle Schafe lernten sehr schnell, welcher Kübel ihr Essen enthielt, und konnten sich auch noch nach sechs Wochen daran erinnern. Die Studie belegte zudem, dass die Tiere in der Lage sind, Fehlentscheidungen zu korrigieren und aus ihren Fehlern zu lernen. [5]
In einem ähnlichen Experiment wurde gezeigt, dass sich Schafe Informationen dieser Art sogar für mindestens 22 Wochen merken können. [6]
5. Schafe entwickeln Gewohnheiten und treffen bewusste Entscheidungen
Studien haben bewiesen, dass die Gehirngröße dieser sanftmütigen, gelehrigen Tiere mit der Größe der Gehirne von Rhesusaffen vergleichbar ist. Sie besitzen die gleichen komplexen Strukturen wie die Gehirne anderer Primaten – so auch des Menschen. Bedingt durch diese Ähnlichkeiten sind Schafe genau wie wir in der Lage, bewusste Entscheidungen zu treffen, sich koordiniert zu bewegen und Gewohnheiten zu entwickeln. [7]
6. Schafe sind empfindsam
Wie Menschen sind Schafe empfindungsfähige Lebewesen. Eine Studie zur emotionalen Reaktion von Schafen belegte, dass sich positive sowie negative Emotionen bei Schafen über physiologische Parameter wie gesteigerte oder verminderte Herzfrequenz, beschleunigte oder verlangsamte Atmung und eine veränderte Hautfeuchtigkeit ausdrücken. [8]
7. Schafe entwickeln Freundschaften
Wenn es ihnen durch die industrielle Tierhaltung nicht verwehrt wird, bilden Schafherden komplexe Beziehungen untereinander aus. Diese werden von den individuellen Persönlichkeiten der Tiere beeinflusst.
In einer Studie konnte gezeigt werden, dass Charaktereigenschaften der Tiere wie Schüchternheit oder Kühnheit dazu führen können, dass sich innerhalb einer Herde Untergruppen bilden. Die Mitglieder bevorzugten es, lieber mit ihren Freunden zusammen zu sein, statt weit entfernt nach besserer Nahrung zu suchen. [1]
8. Ist das Schaf verwandt mit der Ziege?
Schafe und Ziegen haben gemeinsame Vorfahren und gehören zur Familie der Hornträger. Schafe sind eine Unterart der Gattung der ziegenartigen Tiere und damit evolutionär mit den Ziegen verwandt. Sowohl Schafe als auch Ziegen werden beispielsweise für Wolle und Milch als sogenannte Nutztiere ausgebeutet.
9. Schafe haben eine enge Mutter-Kind-Bindung
Lämmer und ihre Mütter haben ab dem Moment ihrer Geburt eine außerordentlich starke Bindung zueinander. Bereits zwölf Stunden nach der Geburt erkennen Lämmer ihre Mütter an ihrem Aussehen und ihrer Stimme. Im Alter von sechs bis zwölf Monaten setzt die Pubertät ein und die Jungtiere werden immer unabhängiger. Trotzdem kann man beobachten, dass auch erwachsene Tiere noch dazu neigen, die Nähe zu ihren Müttern zu suchen und sich zu ihnen gesellen. [9]
Weil es der Wollindustrie primär um Profitmaximierung geht, werden Lämmer im Alter zwischen zwei und vier Monaten – und damit viel zu früh – von ihren Müttern getrennt. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten zeigen, dass diese Trennung bei Mutter und Lamm starkes emotionales Leid verursacht: Mutter und Kind versuchen tagelang zueinanderzufinden, laufen nervös und aufgeregt umher und rufen verzweifelt nacheinander. [10]
10. Schafe leiden in der Wollindustrie
Ungeachtet dieser faszinierenden Tatsachen und Erkenntnisse werden Schafe in der weltweiten Wollindustrie zu Profitzwecken ausgebeutet, gequält und getötet.
PETA und ihre internationalen Partnerorganisationen konnten mit bahnbrechenden Undercover-Recherchen in der Vergangenheit mehrfach aufzeigen, welch schockierende Misshandlungen die Tiere vor ihrem Tod erleiden, darunter die blutige Lämmerverstümmelung, die grausame Kastration ohne Betäubung und die tierquälerischen Lebendexporte.
Sie können Schafen noch heute helfen
Sie können noch heute und direkt dazu beitragen, Schafe vor dem alltäglichen Leid durch die Wollindustrie zu schützen, indem Sie keine Produkte mit Wolle von Schafen oder anderen Tieren kaufen.
Der Handel bietet heute zahlreiche tierfreundliche Textilien aus pflanzlichen oder synthetischen Materialien, wie Baumwolle, Lyocell, Viskose, Modal, Polyester oder Acryl. Auch unser PETA-Approved Vegan-Logo hilft bei Suche nach tierleidfreier Bekleidung.
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Quellen
[1] BBC (30.07.2004): Crafty sheep conquer cattle grids, http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/3938591.stm (eingesehen am 25.04.2024)
[2] Kendrick, KM; da Costa AP; Leigh, AE; Hinton, MR; Peirce, JW (2001): Sheep don’t forget a face. Nature 414: 165–6.
[3] Knolle, F; Goncalves, RP; Morton, AJ (2017): Sheep recognize familiar and unfamiliar human faces from two-dimensional images. University of Cambridge. Royal Society Open Science, doi: 10.1098/rsos.171228.
[4] Villaba, Juan Provenza, Frederick Shaw, Ryan (Mai 2006): Sheep self-medicate when challenged with illness-inducing foods (2006), https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0003347206000406 (eingesehen am 25.04.2024)
[5] Morton, Jennifer (2001): Executive Decision-Making in the Domestic Sheep, https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0015752 (eingesehen am 25.04.2024)
[6] Hunter, D. S., Hazel, S. J., Kind, K. L., Liu, H., Marini, D., Owens, J. A., Pitcher, J. B., & Gatford, K. L. (2015): Do I turn left or right? Effects of sex, age, experience and exit route on maze test performance in sheep. Physiology and Behavior, 139, 244-253
[7] Morton, Jenny (2015): On sheep, http://www.cam.ac.uk/research/features/counting-on-sheep (eingesehen am 25.04.2024)
[8] Reefmann, Nadine; Bütikofer Kaszàs, Franziska; Wechsler, Beat; Gygax, Lorenz (2009): Physiological expression of emotional reactions in sheep, https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0031938409002169 (eingesehen am 19.04.2024)
[9] Nowak, R; Poindron, P.; Le Neindre, P; Putu, I.G. (1987): Ability of 12-hour-old Merino and crossbred lambs to recognise their mothers, Applied Animal Behaviour Science, Volume 17, Issues 3–4.
[10] Cockram, M.S.; Imlah, P; Goddard, P.J.; Harkiss, G.D.; Waran N.K (1993): The behavioural, endocrine and leucocyte response of ewes to repeated removal of lambs before the age of natural weaning, Applied Animal Behaviour Science, Vol. 38, Ausgabe 2, S.127-142.
Hinweis: PETA lehnt Tierversuche grundsätzlich ab. Zwar können die oben genannten Ergebnisse dazu beitragen, dass sich der Blick der Menschen auf unsere Mitgeschöpfe ändert und somit langfristig Hoffnung auf eine bessere Zukunft für Tiere besteht. Dennoch ist die Durchführung dieser oder ähnlicher Tierversuche ethisch nicht zu rechtfertigen. Unserer Ansicht nach haben Forschende die ethische Verantwortung, solche Erkenntnisse nicht in Versuchen an Tieren, sondern durch Beobachtungsstudien in der natürlichen Umgebung der Tiere zu erlangen.
Trotz alledem ist den Tieren nun am meisten damit geholfen, die Ergebnisse publik zu machen, denn sie zeigen, wie faszinierend Tiere sind. Und sie verdeutlichen, dass es falsch ist, Tiere in Versuchslaboren einzusperren und in Experimenten zu missbrauchen.