Im Jahr 2021 wurden über 720 Millionen Tiere nach einem qualvollen Dasein in deutschen Haltungssystemen der Tierindustrie für Fleisch, Eier und Milch im Schlachthaus getötet. [1] Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob die Tiere in der konventionellen oder der ökologischen Haltung leben. Ihre Bedürfnisse können sie in der landwirtschaftlichen Tierhaltung kaum ausleben, und im Schlachthaus werden sie alle früher oder später getötet.
Seit Jahren dokumentieren wir von PETA Deutschland anhaltend schlechte Zustände für Tiere in der deutschen Landwirtschaft – und das, obwohl der Umwelt- und Tierschutz im deutschen Grundgesetz als Staatsziel verankert ist. Das Agrarministerium behauptet, es ginge den Tieren in der Landwirtschaft gut, erwähnt dabei jedoch kaum die deutlich überwiegenden Missstände. [2]
Wie sich die Regierung beim Tierschutz aus der Pflicht nimmt, welche grausamen Bereiche der Tierindustrie stattdessen sogar noch mit Steuergeldern subventioniert werden, und was das für die Tiere bedeutet, lesen Sie hier.
Fleisch, Milch und Eier – Politik verschleiert Missstände bei Tierhaltungen
Mit der sogenannten Intensivtierhaltung strebt die Landwirtschaft danach, eine maximale Menge an Fleisch, Milch und Eiern so schnell und preisgünstig wie möglich zu produzieren – und das auf engstem Raum.
In Kombination mit den oft katastrophalen Hygienezuständen würden das viele Tiere ohne die Zugabe von Medikamenten wie Antibiotika und Stresshemmer gar nicht erst überleben. Das wirkt sich durch den Verzehr auch auf den Menschen aus: Antibiotikaresistente Keime, die krank machen und nicht selten zum Tod führen, sind die Folge. Für die Tiere wichtige Grundbedürfnisse wie ein langes Leben, die Möglichkeit, ihr Sozialverhalten ausleben oder ihre Kinder aufziehen zu können, werden in der landwirtschaftlichen Tierindustrie kläglich vernachlässigt. [2]
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) betreibt dabei laut einer systematischen Analyse der Verbraucherorganisation Foodwatch jedoch in erster Linie Schönfärberei. Die Zustände in der deutschen Tierindustrie werden in den Webportalen des Agrarministeriums nicht angemessen und faktengetreu wiedergegeben. Das gilt für
- die Missstände der Tiere in der Zucht, bei der Unterbringung, bei der Versorgung
- und bei der Tötung in Schlachthäusern.
Aus dem Gutachten geht hervor, dass es nicht möglich ist, auf Basis der veröffentlichen Medien durch das BMEL eine ausreichend informierte Kaufentscheidung zu treffen, weil nicht ausreichend über Missstände wie die folgenden aufgeklärt wird. [2]
Elterntierfarmen und Qualzuchten: Das Leid der Hühner für Eier und Fleisch
Für maximalen wirtschaftlichen Profit wurden praktisch alle Tiere in der Tierindustrie durch Qualzuchten für den entsprechenden Zweck (z. B. Eier legen, Fleisch ansetzen) „optimiert“. Für die Tiere gleicht dies einer gesundheitlichen Katastrophe.
Zum Vergleich:
- Hennen in der Eierindustrie legen pro Jahr oft mehr als 300 Eier – die Urrasse, von der die heutigen Hühner vermutlich abstammen, legen nur 20 bis 30 pro Jahr. Die Folgen sind oftmals entzündete Legeorgane, Stress und brüchige Knochen.
- Masthühner nehmen so schnell an Gewicht zu, dass ihre Knochen brechen und sie sich nicht mehr zu den Wasserstellen bewegen können – viele verdursten elendig.
Basis für das tierquälerische System der Eier- und Mastindustrie bilden sogenannte Elterntierfarmen. Dort werden männliche und weibliche Hühner gehalten, um unzählige Nachkommen für die Eier- oder Geflügelfleischindustrie zu „produzieren“. Für Elterntierfarmen gibt es keine speziellen Haltungsvorschriften. Aufgrund ihrer Qualzucht werden beispielsweise Puten in diesem System künstlich befruchtet:
- Eine natürliche Fortpflanzung ist nicht möglich, da die Tiere nur noch darauf „optimiert“ sind, Fleisch anzusetzen.
- Für die Puten ist die künstliche Befruchtung mit Schmerzen und Stress verbunden.
- Damit die Tiere möglichst viel Gewicht in kurzer Zeit zulegen, wurde außerdem ihr Sättigungsgefühl züchterisch manipuliert, damit sie ständig Hunger haben.
Rinder und Kälber als Fleischlieferanten und Milchmaschinen missbraucht
Kühe werden oft mit einer für sie unnatürlichen Diät aus Soja, Getreide und anderem sogenanntem Kraftfutter ernährt. Dadurch produzieren sie zusätzliche Milch und setzen mehr Fleisch an. Kälber werden meist ohne Betäubung kastriert und enthornt.
- Meist werden männliche Kuhkinder zur „Produktion“ von Kalbfleisch aufgezogen und hierzu ihren Müttern kurz nach der Geburt entrissen.
- Die Kälbchen werden in kleine Boxen, sogenannte Kälberiglus, gesperrt und im Alter von gerade einmal drei bis fünf Monaten im Schlachthaus getötet.
- Die weiblichen Kälber werden ihren Müttern ebenfalls kurze Zeit nach der Geburt entrissen. Sobald sie etwas über ein Jahr alt sind, werden sie zum ersten Mal auf gewaltsame Weise künstlich befruchtet. Dieser Vorgang wiederholt sich meist jährlich, um den Milchfluss konstant hoch zu halten.
- Sobald die Kuh nicht mehr schwanger wird, zu wenig Milch produziert oder ernsthaft krank wird, wird sie im Schlachthaus getötet – im Schnitt nach etwa fünf Jahren. Die natürliche Lebenserwartung von Rindern liegt hingegen bei 20 Jahren und mehr.
Kannibalismus und Krankheiten bei der Zucht von Schweinen
Ein Großteil aller Schweine leidet das ganze Leben lang unter beengten Verhältnissen. Da Säue maximal viele Nachkommen für die Mast produzieren sollen, werden auch sie regelmäßig künstlich befruchtet. Während der Besamung und der Säugezeit werden die Muttertiere über Wochen in extrem enge Metallkäfige gesperrt. Dort können sie sich nicht einmal umdrehen, was teilweise auch in der Biohaltung erlaubt ist. Damit alle Säue gleichzeitig besamt werden können, wird ihnen oft ein Hormon verabreicht, welches schwangeren Pferden auf Blutfarmen mit einer unvorstellbar grausamen Methode entnommen wird.
Obwohl Schweine von Natur aus äußerst friedfertige und soziale Tiere sind, entwickeln sie durch die Qualhaltung in der Enge und Isolation kannibalistische Züge. Zudem führt die Haltung auf harten, oft durch Kot und Urin verunreinigten Spaltenböden bei vielen Tieren zu Krankheiten wie schmerzvollen Gelenkentzündungen und Reizungen von Augen und Atemwegen.
Tiertransporte: Tierhölle auf den Straßen für Rinder und Schweine
Jeder Transport in beengten LKW ohne ausreichend Wasser und Nahrung bedeutet für die Tiere Stress: Oft sehen sie zum ersten Mal in ihrem Leben außerhalb ihres Stalls das Sonnenlicht.
- Rinder und Schweine werden oft mit Gewalt auf die LKW getrieben.
- Hühner und Puten werden achtlos in Kisten gestopft – immer wieder brechen dabei Beine oder Flügel.
- Akuter Platzmangel oder das Mischen sich fremder Tiere kann zu schmerzhaften Verletzungen führen. Fehlende oder falsch angebrachte Trennvorrichtungen verstärken dieses Problem.
Auch sind Tiere in Tiertransporten oft nahezu ungeschützt der Witterung ausgesetzt: Selbst bei großer Hitze werden Schweine, Hühner und Rinder oftmals über lange Strecken hinweg transportiert. Auch wenn Tierfreund:innen auf die Missstände aufmerksam werden und die zuständigen Behörden informieren, überleben viele Tiere diese grausamen Bedingungen nicht und sterben qualvoll.
Schlachthof: Ein Tod kann niemals „tiergerecht sein“
Pro Tag werden rund 2 Millionen Tiere in deutschen Schlachthöfen getötet. [3] Ein gewaltsamer Umgang und Fehlbetäubungen sind bei dieser Tötung im Akkord keine Ausnahme, sondern die Regel. Von einer „humanen“ Tötung kann auch beim Bioschlachthof um die Ecke niemals die Rede sein, denn auch die zulässigen Betäubungsmethoden sind mit großen Qualen für die Tiere verbunden. So leiden beispielsweise Schweine während der Betäubung mit CO2-Gas unter einem lang andauernden Erstickungskampf und versuchen panisch, aus den Gasgondeln zu fliehen.
Systembedingte Tierqual durch tierfeindlichen Lobbyismus
Seit Jahren kommt die Politik ihren gesetzlich festgeschriebenen Pflichten, die Tiere in der Agrarindustrie vor Schmerzen, Leiden und Schäden zu schützen, nicht ausreichend nach. Stattdessen fördert die Regierung die tierquälerischen Methoden der Tierindustrie durch lasche Gesetze und subventioniert das systematische Tierleid aus rein wirtschaftlichen Interessen in Milliardenhöhe.
Ein Beispiel ist das betäubungslose Kastrieren von wenige Tage alten Ferkeln:
- Zuerst wurde die Frist für ein Verbot der betäubungslosen Kastration um zwei Jahre nach hinten verschoben.
- In dieser Fristverlängerung wurde dann beschlossen, dass Landwirte selbst eine Kastration unter Narkose durchführen dürfen – und dies auch noch mit einem äußerst umweltschädlichen Narkosegas.
Eine von der Bundesregierung selbst beauftragte Studie bestätigt ebenfalls: Kühe und Kälber leiden massiv in der Milchindustrie. [4] Eine andere Studie des Instituts Arbeit und Wirtschaft (iaw) aus dem Jahr 2019 zeigte, weshalb sich an den grauenvollen Zuständen für Tiere in der Agrarindustrie nichts ändert: Über die Hälfte der Unionsmitglieder im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des Bundestages haben zum Zeitpunkt der Untersuchung auch einen Posten im Deutschen Bauernverband (DBV). [5] Da in diesem Ausschuss mit die wichtigsten Entscheidungen im politischen Tierschutz getroffen werden, sind die Aussichten für die Belange der Tiere finster.
Insbesondere die CDU/CSU blockiert und lehnt regelmäßig bessere Tierschutzgesetze ab. Bei einigen CDU-Bundestagsabgeordneten, die auch Landwirt:innen sind, wurden selbst tierschutzwidrige Zustände aufgedeckt. Bereits 2013 belegte eine Studie die Vernetzung der Agrarindustrie und -politik in Deutschland. Besonders die großen Unternehmen der Agrarwirtschaft sind in den Parlamenten ausgeprägt repräsentiert. [6]
So können Sie Tierleid in der Ernährungsindustrie verhindern
- Entscheiden Sie sich noch heute für eine vegane Ernährung und kaufen Sie keine tierischen Produkte wie Fleisch, Eier oder Milch mehr ein. Damit setzt jeder Einzelne bewusst ein Zeichen gegen die grausame Tierausbeutung – nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.
- Der Tierschutz ist in der Politik massiv unterrepräsentiert: Fordern Sie die Etablierung eines Tierschutzministeriums in Deutschland, indem Sie unsere Petition unterzeichnen.
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Quellen
[1] DESTATIS Statistisches Bundesamt (2022): Fleischproduktion 2021 um 2,4 % gegenüber dem Vorjahr gesunden, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/02/PD22_050_413.html (eingesehen am 02.10.2022)
[2] Foodwatch (13.01.2021): Schönfärberei statt Fakten: Die Kommunikation des Bundesagrarministeriums zur Nutztierhaltung in Deutschland, https://www.foodwatch.org/fileadmin/-DE/Themen/Tierhaltung/Dokumente/2021-01-20_Tierwohl-BMEL-Report.pdf (eingesehen am 02.10.2022)[3] Statista (23.06.2020): Über 2 Millionen Tiere werden täglich geschlachtet, https://de.statista.com/infografik/22076/anzahl-der-durchschnittlich-pro-tag-in-deutschland-geschlachtete-tiere/ (eingesehen am 02.10.2022)
[4] Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung; Projekte in den Förderprogrammen des BMEL, betreut durch den Projektträger BLE (ptble): Tiergesundheit, Hygiene und Biosicherheit in deutschen Milchviehbetrieben – eine Prävalenzstudie, https://service.ble.de/ptdb/index2.php?detail_id=47148&site_key=141&stichw=milchkuhbetriebe&zeilenzahl_zaehler=4#newContent (eingesehen am 24.10.2022)
[5] Institut Arbeit und Wirtschaft (iaw) der Universität Bremen (2019): Verflechtungen und Interessen des Deutschen Bauernverbandes, www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/landwirtschaft/agrarreform/190429-studie-agrarlobby-iaw.pdf (eingesehen am 02.10.2022)
[6] Veikko Heintz (2013): Die Vernetzung der Agrarindustrie und Agrarpolitik in Deutschland, https://www.paktev.de/mediapool/107/1071834/data/PDF_S/Die_
Vernetzung_der_Agrarindustrie_und_Agrarpolitik_in_Deutschland.pdf (eingesehen am 02.10.2022)