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Warum sind so viele Tauben in der Stadt?

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Tauben in Bahnhofshallen oder Einkaufspassagen werden in der Öffentlichkeit häufig als „Problem“ wahrgenommen. Doch es sind die Tauben selbst, die großes Leid erfahren – und schuld daran ist einzig und allein der Mensch. Die Tauben, die wir in unseren Städten sehen, sind nämlich keine Wildtiere, sondern domestizierte Tiere. Es handelt sich um sogenannte Haustiere, die vom Menschen gezüchtet und anschließend ausgesetzt wurden, sowie deren Nachkommen. Daher sind Tauben auf die Versorgung und Fürsorge durch den Menschen angewiesen – ähnlich wie sogenannte Straßenhunde und -katzen in anderen Ländern.

Erfahren Sie hier alles über das Leid der Stadttauben und welche Maßnahmen es gibt, um die Tierqual zu vermeiden.

Inhalte im Überblick

Warum sind so viele Tauben in der Stadt?

In den Städten leben so viele Tauben, weil die Tiere immer wieder bei Wettflügen oder Hochzeiten aufgelassen bzw. ausgesetzt werden – und die Orientierung verlieren oder völlig dehydriert nicht mehr weiterfliegen können. Wenn sie den Weg nach Hause nicht mehr finden, schließen sie sich Stadttaubenpopulationen an und vergrößern das Leid.

Warum gibt es so viele Stadttauben?

Taubenzüchter:innen tragen maßgeblich zu dem Problem der Stadttauben bei – sie verschärfen es mit der Zucht und dem Aussetzen immer neuer Tiere bei sogenannten Brieftaubenwettflügen: Jedes Jahr stranden dadurch Tausende weitere Tauben in den Städten.

Ein zukunftsfähiges und nachhaltiges Management von Tauben in Städten sollte neben betreuten Schlägen zwingend auch ein Verbot von Taubenauflässen für Wettflüge und Hochzeiten beinhalten. Nur so können wir Stadttauben ein gutes Leben ermöglichen – und das ist unsere Verantwortung, denn ihr Leid ist menschengemacht und sie sind durch die jahrtausendlange Zucht auf die Fürsorge des Menschen dringend angewiesen.

Stadttauben sitzen hintereinander aufgreiht an einem Gelaender am Fluss.
Den Grundstock für die Populationen der Stadttauben bildeten entflogene oder ausgesetzte Haustauben.

Tauben in Städten leiden vor allem wegen vier Aspekten

1. Brutzwang

Tauben werden seit langer Zeit gezüchtet. Der Mensch hat sie über viele Jahrhunderte Hinweg wegen ihres Fleisches und ihrer Eier ausgenutzt – und als sogenannte Brieftauben aufgrund ihrer Treue zum Partner und zum heimatlichen Schlag. Zudem wurde den Tieren ein permanenter Brutzwang angezüchtet. Daher brüten Stadttauben im Gegensatz zu Wildtauben mehrfach im Jahr, ganz gleich, ob genügend Nahrung oder ein geeigneter Lebensraum zur Verfügung steht. Dieser angezüchtete Brutzwang verstärkt das Elend der Tiere.

2. Hunger

Die natürliche Nahrung von Tauben besteht primär aus Körnern und Samen, die in den Städten rar sind. Somit haben die Tauben keine Möglichkeit, in Städten an artgerechte Nahrung zu gelangen und sind darauf angewiesen, sämtliche Essensreste der Menschen zu verzehren: von Brotkrümeln bis hin zu verschimmelter Pizza. Das schwächt ihr Immunsystem immens, lässt sie schneller erkranken und führt oft zu einem flüssigen „Hungerkot“. Da sie ihre Küken versorgen müssen, betteln sie um jeden Krümel. Es ist die schiere Verzweiflung, um das Verhungern abzuwenden. 

Soll man (Stadt-)Tauben füttern?

In Deutschland gilt zwar kein generelles „Fütterungsverbot“ von Tauben, dennoch wird es in vielen Städten wie Hamburg, Stuttgart oder Braunschweig als Ordnungswidrigkeit gesehen, Tauben Nahrung zu geben, augenscheinlich mit dem Ziel, deren Population zu verringern. Menschen, die Stadttauben beispielsweise Körner hinwerfen, können mit Bußgeldern belegt werden. Das kann vor allem bei wiederholten „Verstößen“ teuer werden. Bei Fütterungsverboten ohne betreute Taubenschläge in Städten handelt es sich um eine tierleidvolle Methode der Vergrämung, die für die Tauben ein Leben nahe dem Hungertod bedeutet. Kranke Tiere sind in solchen Städten keine Seltenheit.

Zwei graue Stadttauben stehen sich gegenueber mit geoeffneten Schnaebeln. Eine Taube hat Brotkrumen im Schnabel.
Unkontrolliertes Verteilen von Nahrung an Stadttauben verschärft die ohnehin prekäre Situation der Tiere.

Bitte sehen Sie grundsätzlich davon ab, Vögeln wie Tauben oder Enten Brot hinzuwerfen. Für die Tiere ist das keine artgerechte Nahrung. Brot kann für sie sogar lebensbedrohliche Folgen haben und der Gesundheit der Tiere noch mehr schaden.

3. Platz

Stadttauben stammen von verwilderten Haus- und Brieftauben ab, die einst aus der am Mittelmeer heimischen Felsentaube gezüchtet wurden. Im Gegensatz zu unseren heimischen Wildtauben wie die Ringel- und Turteltauben, die in Bäumen leben, brüten Felsentauben in Felswänden. Als Abkömmlinge der Felsentaube brauchen Stadttauben also kleine, flache Flächen, auf denen sie ihre Nester bauen können. Diese finden sie in Häuserfassaden und anderen städtischen Strukturen, doch nahezu überall werden sie durch Abwehrnetze und Metallspitzen vergrämt und sogar schwer verletzt. In der Folge sind die Tiere gezwungen, immer dichter zusammenzurücken. Das ist nicht nur für sie selbst unangenehm, sondern erweckt bei vielen Menschen den Eindruck, es gäbe eine übermäßige Zahl an Stadttauben.

Online-Petition
Helfen Sie Tauben, die durch Spikes und Co. gequält werden
Appelliere Sie an den Bundesminister, tierfeindliche Vergrämungsmethoden in Städten endlich zu verbieten.
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4. Verletzungsgefahren

Alle kennen die spitzen Metallstäbe, sogenannte Spikes, die zur Taubenvergrämung in Bahnhöfen und an Gebäuden eingesetzt werden. Aufgrund ihres Instinkts, nur an bestimmten Stellen brüten zu können, verletzen sich die Stadttauben oftmals schwer an den Metallstäben, insbesondere ungeübte Jungtiere.

Auch Fäden, Schnüre, Haare und Gummibänder auf den Straßen stellen eine Gefahr für die Tauben dar. Da die Tiere auf der ständigen Suche nach Nahrung viel auf dem Boden umherlaufen, wickeln diese sich um die Füße der Vögel, was zu Verletzungen und äußerst schmerzhaften Abschnürungen führen kann – nicht selten stirbt dadurch der ganze Fuß oder Teile davon ab. Doppelte Verschnürungen, also an beiden Füßen, können eine Taube laufunfähig machen. Da sie nur durch Laufen an Nahrung gelangen kann, bedeutet dies für sie einen qualvollen Hungertod.

Wie alt werden Stadttauben?

Tauben können unter idealen Bedingungen bis zu zehn Jahre alt werden. Doch die Lebensbedingungen in der Stadt führen dazu, dass die Tiere nur etwa zwei bis drei Jahre überleben. In Stadtkernen sterben etwa 90 Prozent der Jungtauben in ihrem ersten Lebensjahr. [1]

Die nachhaltige Lösung: betreute Taubenschläge

Da Tauben das ihnen vom Menschen angezüchtete Verhalten nicht ändern können, stehen wir in der Verantwortung, den Tauben zu helfen, ihnen alternative und sichere Lebensräume zu bieten und ihre Versorgung sicherzustellen. Die einzige nachhaltige Lösung sind Taubenschläge, die dort errichtet werden, wo sich Tauben aufhalten: in den Innenstädten. Den Tauben stehen darin artgerechte Nahrung und Wasser sowie geeignete Brutplätze zur Verfügung.

Durch den Austausch der Taubeneier mit Plastik- oder Gipseiern erfolgt eine tierschutzgerechte und nachhaltige Kontrolle der Population. Wird der betreute Taubenschlag von den Tauben angenommen, verbringen die Tiere auch die meiste Zeit darin. Somit sammelt sich ein Großteil des Taubenkots in den Schlägen und nicht in den Städten. Einige Städte haben bereits begonnen, die Taubenpopulationen auf diese Weise erfolgreich zu kontrollieren – doch leider engagieren sich noch immer zu wenige Städte für die tierleidfreie und nachhaltige Methode.

Zwei Stadttauben sitzen im Taubenschlag
In betreuten Taubenschlägen werden die Tiere von Freiwilligen versorgt und überwacht.
  • Die „Taubenpille“ Ovistop – warum das Medikament nicht tierfreundlich ist

    Vermehrt wird auch versucht, die Populationen von Stadttauben mit der sogenannten „Taubenpille“ mit dem Namen Ovistop einzudämmen. Der Wirkstoff des Medikaments Nicarbazin ist als dauerhaftes Verhütungsmittel für Tauben bisher jedoch kaum erforscht: Es wird von lebensbedrohlichen Nebenwirkungen berichtet. Bisher kam der Wirkstoff bei Hühnern in der Ernährungsindustrie zum Einsatz, die nach einem vergleichsweise kurzen Leben ohnehin getötet werden. Eine Überdosierung kann zu Atemnot, erhöhter Körpertemperatur und dadurch zum Tod führen. Wie sich das Medikament auf Stadttauben mit einer längeren Lebenserwartung auswirkt, ist bislang unklar.

    Ovistop als „Verhütungsmittel“ bei Stadttauben ist umstritten und hat klare Nachteile gegenüber einem betreuten Schlag für die Tiere:

    Die Tauben als verwilderte „Haustiere“ erhalten kein Zuhause, wie dies ein Taubenschlag tun würde. In einem Schlag können die Tauben geschützt brüten, bekommen artgerechte Nahrung, ihr Gesundheitszustand kann überwacht werden und die Eier werden durch Attrappen getauscht, was eine Vermehrung sicher und ohne Nebenwirkungen verhindert.

    Wie wirkt Ovistop als „Verhütungsmittel“ bei Tauben?

    Anders als die „Antibabypille“ beim Menschen wirkt Ovistop nicht hormonell gegen Schwangerschaften. Ovistop wurde ursprünglich zur Parasitenbekämpfung von Hühnern in der Mast entwickelt. Es verhindert jedoch auch die Entwicklung eines Embryos im Ei. Jedoch wurden bei Hühnern Nebenwirkungen festgestellt, die bei Tauben nicht ausgeschlossen werden können und ihr Leid auf den Straßen noch vergrößern kann:

    • Hitzeempfindlichkeit, was gerade im Sommer zur Hauptbrutzeit schwerwiegende Folgen für die brütenden Tauben haben kann.
    • Appetitlosigkeit, was zum einen die Wirksamkeit der Methode einschränkt (Mais umhüllt mit dem Wirkstoff wird ausgeschieden, bei verringertem Hunger ist auch die Aufnahme noch unklarer).
    • Zudem kämpfen Stadttauben bereits jetzt mit Hunger, ein langsamer Hungertod darf also keinesfalls unterstützt werden.
    • Auch eine dünne Eierschale kann als Nebenwirkung auftreten: Diese kann zum Steckenbleiben des Eies und zu einem qualvollen Tod des Taubenweibchens führen.

    Wenn in Ländern wie Italien und Belgien berichtet wird, dass der Einsatz des Mittels zum Rückgang von Stadttauben-Populationen geführt hat, kann das auch damit zusammenhängen, dass viele ausgewachsene Tiere an den Folgen der Medikation sterben. Denn die Gesundheit der Tauben wird nicht überwacht. Dies wäre tierschutzrechtlich nicht vertretbar.

    Wir von PETA Deutschland appellieren deshalb an alle Verantwortlichen, Versuche auf Kosten der Tauben abzulehnen und stattdessen auf nachhaltige Arbeit mit Tierschutzvereinen und Stadttaubenprojekten zu setzen.

Taubenhilfe in der Nähe

Wenn Sie eine verletzte Taube sehen oder ein Nest bemerken, das ein Taubenpärchen regelmäßig anfliegt, kontaktieren Sie bitte umgehend die Taubenhilfe. Die meisten größeren und auch viele kleinere Städte haben inzwischen Stadttauben-Projekte, die sich damit auskennen, was in den verschiedenen Fällen zu tun ist. Bitte sehen Sie nicht weg, die Tiere sind auf Ihre Mithilfe angewiesen.

Wie können Sie Stadttauben helfen?

Bitte klären Sie Ihre Mitmenschen über das Leid der Stadttauben auf. Wenn Sie sich ehrenamtlich engagieren möchten, wenden Sie sich gerne an bestehende Stadttaubenprojekte – diese suchen jederzeit händeringend nach Helfer:innen zum Eiertausch und Betreuen der Schläge.

Außerdem helfen Sie Tauben, indem Sie unsere Petition gegen sogenannte Taubenwettflüge unterstützen.