Die Europäische Union finanziert im Rahmen des sogenannten „EU-Schulprogramms“ mit dem Programmteil „Schulmilch“ in vielen Mitgliedsstaaten die Verteilung von Kuhmilchprodukten an Schulen. Für „Schulmilch“ stellt die EU den Mitgliedsstaaten jährlich 100 Millionen Euro zur Verfügung – im Schuljahr 2020/2021 waren es für Deutschland 10,5 Millionen Euro. [1] Unter dem Deckmantel der angeblichen Förderung einer gesunden Ernährung für Kinder wird auf diese Weise die Ausbeutung von Tieren mit EU-Geldern unterstützt. „Schulmilch“ ist für Kinder weder notwendig noch gesund.
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Wie entstand das „Schulmilchprogramm“?
Im Jahr 2000 führte die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) den Weltschulmilchtag ein, um weltweit auf Schulmilchprogramme aufmerksam zu machen. Dieser Tag wird in Deutschland dazu genutzt, ein Programm zu feiern, das Mitte der 1970er-Jahre ausschließlich zur Absatzsteigerung von Milch und Milchprodukten eingeführt wurde und erst im Nachhinein einen „Gesundheitsanstrich“ erhielt.
Den eigentlichen Zweck des Programmes beschrieb der damalige Landwirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen, Hans Otto Bäumer (SPD), 1982 noch mit ehrlichen Worten: Dieser bestünde ausschließlich darin, „den Milchabsatz zu heben, mehr Umsatz zu erreichen“. [2]
Warum Milch für Kinder unnötig und sogar ungesund ist
Kühe geben genau wie Menschen und alle anderen Säugetiere nur dann Milch, wenn sie ein Baby geboren haben. Milch ist immer Muttermilch und deshalb an die Ernährungsbedürfnisse des jeweiligen Neugeborenen angepasst. Menschliche Milch ist für Menschenbabys und Kuhmilch für Kälber. Dabei sind wir Menschen die einzige Spezies, die die Muttermilch anderer Tierarten trinkt. Eine ausgewogene vegane Ernährung ist für alle Phasen des Lebens – einschließlich der Kindheit und Jugend – geeignet und gesund. [3]
Laut der 2020 veröffentlichten VeChi-Youth-Studie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung haben vegane Kinder keinerlei Nachteile, sondern verzehren sogar mehr gesundheitsförderliche Lebensmittel als mischköstlich ernährte Kinder. [4] Auch für die Kalziumversorgung brauchen Kinder keine Kuhmilch, denn viele pflanzliche Lebensmittel enthalten jede Menge Kalzium. Dazu gehören etwa Sesam, Mandeln, Haselnüsse, Grünkohl, Spinat, Soja, Brokkoli, kalziumreiches Mineralwasser und angereicherte Pflanzendrinks.
Der Konsum von tierischer Muttermilch ist aber nicht nur ernährungsphysiologisch unnötig, sondern kann sogar unserer Gesundheit schaden:
- Das Milcheiweiß Kasein und andere Proteine in Kuhmilch können bei Kindern Allergien auslösen. Eine Allergie gegen Kuhmilch ist die häufigste Allergie im Säuglingsalter. [5] Gerade im Säuglings- und Kindesalter löst Kuhmilch oft Beschwerden im Verdauungstrakt oder an der Haut aus. [6]
- Kuhmilch hat einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren, die die Blutfettwerte und damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. [7, 8]
- Es gibt einen Zusammenhang zwischen Milchkonsum und dem Auftreten von Akne. [9]
- Gerade im Jugendalter begünstigt der Konsum von Milch und Milchprodukten wie Quark und Frischkäse das Auftreten von schwerer Akne. [10, 11]
- Studien zeigen, dass der Konsum von Kuhmilch das Risiko für verschiedene Krebserkrankungen wie Brustkrebs [12] und Prostatakrebs [13] erhöht.
- Milch enthält pharmakologisch aktive Substanzen wie Antibiotika, Schmerzmittel und synthetische Geschlechtshormone [14] sowie kanzerogene Umweltgifte wie Dioxin und PCB. Die Dioxin- und PCB-Aufnahme durch den Menschen erfolgt zu über 90 Prozent mit der Nahrung über fetthaltige tierische Lebensmittel wie Milch. [15]
Für „Schulmilch“ müssen Tiere leiden
Damit Kühe für die Industrie den erwünschten „Nutzen“ bringen, ist ihr Leben ein einziger leidvoller Kreislauf aus meist künstlicher Befruchtung, Geburt, Wegnahme des Kalbes und dem Melken. Wie wir Menschen sind Kühe neun Monate schwanger. Fast allen Mutterkühen werden in der Milchindustrie kurz nach der Geburt ihre Kälber entrissen. Mutter und Kalb schreien oft tagelang nacheinander. Die empfindsamen Hornansätze der meisten Kälber werden mit einem glühend heißen Brennstab entfernt, damit der Umgang mit den Tieren leichter ist und möglichst viele Kühe auf engem Raum gehalten werden können. Meist erhalten die Tiere bei diesem äußerst schmerzhaften Eingriff keine Betäubung.
Die Mutterkühe produzieren in der deutschen Milchindustrie teilweise über 50 Liter pro Tag – ein Kalb benötigt täglich nur etwa zehn Liter. Unter der angezüchteten „Leistung“ leidet besonders das empfindliche Euter einer Kuh: Aufgrund der hohen Milchproduktion kommt es oft zu schmerzhaften Euterentzündungen. Nach der Geburt werden die Mütter schnellstmöglich erneut befruchtet und der Kreislauf beginnt von vorne.
„Schulmilch“ ist umwelt- und klimaschädlich
Die landwirtschaftliche Tierhaltung gehört zu den Hauptverursachern von Klimawandel und Umweltzerstörung. Sie verursacht mehr Treibhausgase als der gesamte Verkehrssektor. [16] Milchprodukte wie Butter, Käse und Sahne zählen zu den klimaschädlichsten Nahrungsmitteln. [17] Die Treibhausgasemissionen entstehen zum einen direkt durch die Methan-Ausscheidungen der Tiere, zum anderen indirekt durch Abholzung von Wäldern für den sogenannten Futtermittelanbau und Landnutzungsänderungen, auch für die deutsche Milchwirtschaft.
Im Vergleich zu einem Liter Pflanzenmilch erfordert die Produktion von einem Liter Kuhmilch die zwölffache Landnutzung und verursacht dreimal so viele Treibhausgasemissionen. [18] Darüber hinaus werden für die Produktion von einem Liter Kuhmilch durchschnittlich 1.050 Liter Wasser verbraucht, beim Sojadrink sind es hingegen nur 297 Liter. [19]
Gibt es sinnvolle Alternativen zu „Schulmilch“?
Mit dem EU-Schulprogramm sollten gesunde und klimaschonende Lebensmittel für Kinder gefördert werden. Dazu sollte der bereits bestehende Programmteil „Obst und Gemüse“ ausgeweitet und durch Pflanzendrinks aus Soja, Hafer, Mandeln oder Reis ergänzt werden. Zudem sollte Kindern die Möglichkeit geboten werden, die Wahrheit über tierische Produkte und das damit verbundene Leben und Leiden von sogenannten Nutztieren sowie die Auswirkungen auf die Umwelt zu erfahren. Tiere als fühlende und leidensfähige Mitgeschöpfe zu begreifen, ist für junge Menschen ein wichtiger Schritt, um sich zu empathischen Mitmenschen zu entwickeln.
Da es vor allem unsere Kinder und deren Kinder sind, die in Zukunft unter den Folgen des menschengemachten Klimawandels leiden müssen, sollten wir mit gutem Beispiel vorangehen und Kindern möglichst früh eine klimaschonende, pflanzliche Ernährung näherbringen und ihnen Wissen über eine ausgewogene vegane Ernährung vermitteln. Eine vegane Ernährung schützt Tiere, schont die Umwelt und ist auch für Kinder gesund.
Was Sie tun können
Über die Auswahl der angebotenen Nahrungsmittel im Rahmen des EU-Schulprogramms entscheiden Lehrkräfte, Schulleiter:innen und Eltern. Helfen Sie den Verantwortlichen bei einer Entscheidung, die die Gesundheit der Kinder, klimaschonende Lebensmittel und das Wohl der Tiere in den Fokus rückt, und klären Sie sie über die Nachteile von Kuhmilchprodukten auf. Verweisen Sie gerne auf unser Unterrichtsmaterial.
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Quellen
[1] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Das EU-Schulprogramm, https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/kita-und-schule/schulobst.html, (eingesehen am 13.08.2021)
[2] foodwatch (2018): Im Kakao-Sumpf – der Schulmilch-Report, https://www.foodwatch.org/fileadmin/Themen/Schulmilch/2018-10-10_Schulmilch-Report_web.pdf, (eingesehen am 18.08.2021)
[3] Melina, Craig & Levin (2016): Position of the Academy of Nutrition and Dietetics: Vegetarian Diets. Journal of the Academy of Nutrition and Dietetics, https://jandonline.org/article/S2212-2672(16)31192-3/fulltext, (eingesehen am 16.08.2021)
[4] Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2020): 14. DGE-Ernährungsbericht, 4 Vegetarische und vegane Ernährung bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland – VeChi-Youth-Studie (S. 289 – 354)
[5] Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V. (2018): Kuhmilchallergie bei Babys, https://dha-allergien-vorbeugen.de/presse/158-kuhmilchallergie-bei-babys.html, (eingesehen am 16.08.2021)
[6] Deutscher Allergie- und Asthmabund, https://www.daab.de/ernaehrung/nahrungsmittel-allergien/ausloeser/uebersicht/kuhmilch/, (eingesehen am 16.08.2021)
[7] Song et al. (2019): Association of Animal and Plant Protein Intake With All-Cause and Cause-Specific Mortality. JAMA Internal Medicine, https://jamanetwork.com/journals/jamainternalmedicine/fullarticle/2540540, (eingesehen am 16.08.2021)
[8] Chen et al. (2016): Dairy fat and risk of cardiovascular disease in 3 cohorts of US adults. The American Journal of Clinical Nutrition, https://academic.oup.com/ajcn/article/104/5/1209/4564387, (eingesehen am 16.08.2021)
[9] Dai, Hua, Chen, Xiong, Li (2018): The effect of milk consumption on acne: a meta‐analysis of observational studies. Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology, https://www.clinicalnutritionjournal.com/article/S0261-5614(18)30166-3/fulltext, (eingesehen am 16.08.2021)
[10] Adebamowo et al. (2005): High school dietary dairy intake and teenage acne. Journal of the American Academy of Dermatology, https://www.jaad.org/article/S0190-9622(04)02158-9/fulltext, (eingesehen am 16.08.2021)
[11] Adebamowo et al. (2008): Milk consumption and acne in teenaged boys. Journal of the American Academy of Dermatology, https://www.jaad.org/article/S0190-9622(07)02402-4/fulltext, (eingesehen am 16.08.2021)
[12] Fraser, Gary E. et al. (2020): Dairy, soy, and risk of breast cancer: those confounded milks. International Journal of Epidemiology, https://academic.oup.com/ije/advance-article-abstract/doi/10.1093/ije/dyaa007/5743492?redirectedFrom=fulltext, (eingesehen am 16.08.2021)
[13] Shin, John et al. (2019): Effect of Plant- and Animal-Based Foods on Prostate Cancer Risk. The Journal of the American Osteopathic Association, https://www.degruyter.com/document/doi/10.7556/jaoa.2019.123/html, (eingesehen am 16.08.2021)
[14] Azzouz et al. (2011): Simultaneous Determination of 20 Pharmacologically Active Substances in Cow’s Milk, Goat’s Milk, and Human Breast Milk by Gas Chromatography–Mass Spectrometry. Journal of Agricultural and Food Chemistry, https://pubs.acs.org/doi/10.1021/jf200364w, (eingesehen am 16.08.2021)
[15] Anja Behnke et al. (2018): Dioxine und dioxinähnliche PCB in Umwelt und Nahrungsketten. Umweltbundesamt, Seite 31, https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2018_10_uba_hg_dioxine_bf_neu.pdf, (eingesehen am 16.08.2021)
[16] Gerber, et al. (2013): Tackling climate change through livestock – A global assessment of emissions and mitigation opportunities. Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), Rome, http://www.fao.org/3/a-i3437e.pdf, (eingesehen am 17.08.2021)
[17] Wintermantel, Benita (2019): Rindfleisch nur auf Platz 2: Diese Lebensmittel sind die schlimmsten Klimakiller. ÖKO-TEST AG, https://www.oekotest.de/essen-trinken/Rindfleisch-nur-auf-Platz-2-Diese-Lebensmittel-sind-die-schlimmsten-Klimakiller-_600836_1.html, (eingesehen am 17.08.2021)
[18] ProVeg. „Der Pflanzenmilch-Report: Auf dem Weg zu einer gesunden und nachhaltigen Ernährung“. 2019, https://proveg.com/de/ernaehrung/pflanzliche-alternativen/pflanzenmilch-report/?fbclid=IwAR3on5uwPOQhkIIlfqiShTa-xalFXnTOjGaIFFeONQwSuYc03MqKBx5lmMY, (eingesehen am 18.08.2021)
[19] Ercin, Aldaya & Hoekstra (2011): The Water Footprint of Soy Milk and Soy Burger and equivalent Animal Products. Value of Water Research Report Series No. 49. UNESCO-IHE Institute for Water Education. Delft, Niederlande