Die Resolution wurde ursprünglich durch die Organization of the Islamic Conference (OIC), eine Organisation mit 56 Mitgliedsstaaten, vorgeschlagen und durch Pakistan vor das Human Rights Council gebracht. Sie war demnach für Vorfälle wie die abfälligen Karikaturen des Propheten Mohamed gedacht gewesen, die vor drei Jahren in dänischen Zeitungen erschienen.
Deutschland stellte sich gegen diese Resolution. Im Namen der Europäischen Union sprechend lehnte ein deutscher Sprecher das Konzept der „Diffamierung der Religion“ als gegenstandslos im Hinblick auf die Menschenrechte ab, da diese Individuen zuständen, keinen Institutionen oder Religionen.
Auch viele Nicht-Regierungsorganisationen – sowohl weltlich als auch religiös – stellten sich gegen die Resolution. Ronald Lauder, Vorsitzender des World Jewish Congress, sagte, dass die Institution der Ansicht war, die Resolution würde „das Recht von Individuen, ihre Ansichten zum Ausdruck zu bringen“ schwächen.
Dies hört sich nach einem stichhaltigen Argument an. Während Versuche, Hass gegen die Anhänger einer Religion zu schüren oder zu Gewalt ihnen gegenüber aufzurufen legitimerweise unterbunden werden dürfen, sollte dies nicht auf die Kritik an einer Religion selbst zutreffen.
Die Resolution ist zwar nicht bindend, würden die Länder jedoch Gesetz aufnehmen, die dies in Kraft setzten, so würde dies sicherlich der Meinungsfreiheit im Weg stehen. Zunächst einmal wäre die Definition von „Diffamierung der Religion“ streitig.
So gab die OIC beispielsweise in einem Statement an, dass „der Islam häufig fälschlicherweise mit Menschenrechtsverletzungen und Terrorismus in Zusammenhang gebracht wird“. Ist dieser Zusammenhang falsch? Wenn die OIC die Auffassung der Menschen, der Islam würde gegen Menschenrechte verstoßen, ändern möchte, so ist es wohl kaum der beste Weg, die Meinungsfreiheit zu untergraben. Stattdessen sollten Gegenbeweise gebracht und dargelegt werden, dass die Menschenrechte – einschließlich der Rechte der Frauen – in islamischen Ländern genauso geschützt sind, wie auch in nicht-islamischen Ländern.
Um zu zeigen, dass es falsch ist, den Islam mit Terrorismus in Verbindung zu stellen, sollte die OIC vielleicht damit anfangen, Statistiken über die Religionszugehörigkeit derer zu erstellen, die sich am Terrorismus beteiligen. Im Gegensatz dazu würde eine Unterdrückung der Redefreiheit unter Kritikern des Islam nur zu der Annahme führen, dass Beweise und stichhaltige Argumente diese Meinung nicht entkräften können.
In der gleichen Woche, in der sich Deutschland und der World Jewish Congress gegen die Idee stellten, eine Diffamierung der Religion würde gegen die Menschenwürde verstoßen und so die Meinungsfreiheit verteidigten, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem Fall, der durch eine jüdische Organisation und zwei jüdische Individuen zur Anklage kam. Das Gericht entschied gegen das Recht der in Amerika ansässigen Tierrechtsgruppe People for the Ethical Treatment of Animals zur Ausstellung von Bildern, die Fotos von Holocaustopfern Fotos von Tieren in der Massentierhaltung und im Schlachthof gegenüberstellten.
Die Poster liefen unter dem Slogan: „Für Tiere sind alle Menschen Nazis“ – ein Zitat des polnisch-stämmigen jüdischen Schriftstellers Isaac Bashevis Singer. Dem Gericht zufolge schützten die deutschen Gesetze zur Redefreiheit PETAs Kampagne nicht, da es die Menschenwürde verletzen würde, „das Schicksal der Holocaust-Opfer banal und trivial erscheinen zu lassen“.
Natürlich wollte PETA mit der Kampagne nicht ausdrücken, dass das Schicksal der Holocaust-Opfer banal oder trivial sei. Ganz im Gegenteil: der Holocaust – dessen Grausamkeiten außer Frage stehen – sollte genutzt werden, um zu aufzuzeigen, dass es durchaus Parallelen zwischen dem Umgang der Nazis mit den Juden und unserem Umgang mit Tieren gibt, wie es auch schon Isaac Bashevis Singer empfand. PETA möchte die Menschen damit zu der Schlussfolgerung bringen, dass sowohl der Holocaust als auch das massenhafte Einsperren und Töten von Tieren schlichtweg furchtbar ist. Eine freie Gesellschaft sollte einer derartigen Diskussion offen gegenüber stehen.
Doch auch unabhängig von PETAs Kampagne sollten diejenigen, die sich vor dem UN Human Rights Council für die Redefreiheit einsetzten doch sehen, dass allein die Tatsache, dass einige Diskussionen beleidigend sein könnten, nicht Grund genug ist, diese zu zensieren. Wenn es PETA nicht gestattet ist, ihren Standpunkt gegen den Missbrauch von Tieren auf eine Art und Weise zum Ausdruck zu bringen, die sie als geeignet erachten, nur weil sich einige Menschen möglicherweise angegriffen dadurch fühlen, dann könnte man genauso gut die Kritik an einer Religion aus den selben Gründen verbieten.
Haben jedoch, auf der anderen Seite, die Anhänger einer Religion kein Recht auf Schutz vor Kritik an ihrer Religion, dann sollten – auch in Deutschland – Holocaust-Opfer und ihre Nachkommen (ich bin einer von ihnen) nicht gegen Werbekampagnen geschützt werden die – obwohl sie weder Hass noch Gewalt schüren sollten – sie möglicherweise beleidigen könnten.