Immer wieder kommt es vor, dass Taubennester auf Balkonen oder Dachböden aufgefunden werden. Oftmals herrscht dann große Ratlosigkeit, was dann zu tun ist. Hier finden Sie verschiedene Handlungsempfehlungen, falls ein Taubenpärchen auf Ihrem Balkon ein Nest baut oder bereits Eier im fertigen Nest liegen.
Taubenart bestimmen: Neben der Stadttaube gibt es auch Wildtaubenarten
Überprüfen Sie in einem ersten Schritt, ob es sich wirklich um Stadttauben handelt. Neben den bekannten Stadttauben, die häufig graues Gefieder mit schimmernden Akzenten am Hals besitzen, gibt es noch verschiedene Arten der Wildtauben: die Ringel-, Hohl-, Turtel- und Türkentaube. Diese sind echte Wildtiere.
Wichtig ist zu wissen: Alle wildlebenden Tauben – auch die verwilderte Stadttaube – fallen unter die EG-Vogelschutzrichtlinien zum Schutz wildlebender Vogelarten. [1] Darüber hinaus sind alle Tiere in Deutschland durch das Tierschutzgesetz geschützt.
Die EU-Vogelschutzrichtlinie schreibt vor, dass die Tiere auf keinen Fall in ihrer Aufzucht gestört oder gehindert werden dürfen. Es ist unter keinen Umständen erlaubt, Eier, Nester und Küken zu entfernen. Bei den Stadttauben ist es jedoch – ähnlich wie bei Straßenkatzen – erlaubt, tierschutzgerechte Fortpflanzungsregulation durchzuführen, wie etwa der Eiertausch in betreuten Taubenschlägen. Dies ist möglich, da es sich bei diesen verwilderten Tieren um keine echten Wildtiere mehr handelt. Durch ihre Domestizierung pflanzen sie sich viel öfter im Jahr fort als Wildvögel. Wegen der Züchtung durch den Menschen brüten Stadttauben bis zu sechsmal im Jahr, Wildtauben dagegen nur zweimal.
Stellen Sie also – bevor Sie handeln – sicher, dass es sich definitiv nicht um Wildtauben handelt.
Stadttauben sind keine „klassischen“ Wildtauben, sondern verwilderte domestizierte Tiere und stammen meist aus dem „Brieftaubensport“ und Taubenzuchten. Stadttauben haben in der Stadt ein hartes Leben und sind vielen Gefahren ausgesetzt.
Eier von Stadttauben austauschen: Geburtenkontrolle verhindert Tierleid
Auch eine PETA-Mitarbeiterin entdeckte auf ihrem Balkon ein Taubennest. Zwei Stadttauben hatten versucht, unter ihrer Solaranlage zu brüten. Hier hat es geholfen, den Tauben einen Nistkasten als Alternative anzubieten, den sie bereitwillig annahmen. So hatte die PETA-Mitarbeiterin auch Gelegenheit, die Eier der Stadttauben durch Ei-Attrappen auszutauschen und dadurch mitzuhelfen, weiteres Tierleid durch Überpopulation zu verhindern.
Nistende Tauben entdeckt: So sollten Sie vorgehen
Sie haben bemerkt, dass Tauben auf Ihrem Balkon ein- und ausfliegen und sind sicher, dass es sich um Stadttauben handelt. Je nach Fortschritt des Nistprozesses haben Sie nun verschiedene Möglichkeiten, tierfreundlich zu handeln. Suchen Sie sich den Fall heraus, der am ehesten auf Ihre Situation zutrifft.
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Fall 1: Das Nest ist noch nicht gebaut bzw. es ist noch kein Ei gelegt und die Taube sitzt noch nicht darauf
Überlegen Sie zunächst, ob das Nest eventuell auf dem Balkon verbleiben kann. Sollte dies nicht möglich sein, z. B. weil dies die Tauben in Gefahr bringen würde, beispielsweise durch Erreichbarkeit für Katzen oder andere Beutegreifer, dann entfernen Sie das Nest und verhindern Sie durch Umstellen des Balkoninventars einen Neubau (Verschließen von Nischen, Spalten oder Vorsprüngen). Wichtig: Achten Sie unbedingt darauf, dass sich in den Spalten oder Nischen keine Tiere befinden, bevor diese verschlossen werden.
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Fall 2: Das Nest ist fertig und es liegen zwei Eier darin, die aber noch nicht länger als vier Tage bebrütet wurden
Tauschen Sie die Eier gegen zwei Plastikeier aus und lassen Sie die Taube diese zu Ende bebrüten. Dies dauert ca. 17 Tage. Entfernen Sie danach die Plastikeier. Kann das Nest unter keinen Umständen auf dem Balkon verbleiben, entnehmen Sie die beiden Eier und legen Sie diese für einen Tag in den Tiefkühlschrank, ehe sie diese für die Wildvögel auf die Wiese legen. Dann können Sie das Nest entsorgen. Seien Sie sich aber bewusst, dass die vorzeitige Entfernung des Nestes bei der Taube Stress verursacht und sie versuchen wird, an gleicher Stelle neue Eier zu legen und auszubrüten.
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Fall 3: Es liegen zwei Eier im Nest und die Taube bebrütet diese – Sie wissen aber nicht, wie lange schon
Bitte entnehmen Sie die Eier mit Einmalhandschuhen (das Körperfett Ihrer Hände kann die Eierschalenporen verstopfen) und durchleuchten Sie diese mit einer Taschenlampe. Bitte schütteln oder drehen Sie die Eier möglichst nicht. Wenn Sie nur ein helles Inneres sehen oder erste zarte Adern, tauschen Sie die Eier gegen Plastik-Attrappen aus und lassen Sie das Taubenpaar diese Plastikeier ca. 17 Tage weiter bebrüten. Die entnommenen Eier wieder in den Tiefkühlschrank legen und weiter wie bei Fall 2 beschrieben verfahren.
Wenn sich beim Durchleuchten der Eier jedoch eine dunkle Füllung deutlich erkennen lässt und nur noch an der stumpfen Ei-Seite eine helle Luftblase, so hat sich der Embryo – und damit auch die Nerven und die Empfindsamkeit des Tieres – soweit entwickelt, dass ein Austausch des Eies nicht mehr möglich ist. Sie müssen nun abwarten, bis die Küken geschlüpft und vier bis sechs Wochen später ausgeflogen sind. Erst dann können Sie das Nest entfernen. Vermeiden Sie es ab sofort, die Vogelfamilie zu stören und unnötig zu stressen.
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Fall 4: Es sind bereits Küken geschlüpft
Das Tierschutzgesetz besagt, dass das Leben allerWirbeltiere geschützt ist. [2] Das heißt, dass weder Nester noch Küken entfernt werden dürfen. Auch hier gilt: Sie müssen abwarten, bis die Küken geschlüpft sind und vier bis sechs Wochen später ausfliegen. Erst dann können Sie das Nest entfernen, sofern es nicht verbleiben kann. Vermeiden Sie es bis dahin, die Vogelfamilie zu stören. Wichtig: Das Nest sollte wirklich nur entfernt werden, wenn es die Tauben in Gefahr bringt.
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Fall 5: Wildtauben nisten auf dem Balkon
Wildtauben dürfen in der Brutzeit nicht gestört werden, d.h. ihre Eier dürfen auf keinen Fall ausgetauscht werden. Wenn Wildtauben auf dem Balkon brüten, können sie dort jedoch manchmal nicht bleiben, da Katzen oder andere Gefahrenquellen lauern. Kontaktieren Sie dann am besten zunächst eine Wildvogel-Hilfe und schildern Sie den Sachverhalt.
Gerade Ringeltauben (größer als Stadttauben, gebogener, orangener Schnabel, weißer Streifen am Hals) nisten immer öfter in Menschennähe. Wenn es sich bei den unerwarteten Gästen auf Ihrem Balkon um Wildtauben handelt, sollten Sie schnell, aber nicht überstürzt handeln – bereits vor oder spätestens während des Nestbaus. Ein genereller Tipp, um Wild- oder Stadttauben vom Balkon fernzuhalten, ist es, den Balkon mit Stauden (z. B. Fuchsien, Petunien, Lavendel) und Krautgewächsen (z. B. Arnika, Herbstzeitlose, Brunnenkresse) zu bepflanzen. [3] Achtung bei tierischen Mitbewohnern: Manche Pflanzen sind giftig für Katzen und Co.
Allgemeine Tipps und Infos zum Umgang mit nistenden Stadttauben auf Ihrem Balkon
- Um Tauben tierfreundlich abzuschrecken, können Sie auch Flatterbänder oder Windräder am Balkon anbringen. [3] Weniger sinnvoll sind beispielsweise Krähenattrappen aus Plastik. Tauben sind kluge Tiere, die schnell bemerken, dass es sich um eine unbewegliche Figur handelt, von der keinerlei Gefahr ausgeht.
- Stadttauben sind standorttreu und werden erneut am gleichen Ort brüten, wenn Sie die Brut vorzeitig unterbrechen. Wenn Sie echte Taubeneier regelmäßig gegen Plastikeier austauschen, verhindern Sie die Vermehrung der Stadttauben auf tierfreundliche Art und Weise, lassen die Tiere aber dennoch ihren Bruttrieb ausleben.
- Übrigens: Von den Nestern von Stadttauben geht kein höheres Gesundheitsrisiko aus als von den Nestern anderer Wildvögel. [4] Zeitungspapier unter dem Nest auszulegen, hilft dabei, den Balkon leichter sauber zu halten.
- Geeignete Plastikeier können Sie online bestellen (bitte nur gefüllte, keine hohlen) oder erkundigen Sie sich beim Stadttaubenprojekt in Ihrer Region.
- Auch beauftragte Schädlingsbekämpfer oder Taubenabwehrfirmen dürfen Küken nicht ohne amtliche Genehmigung und nur in Ausnahmefällen aus den Nestern entfernen. Sollten Sie dies dennoch beobachten, informieren Sie das zuständige Veterinäramt und die Taubenhilfe, denn dann beobachten Sie Tierquälerei.
Wie Sie Tauben helfen können
Sollten Sie Taubenquälerei beobachten und vielleicht sogar mit einem Foto festhalten können, nutzen Sie unser Whistleblower-Formular. Da es insbesondere Stadttauben sehr schlecht geht, besteht vor allem in dichtbesiedelten Regionen immer die Möglichkeit, auf hinkende, apathische oder anderweitig verletzte Tauben zu stoßen. Bitte verschließen Sie die Augen nicht davor, sondern helfen Sie!
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Quellen
[1] Bundesministerium für Naturschutz: Artenschutzbestimmungen der Vogelschutzrichtlinie, https://www.bfn.de/themen/artenschutz/regelungen/vogelschutzrichtlinie.html, (eingesehen am 06.05.2021)
[2] Bundesamt für Justiz: Tierschutzgesetz, https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/BJNR012770972.html, (eingesehen am 06.05.2021)
[3] Berliner Tageszeitung (22.04.2021): Das können Sie gegen Ringeltauben auf Ihrem Balkon tun, https://www.bz-berlin.de/berlin/das-koennen-sie-gegen-ringeltauben-auf-ihrem-balkon-tun, (eingesehen am 06.05.2021)
[4] Der Spiegel (30.08.2017): Das Geschäft mit der Angst, https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/tauben-schaedlingsbekaempfer-schueren-angst-vor-voegeln-a-1165237.html, (eingesehen am 06.05.2021)