In Spanien, Frankreich, Portugal sowie einigen südamerikanischen Ländern wie Mexiko, Venezuela, Peru und Ecuador finden noch immer Stierkämpfe statt. Unter dem Deckmantel der „Tradition“ werden allein in Spanien jedes Jahr mehrere Tausend Stiere regelrecht zu Tode gefoltert.
Wie läuft ein Stierkampf ab?
Eine Stierkampfaufführung dauert klassischerweise 20 Minuten und endet mit dem grausamen Tod des Tieres. Beim klassischen Stierkampf in der Arena traktieren Toreros das Tier mit Dolchen und Lanzen, bis es erschöpft zusammenbricht. Toreros werden die – zumeist Männer – Akteure genannt, die auf dem Platz mit dem Stier „kämpfen“. Zu Beginn rammen die Toreros dem Stier in einem engen Gang einen Widerhaken in den Nacken, woraufhin er – von Schmerzen angestachelt – in die Arena rennt.
Dann stechen Reiter (Picadores) mit Lanzen auf den Stier ein und verletzen Bänder, Sehnen und Fasern der Nackenmuskulatur, sodass das Tier seinen Kopf nicht mehr heben kann und der spätere Todesstoß noch einfacher für den Stierkämpfer wird. Anschließend betreten Toreros zu Fuß die Arena und stecken dem Stier Holzstöcke mit rund fünf Zentimeter langen Widerhaken, sogenannte Banderillas, in den Rücken. [1] Durch den hohen Blutverlust wird das Tier zunehmend geschwächt, in seinem Todeskampf jedoch immer wieder aufgehetzt und durch die Arena gejagt.
In einer Art „drittem Akt“ der rituellen Tierquälerei versucht der Matador, den sterbenden Stier ein letztes Mal zu einem Angriff zu provozieren, um ihm dann mit seinem Dolch und einem tiefen Stich in den Nacken die Halsschlagader zu verletzen und so zu töten. [1] Wenn der Stich daneben geht und den Stier nicht tödlich verwundet, kommen Helfer:innen und stechen weiter auf das Tier ein.
Wie werden Stiere getötet?
Oftmals ist der Stier am Ende des Kampfes noch immer bei Bewusstsein und befindet sich unter Qualen im Todeskampf. Bei den Dolchstößen trifft der Matador oft anstelle der Halsschlagader das Herz, die Lunge oder den Magen, meistens sind mehrere Stiche üblich. [2] In diesem Zustand wird der Stier an Ketten aus der Arena gezerrt. Sind die Zuschauer:innen mit dem Matador zufrieden, schneidet er Ohren und – bei besonders „überzeugender Tötung“ – den Schwanz des Tieres ab, um sie der Menge als Trophäe zu präsentieren. Der Stier lebt zu diesem Zeitpunkt manchmal noch.
Nach der Prozedur hängen Helfer:innen den Stier außerhalb der Arena kopfüber auf und schneiden ihm den Hals auf, sodass er langsam ausblutet. Anschließend werden die Stiere in Schlachthäuser gebracht und auf Krankheiten wie BSE getestet. Ist der Befund negativ, wird das stressdurchsetzte Fleisch an Restaurants geliefert. [3] Im Zuge der Corona-Pandemie verkaufen Stierzüchter:innen die Tiere für ein Zehntel des früheren Preises an die Fleischindustrie. [4]
Was passiert mit dem Stier vor dem Kampf?
Für den Stierkampf wird eine bestimmte Stierart gezüchtet. Die Stiere werden Tage vor den Kämpfen in dunkle Ställe gesperrt. Wenn die Tiere dann in die Arena gebracht werden, reizt die Sonne ihre Augen und löst Stress und die gewünschte Irritation aus. [2] Zudem kommt es vor, dass dem Stier die Hörner gekürzt werden. Dadurch verliert er seinen Tastsinn und er kann mit seinen Hörnern nicht mehr zielgerichtet zustoßen. [5]
Überleben manche Stiere den Kampf?
Wenn sich ein Stier in der Arena passiv und nicht angriffslustig genug zeigt, kommt es manchmal vor, dass er ausgetauscht wird – das Tier erfüllt dann nicht den morbiden „Unterhaltungsfaktor“ des zahlenden Publikums. Für den Stier bedeutet das den direkten Weg ins Schlachthaus und damit nur eine andere Art eines qualvollen Todes. [1]
In sehr seltenen Fällen überleben einige Tiere – wie in 2008 der vierjährige Stier Desgarbado in einer Stierkampfarena in Südfrankreich, weil er sich „besonders aggressiv“ in den Kampf stürzte. [6] Das Publikum forderte die „Begnadigung“. Im Zuge dessen wurde der Stier zwar am Leben gelassen, aber zu Zuchtzwecken eingesetzt, um für Nachschub in einer grausamen, ausbeuterischen Industrie zu sorgen.
Portugiesischer oder „blutloser“ Stierkampf tierfreundlich?
Neben dem sogenannten „klassischen“ Stierkampf, bei dem immer der Tod des Stieres am Ende steht, gibt es auch sogenannte portugiesische oder „blutlose“ Stierkämpfe. Bei dieser Unterart des Stierkampfes werden die Stiere ebenfalls angegriffen und angestachelt. Mehrere Männer werfen sich auf die Tiere und halten sich an ihnen fest, bis sie zu Boden geworfen werden.
Häufig werden den Stieren bei diesen angeblich blutlosen Stierkämpfen trotzdem Holzstöcke mit Widerhaken in den Rücken gerammt [7] – Tierquälerei ist Teil der Show, das Töten findet außerhalb der Arena statt. Auch bei dieser Unterart werden die Stiere zu Unterhaltungs- und damit Profitzwecken ausgebeutet.
Welche anderen Tiere leiden bei Stierkämpfen?
Stiere sind nicht die einzigen Opfer in Stierkämpfen: Auch Pferde, die für Stierkämpfe missbraucht werden, können schwere Verletzungen davontragen oder gar sterben, wenn sich die verängstigten Stiere mit ihren Hörnern zur Wehr setzen. Dabei reiten sogenannte Picadores auf den Pferden in die Arena und stechen von oben mit Lanzen auf den Stier ein. Um die Pferde ruhig zu halten, werden den schreckhaften Fluchttieren die Augen verbunden und die Ohren mit Watte verstopft.
Quälerei von Stieren bei grausamen Volksfesten
Neben den klassischen Stierkämpfen in der Arena gibt es auch Volksfeste wie das „Toro-Júbilo-Festival“, bei denen Stiere im Namen der Unterhaltung und „Tradition“ gequält werden. In der spanischen Provinz Soria werden jedes Jahr im November einem Stier die Hörner angezündet. Die Feuerbälle an seinen Hörnern können stundenlang brennen und verbrennen dabei den Körper und die Augen des Stiers.
Bei der Stierhatz im Rahmen des San-Fermín-Festivals im spanischen Pamplona werden Stiere von Hunderten Menschen verfolgt und geschlagen. In ihrer Panik rutschen sie immer wieder in den engen Gassen aus und tragen teils schwere Verletzungen davon. Am Ende werden sie in der Arena getötet.
Verharmlosung von Gewalt kann verheerende Folgen haben
Die Verharmlosung der Folter eines wehrlosen Tieres und die Gewöhnung an derartige Gewalttaten können psychische Schäden bei Menschen hinterlassen und zur emotionalen Abstumpfung führen. Dadurch sinkt die Schwelle zur Gewaltbereitschaft, was zu Aggressionen und Tierquälerei in ihrem Umfeld führen kann.
Die Vereinten Nationen (UNO) raten daher davon ab, Kinder – ob als Zuschauende oder Torero – an Stierkämpfen teilnehmen zu lassen. [8] In speziellen spanischen Stierkampfschulen lernen Kinder das Töten bereits im Alter von zehn Jahren; ab dem 14. Lebensjahr dürfen sie einen Stier in der Arena töten – geübt wird an kleinen Stierkälbern. [9]
Mehrheit der Menschen lehnt Stierkämpfe ab
In Spanien und anderen Ländern hat sich aufgrund der sinnlosen und verherrlichten Gewalt eine breite Anti-Stierkampf-Bewegung gebildet. Aus einer Umfrage geht hervor, dass 81 Prozent der Menschen in Spanien kein Interesse an Stierkämpfen haben und diese nicht unterstützen. [10]
Regelmäßig finden Demonstrationen statt, teils mit mehreren Zehntausend Teilnehmenden, bei denen vor allem Spanier:innen, aber auch Menschen aus aller Welt Spaniens Regierung auffordern, die Stierkämpfe endlich in die Geschichtsbücher zu verbannen. [11]
Erfolg: Kolumbien verbietet Stierkämpfe
Auch in Kolumbien setzen sich im Tierschutz engagierte Menschen von PETA Latino sowie der Vereinigung Colombia Sin Toreo seit Jahren für die Abschaffung der qualvollen Stierkämpfe ein. Dank zahlreicher Demonstrationen und Kampagnen konnten sie nun einen bedeutenden Erfolg erzielen: Die kolumbianische Regierung hat die Abschaffung von Stierkämpfen im gesamten Land beschlossen. Damit beendet Kolumbien eine jahrzehntelange „Tradition“ der gewaltvollen Ausbeutung von Stieren zu Unterhaltungszwecken. Hoffentlich wird damit ein Zeichen gesetzt, das auch andere Länder wie Mexiko und Spanien dazu motiviert, nachzuziehen.
In einer drei Jahre langen Übergangsphase plant die Regierung den Beschäftigten in der Stierkampfindustrie zu helfen, neue Jobs zu finden. Die vorhandenen Stierkampfarenen sollen in neue Kultur- und Kunstzentren umgewandelt werden.
Enorme Subventionen halten die Stierkampfindustrie am Leben
Aufgrund des sinkenden Interesses am Stierkampf kann sich das sadistische Spektakel nicht mehr allein aus Eintrittsgeldern finanzieren. Enorme Subventionen – auch von der EU – halten die Stierkampfindustrie künstlich am Leben. Landwirt:innen, die Stiere für den Stierkampf züchten, erhalten von der EU Agrarsubventionen für ihre landwirtschaftlichen Nutzflächen. Über diese EU-Fördermittel gelangt auch das Geld deutscher Steuerzahler:innen in die Stierkampfindustrie.
Laut eines spanischen Parlamentsabgeordneten fließen jedes Jahr rund 130 Millionen Euro von der EU an spanische Kampfstierzüchter:innen. [12] Davon stammen rund 31 Millionen Euro aus Deutschland, denn aufgrund seiner Wirtschaftskraft finanziert das Land etwa 24 Prozent des EU-Haushaltes [13].
Was Sie gegen Stierkämpfe tun können
Besuchen Sie keine Stierkampfveranstaltungen und klären Sie Freund:innen und Bekannte über das Leid der Stiere auf. Unterstützen Sie keine Reiseunternehmen, die Stierkampfbesuche anbieten, und bitten Sie die Unternehmen, diese und ähnliche Veranstaltungen aus ihrem Angebot zu streichen.
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Quellen
[1] Planet Wissen (18.03.2020): Stierkampf – Tragödie mit Tradition, https://www.planet-wissen.de/kultur/suedeuropa/madrid/pwiestierkampftragoediemittradition100.html, (eingesehen am 01.07.2021)
[2] Die Zeit (22.07.2012): Der weinende Stier von Pamplona, https://www.zeit.de/reisen/2012-07/leserartikel-stierkampf-spanien-weinender-stier-von-pamplona, (eingesehen am 01.07.2021)
[3] Tagesschau (06.07.2020): Das Ende der Stierkampfpause, https://www.tagesschau.de/ausland/spanien-stierkampf-corona-101.html, (eingesehen am 01.07.2021)
[4] Neue Züricher Zeitung (23.01.2021): Der spanische Stierkampf ist bald Geschichte: Erinnerungen an ein faszinierendes Ritual, https://www.nzz.ch/feuilleton/stierkampf-dem-ritual-droht-das-aus-das-sagt-viel-ueber-uns-ld.1597149, (eingesehen am 01.07.2021)
[5] Der Spiegel (26.07.1960): Feile und herrsche, https://www.spiegel.de/politik/feile-und-herrsche-a-9ecf5f81-0002-0001-0000-000043067603, (eingesehen am 01.07.2021)
[6] T-Online (08.09.2008): Publikum begnadigt tapferen Stier, https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/buntes-kurioses/id_16124306/publikum-begnadigt-tapferen-stier.html, (eingesehen am 01.07.2021)
[7] Portugal 360°: Stierkampf in Portugal, https://www.portugal360.de/kultur/traditionen/stierkampf, (eingesehen am 01.07.2021)
[8] United Nations (2014): Convention on the Rights of the Child. CRC/C/PRT/CO/3-4. Distr.: General 31 January 2014.
[9] N-TV (2016): Stierkampfschulen in Spanien: Hier üben Nachwuchs-Toreros das Töten, http://www.n-tv.de/mediathek/videos/panorama/Hier-ueben-Nachwuchs-Toreros-das-Toeten-article18773776.html, (eingesehen am 01.07.2021)
[10] Express (2016): New poll shows bullfighting is on the way out. http://www.express.co.uk/news/nature/636496/poll-shows-bullfighting-on-way-out. (07.10.2016).
[11] Frankfurter Allgemeine Zeitung (27.05.2018): Zehntausende fordern Verbot von Stierkämpfen in Spanien, https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/tiere/demonstration-in-madrid-zehntausende-fordern-verbot-von-stierkaempfen-in-spanien-15610246.html, (eingesehen am 01.07.2021)
[12] Dr. Bosch, A. (2013): Toros and Taxes. Subsidies in Spain and the EU for Bullfighting and Bull Rearing. Report by the coalition ERC/Catalunya Sí. Leader; Dr. Alfred Bosch, MP. January 2013.
[13] Auswärtiges Amt (2015): EU-Haushalt / Mehrjährige Finanzrahmen, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Europa/WiSoFin/Finanzrahmen/Uebersicht_node.html, (eingesehen am 21.06.2021)