Die Überfischung ist eine der größten Bedrohungen für die Lebewesen unserer Meere und ihre Artenvielfalt. Die Gier der Menschen nach dem Fleisch von Fischen, Krebsen und Weichtieren wie Muscheln und Kraken sowie die industrielle Fischerei sorgen dafür, dass Individuen leiden und sterben und Populationen ausgelöscht oder an den Rand des Aussterbens getrieben werden.
Erfahren Sie hier, welche Folgen die Überfischung hat, warum es keine „nachhaltige“ Fischerei gibt und was wir alle gegen die Überfischung der Meere tun können.
Was ist „Überfischung”?
Die ganze Welt spricht von „Überfischung“, wir von PETA sprechen vom Fisch. Das bedeutet, dass es sich bei jedem gefangenen Fisch um „Überfischung“ handelt, denn jedes Tier, egal ob „bedroht“ oder nicht, hat das Grundrecht auf ein Leben in Freiheit und Unversehrtheit.
Im herkömmlichen Sinne versteht man unter der sogenannten „Überfischung“, dass mehr Fische einer Population oder Art getötet werde, als Jungtiere auf die Welt kommen. In Folge werden die Populationen immer kleiner, bis sie ganz verschwinden. Viele Fische erreichen ihre Geschlechtsreife nicht mehr, weil sie vorher gefangen und getötet werden.
Weltweit gelten bereits 34 Prozent der Fischarten als überfischt. [1] Große „Raubfische“ wie Thunfische, Haie und Dorsche sind zu 90 Prozent aus den Weltmeeren verschwunden. [2] Ein Großteil der betroffenen Fischarten wird dennoch weiter befischt, Regulierungen sind entweder gar nicht oder nur ungenügend vorhanden. Laut der Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen (kurz FAO) gelten im Mittelmeer sogar 73 Prozent der kommerziell gefangenen Fischarten als bedroht. [3]
Welche Fische werden am meisten „überfischt”?
Wissenschaftler:innen warnen, dass viele Fischpopulationen vom Zusammenbruch bedroht sein werden, wenn wir so weitermachen. [4] Weltweit fallen tausende von Fischarten der kommerziellen Fischerei zum Opfer. World Ocean Review – ein umfassender Bericht zum Zustand der Weltmeere – schätzt, dass mehr als die Hälfte der Fischbestände bereits in bedrohlichem Ausmaß von der sogenannten Überfischung betroffen ist, wenn sie nicht sogar bereits zusammengebrochen sind. [5]
Grundsätzlich schadet die Überfischung allen im Ökosystem lebenden Tieren, denn mit dem Aussterben einer Art wird das gesamte Gefüge aus dem Gleichgewicht gebracht.
Studie: Ein Drittel der als „nachhaltig befischt“ eingeordneten Fischpopulationen sind überfischt
Eine neue Studie im Fachmagazin „Science“ zeigt, dass Fische stärker bedroht sind als bisher angenommen. [6] Das liegt nicht nur daran, dass die erlaubten Fangmengen überschritten wurden, sondern auch daran, dass diese Mengen von Anfang an zu hoch angesetzt waren. Forschende warnen, dass die Erholungschancen und Bestandsgrößen der Fische viel zu optimistisch eingeschätzt wurden. Selbst als „erholt“ eingestufte Bestände schrumpfen weiter.
Fast ein Drittel der von der Welternährungsorganisation (FAO) als „nachhaltig befischt“ bewerteten Bestände ist laut Studie überfischt. [6]. Zudem seien laut Studie 85 Prozent mehr Fischpopulationen auf unter 10 Prozent ihrer historischen Höchstzahl zusammengebrochen, als bisher angenommen. [6] Das zeigt sich vor allem an der Ostsee, wo alle einst wichtigen Dorsch- und Heringsbestände trotz jahrelanger Warnung von Wissenschaftler:innen und Umweltschutzverbänden so überfischt wurden, dass eine Erholung weitgehend als unsicher oder sogar unwahrscheinlich gilt. Auch wir von PETA Deutschland fordern seit Jahren eine Fangquote Null für Dorsche und Heringe in der Nord- und Ostsee.
Was ist der Grund für die „Überfischung”?
Die industrielle Fischerei ist einer der Hauptgründe, warum „Überfischung” entstanden ist. Um den weltweiten Fischkonsum von inzwischen 20,5 Kilo pro Kopf zu ermöglichen, plündert die Fischerei die Ozeane mit immer größeren und leistungsstärkeren Schiffen, größeren Netzen und hochentwickelten Fangtechniken. [1] Mit moderner Technik wie Echolot oder Sonar können Fischschwärme schnell und gezielt aufgespürt werden, sodass die Tiere keine Chance haben. Die größten Schleppnetze sind kilometerlang und können bis zu 500 Tonnen Tiere fangen. [6]
Dabei zerstört die Fischerei das Leben von Milliarden Individuen, bedroht nicht nur Populationen und die Artenvielfalt, sondern auch das gesamte ökologische Gleichgewicht des Meeres. Grundschleppnetze wühlen den Meeresboden auf, zerstören wichtige Korallenriffe, Seegraswiesen und Felshabitate und töten dabei unzählige bodenbewohnende Tiere wie Krebstiere, Mollusken und Stachelhäuter, Jungfische, Plattfische und andere Meerestiere. Dieser Fischereidruck hat unter anderem zur Folge, dass die Individuen einer Art immer kleiner werden, da kleinere Fische besser aus den Netzen entkommen. [7]
Hunderttausende bis Millionen Meerestiere wie Schildkröten, Wale, Delfine und Seehunde geraten jedes Jahr als ungewollter Beifang in die Netze und sterben qualvoll. [8] Je nach Fischereimethode können bis zu 80 Prozent des gesamten Fanges Beifang sein. [7]
Was sind Folgen der „Überfischung”?
Die Fischerei tötet Milliarden Lebewesen, dabei spielt jedes Individuum eine wichtige Rolle im Ökosystem des Ozeans. Werden größere „Raubfische“ wie Haie, Thunfische oder Dorsche weiterhin in großer Zahl gefangen, könnten ihre Bestände in naher Zukunft zusammenbrechen. Dann wird die Fischerei auf kleinere Fische zurückgreifen und sich so an der Nahrungskette der Meerestiere nach unten fischen, bis das Ökosystem Meer zusammenbricht. Auch kommt es zur starken Ausbreitung von beispielsweise Quallen, wenn Beutegreifer weggefischt wurden.
Durch ihre Grundschleppnetze zerstört die Fischerei nicht nur wichtige Lebensräume, sondern setzt auch tonnenweise CO2 frei, welches im Meeresboden gebunden ist. Jedes Jahr werden auf diese Weise ca. 1,5 Gigatonnen CO2 vom Boden ins Wasser geleitet und versauern die Ozeane. [9] Zusätzlich vermüllt die Fischerei die Meere mit ihren Netzen und anderen Abfällen. So bestehen 46 Prozent des großen Müllstrudels im Pazifik aus entsorgten Fischereinetzen. [10]
Welcher Fisch ist ökologisch vertretbar?
Kurz: Der Fischkonsum keiner Art ist ethisch vertretbar, denn Fischerei ist immer mit Tierleid verbunden. Auch wenn die Fischereiindustrie mit „nachhaltig“ gefangenen Fischen wirbt, so handelt es sich um reine Verbraucher:innentäuschung, denn „nachhaltiges“ Fischfleisch gibt es nicht. Auch die politisch festgelegten Fangmengen der EU schützen weder die Individuen noch die Arten oder das Ökosystem.
Egal, wie viele Fische einer Population gefangen werden, die Fischerei verursacht immer enormes Tierleid und ist immer ein Eingriff in das ökologische Gleichgewicht der Meere. Auch bei kleineren Fangmengen werden weiterhin unzählige Tiere einen qualvollen Tod sterben – für den menschlichen Verzehr oder als „Beifang“. Die Fischerei wird weiterhin mit ihren Netzen die Ozeane vermüllen und Riffe und Meeresböden zerstören.
PETAs Forderungen gegen die „Überfischung“ der Ozeane
Die alarmierenden Zahlen zeigen, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Wir dürfen nicht länger warten, bis der Ozean leergefischt ist. Aus diesem Grund fordern wir von PETA Deutschland folgende Maßnahmen, um die folgenschwere „Überfischung“ der Ozeane zu stoppen:
- Fangquote Null in Nord- und Ostsee.
- Komplett staatlich finanzierte Umschulung von Fischenden in klimafreundliche Berufe, zum Beispiel zu „SeaRanger:innen“, die das Meer bewachen und Geisternetze herausholen.
- Förderung von Fischfleisch aus Zellkulturen und gesunden veganen Alternativen.
Warum der Begriff „Überfischung” speziesistisches Gedankengut enthält
Wir bei PETA Deutschland setzen uns für die Rechte und das Wohlbefinden aller Tiere ein. Aus diesem Grund lehnen wir speziesistische Sprache ab. Speziesismus ist die Einordnung einer Spezies nach ihrem „Nutzwert” für den Menschen. Sprich: Fische werden lediglich als „Nahrungsmittel“ gesehen, nicht aber als einzelnes, fühlendes Individuum mit einem Recht auf freie Entfaltung und Leben.
„Überfischung” ist in diesem Zusammenhang ein speziesistisch geprägter Begriff, denn er suggeriert, dass es erst ab einer gewissen Anzahl nicht mehr vertretbar wäre, Fische zu töten – dabei ist jedes gequälte oder getötete Lebewesen eines zu viel.
Wie können Sie als Einzelperson Überfischung verhindern?
- Helfen Sie, indem Sie Fischfleisch und andere Meerestiere komplett von Ihrem Speiseplan streichen. Inzwischen gibt es zahlreiche leckere, vegane Alternativen, die sehr viel nachhaltiger und vor allem tierfreundlich sind.
- Fordern Sie außerdem echte Meeresschutzgebiete ohne Fischfang in der Nord- und Ostsee. So können wir die Meere und ihre Bewohner wirklich schützen.
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Quellen
[1] Food and Agriculture Organization of the United Nations (2020): The State of World Fisheries and Aquaculture 2020, https://www.fao.org/documents/card/en/c/ca9229en (eingesehen am 09.05.2024)
[2] Myers, R. A.; Worm, B. (15.05.2003): Rapid worldwide depletion of predatory fish communities, https://www.nature.com/articles/nature01610 (eingesehen am 09.05.2024)
[3] FAO, New UN report highlights the need for stronger management measures (2022), https://www.fao.org/gfcm/news/detail/en/c/1623149/ (eingesehen am 09.05.2024)
[4] Ritchie, R. & Roser, M (2021) Our world in data. Fish and Overfishing, https://ourworldindata.org/fish-and-overfishing (eingesehen am 09.05.2024)
[5] World Ocean Review (2013): Die weltweite Jagd nach Fisch, https://worldoceanreview.com/de/wor-2/fischerei/stand-der-weltfischerei/ (eingesehen am 09.05.2024)
[6] Graham J. Edgar et al. (22.08.2024): Stock assessment models overstate sustainability of the world’s fisheries, https://www.science.org/doi/10.1126/science.adl6282 (eingesehen am 13.09.2024)
[7] Czorlich, Y. et al (24.02.2022): Rapid evolution in salmon life history induced by direct and indirect effects of fishing, https://www.science.org/doi/10.1126/science.abg5980 (eingesehen am 09.05.2024)
[8] National Geographic (07.02.2022): How overfishing threatens the world’s oceans—and why it could end in catastrophe, https://www.nationalgeographic.com/environment/article/critical-issues-overfishing (eingesehen am 09.05.2024)
[9] Sala, E. et al (29.12.2019): Protecting the global ocean for biodiversity, food and climate, https://www.nature.com/articles/s41586-021-03371-z (eingesehen am 09.05.2024)
[10] Lebreton, L. et al (22.03.2018): Evidence that the Great Pacific Garbage Patch is rapidly accumulating plastic, https://www.nature.com/articles/s41598-018-22939-w (eingesehen am 09.05.2024)