Nach seiner Ausrottung in Deutschland im Jahr 1904 ist der Wolf seit 2000 wieder in einzelnen Gebieten ansässig. Dies verdankt er nicht zuletzt strengen Schutzmaßnahmen.
Die scheuen und sehr sozialen Tiere sind ein unerlässlicher Bestandteil eines intakten Ökosystems und tragen zur Regulierung und Gesundheit der Wildtierpopulationen bei. [1] Doch seit in Deutschland wieder vermehrt Wölfe gesichtet werden, kommt es auch immer häufiger nach Forderungen, die Tiere zu bejagen. Dabei ist die Wolfsjagd nicht nur grausam, sondern auch kontraproduktiv.
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Ausgerottet, zurückgekehrt und erneut auf der Abschussliste: Die Geschichte der Wölfe in Deutschland
Bereits im Jahr 1850 verloren sich in Brandenburg die letzten Hinweise auf bestehende Wolfsrudel. Ein halbes Jahrhundert später wurde 1904 der letzte Wolf in Sachsen erschossen – damit war der Wolf deutschlandweit ausgerottet.
Zwischen 1945 und 1990 wurden in beiden Teilen Deutschlands 22 eingewanderte Wölfe erschossen. Und auch in den 1990er-Jahren kam es zu weiteren illegalen Tötungen, bis sich Ende des Jahrzehnts ein Wolfspaar in Sachsen in der polnischen Grenzregion ansiedelte. Im Jahr 2000 bekam es Nachwuchs – und seither gilt das neue Rudel als das erste seit der Ausrottung der Wölfe in Deutschland. [2]
Bis heute kommt es bundesweit zu immer neuen Wolfssichtungen: Mittlerweile leben hierzulande über 150 Wolfsrudel. [3] Die scheuen und sehr sozialen Tiere haben dank umfassender Aufklärungsarbeit inzwischen ein gutes Image. [4] Doch aus fadenscheinigen Gründen fordern Landwirt:innen, Jäger:innen und auch die Politik vermehrt den Abschuss der Tiere.
Warum werden Wölfe gejagt?
Zwei Gruppen fordern besonders oft Wolfsabschüsse:
1. Landwirt:innen, die angeblich ihre Existenz bedroht sehen, da Wölfe gelegentlich sogenannte Nutztiere töten, um sich Nahrung zu beschaffen. Trotz vorgeheuchelter Trauer geht es Landwirt:innen dabei in der Regel jedoch nicht um das Leben der von Wölfen getöteten Tiere, sondern ausschließlich um den Profit, den sie mit ihnen machen wollten. Denn getötet werden die Tiere ebenfalls – nur später im Schlachthaus gegen Bezahlung.
Wölfe haben es nicht vorrangig auf Tiere abgesehen, die auf Weiden stehen – sie essen lieber Wild- als Weidetiere. Forschungen in der Mongolei haben ergeben, dass sich Wölfe lieber von Wildfleisch ernähren als von Weidetieren, wenn sie die Wahl haben. [5]
2. Jäger:innen begründen die Jagd auf Wildtiere wie Hasen, Rehe, Hirsche, Füchse und Wildschweine seit Jahrzehnten immer wieder damit, dass sie die fehlenden Wölfe in der Natur ersetzen müssten. Dieser Versuch, die eigene Tötungslust zu legimitieren, ist jedoch nur vorgeschoben, da die Populationen der Wildtiere in erster Linie durch Nahrungsverfügbarkeit, Witterung und Krankheiten reguliert werden. Weil der Wolf nun zurück ist, sehen viele Jäger:innen ihn als Konkurrenz in ihrem Revier – sie wollen auch künftig allein auf wehrlose Tiere schießen.
Gründe für Wolfsabschüsse sind absurd und widersprüchlich
Jäger:innen, einige Landwirt:innen und Politiker:innen, die selbst oft jagen oder in der Landwirtschaft tätig sind, führen seit Jahren eine regelrechte Hetzkampagne gegen die streng geschützten Tiere. [6, 7]
Sie wollen erreichen, dass der Wolf nach und nach seinen Schutzstatus verliert und als jagdbare Tierart ins Jagdrecht aufgenommen wird.
Dies ist geradezu absurd, denn die vorgeschobene Argumentation von Jäger:innen und Landwirt:innen ist in sich nicht schlüssig:
- Jäger:innen behaupten, die Jagd sei notwendig, da den heimischen Wildtieren wie Rehen und Wildschweinen natürliche Feinde wie der Wolf fehlen würden. Dass die Jäger:innen nun selbst Wölfe töten wollen, zeigt, dass es ihnen nicht um eine natürliche Artenvielfalt geht. Bei dem Versuch, ihre „Konkurrenten“ ins Jagdrecht aufzunehmen, geht es lediglich um Beuteneid und die Lust am Töten: [8] Sie wollen die Rehe und Wildschweine selbst töten und dulden keine Konkurrenz in ihrem Revier. Im zu begründenden Einzelfall ist die Tötung eines Tieres einer geschützten Art ohnehin bereits im Bundesnaturschutzgesetz geregelt.
- Landwirt:innen hingegen geht es vor allem um Profitmaximierung und nicht um das Wohl ihrer Herden. Schutzzäune und Herdenschutzhunde bedeuten zusätzliche Kosten, und von Wölfen getötete Tiere stellen einen finanziellen Verlust dar; denn mit diesen Tieren – die ohnehin einen gewaltsamen Tod im Schlachthaus gestorben wären – lässt sich nun kein Geld mehr machen.
Würde ein Wolf einen Menschen angreifen?
Wölfe sind scheue und vorsichtige Tiere, die den Kontakt zum Menschen meiden. Kaum jemand bekommt eines dieser äußerst seltenen Tiere jemals zu Gesicht. Die Wahrscheinlichkeit eines Wolfsangriffs auf einen Menschen ist heute so niedrig, dass sie nicht berechnet werden kann. [9] Das belegt die 2021 aktualisierte weltweit größte wissenschaftliche Studie zu Wolfsangriffen auf Menschen. [10]
2002 veröffentlichte eine Forschungsgruppe des Norwegischen Instituts für Naturforschung (NINA) eine Studie, [10] in der alle bis dahin weltweit bekannten Übergriffe von Wölfen auf Menschen aufgelistet wurden und die weitreichende Beachtung fand. Diese Studie wurde 18 Jahre später aktualisiert und im April 2021 veröffentlicht, um eine faktenbasierte Diskussion zu potenziellen Gefahren durch Wölfe zu ermöglichen.
Sollten Wölfe bejagt werden?
Die Jagd ist nicht sinnvoll: Trotz intensiver Bejagung sinken die Populationen von Wildtieren wie Wölfen nicht – ganz im Gegenteil. Gründe dafür sind, dass sich Wildtierpopulationen in der Regel in drei Phasen entwickeln: In der Anfangsphase wächst eine Population nur langsam, da sich nur wenige Individuen fortpflanzen. In der Wachstumsphase pflanzen sich immer mehr Tiere fort – die Population steigt an. In der Stabilisierungsphase ist die ökologische Tragfähigkeit erreicht; die natürliche Selektion hält die Geburten- und Sterberate im Gleichwicht.
Die Jagd führt dazu, dass Populationen konstant auf dem Niveau der Wachstumsphase und somit der Phase der intensiven Fortpflanzung gehalten werden [11] – das gilt auch für die Wolfsjagd.
Wo darf der Wolf bejagt werden? Welche Gesetze gibt es?
Wölfe sind im gesamten Bundesgebiet streng geschützt. Verstöße werden rechtlich verfolgt, je nach Vergehen werden Strafen von bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug oder hohe Geldbußen verhängt. Die Verantwortung, Wolfsabschüsse in Ausnahmefällen zu genehmigen, liegt bei den einzelnen Ländern, der Bund kann sie jedoch unterstützen. Einige wenige Bundesländer haben den Wolf auf Druck der Jäger:innen und Landwirt:innen bereits ins Jagdrecht aufgenommen – zwar mit ganzjähriger Schonzeit, von der jedoch Ausnahmegenehmigungen zur Tötung erteilt werden können. [12, 13]
Im Mai 2019 hatte die damalige Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD bekannt gegeben, dass Wölfe eines Rudels infolge von Rissen künftig getötet werden dürfen. Und zwar selbst dann, wenn unklar ist, ob dieses Rudel überhaupt an dem Vorfall beteiligt ist. Der Kabinettsbeschluss sieht vor, dass so lange einzelne Wölfe in einer Gegend getötet werden dürfen, bis es keine Vorfälle mit landwirtschaftlich genutzten Tieren mehr gibt – auch wenn dafür ein ganzes Rudel getötet werden müsste.
Wir von PETA Deutschland haben bereits mehrfach Strafanzeige wegen behördlich genehmigter Wolfstötungen erstattet, weil die Anordnungen unserer Auffassung nach nicht in Einklang mit geltendem Recht stehen.
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August 2019: PETA überreichte 2019 Petition gegen Wolfsabschuss
2019 übergaben wir eine Petition mit über 50.000 Unterschriften sowie einen kleinen Plüschwolf an die damalige Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Zudem erhielten die entscheidenden damaligen 20 Mitglieder der CDU und der SPD im Umweltausschuss des Bundestags ebenfalls ein Schreiben und je einen Plüschwolf. Wir appellierten damit an die verantwortlichen Politiker:innen, den Schutz der Wölfe nicht aufzuweichen. Der kleine Plüschwolf sollte die Politiker:innen zudem daran erinnern, dass sich die Mehrheit der Bundesbürger:innen gegen präventive Wolfstötungen ausspricht.
Im Dezember 2019 trat die damalige Regierung aus CDU/CSU und SPD den Tierschutz erneut mit Füßen: Trotz über 50.000 Unterschriften und weiteren Protestaktionen von PETA Deutschland wurde beschlossen, die Tötung von Wölfen zu erleichtern. Das neue Gesetz sieht vor, dass so lange einzelne Wölfe in einer Gegend getötet werden dürfen, bis es keine Vorfälle mit landwirtschaftlich genutzten Tieren mehr gibt – auch wenn dafür ein ganzes Rudel getötet werden müsste und ohne dass das verursachende Tier identifiziert ist.
Helfen Sie den Wölfen
- Bitte helfen Sie uns, die Jagd auf Wölfe zu verhindern. Klären Sie Ihr Umfeld über die Sinnlosigkeit der Jagd auf.
- Informieren Sie sich zudem vor politischen Wahlen über die Kandidat:innen und Wahlprogramme. Überlegen Sie sich genau, wen Sie mit Ihrer Stimme unterstützen möchten.
- Sie können außerdem die Zwangsbejagung stoppen und Ihr Grundstück zu einem sicheren Rückzugsort für Wildtiere machen.
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Quellen
[1] Science ORF.at (16.01.2017): Wölfe arbeiten besser zusammen als Hunde, http://science.orf.at/stories/2872433/ (eingesehen am 15.08.2022)
[2] NABU (2015): Chronik: Wölfe in Deutschland, https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/wolf/wissen/18886.html#teil1 (eingesehen am 15.08.2022)
[3] Bundesamt für Naturschutz (2021): Aktuelle Wolfszahlen: Bundesweit 157 Rudel bestätigt, https://www.bfn.de/pressemitteilungen/aktuelle-wolfszahlen-bundesweit-157-rudel-bestaetigt (eingesehen am 11.10.2022)
[4] mdr WISSEN (2019): Umfrage: Deutsche sehen den Wolf positiv, https://www.mdr.de/wissen/antworten/menschen-woelfe-stimmungsbild-100.html (eingesehen am 11.10.2022)
[5] Wiener Zeitung (22.02.2021): Der Wolf frisst lieber Reh als Rind, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wissen/natur/2093775-Der-Wolf-frisst-lieber-Reh-als-Rind.html (eingesehen am 15.10.2022)
[6] Hintermeier, Dieter (2015): Jäger haben Angst vorm Wolf, https://www.fnp.de/lokales/hochtaunus/usingen-ort893437/jaeger-haben-angst-vorm-wolf-10742925.html (eingesehen am 15.08.2022)
[7] Ehrenstein, Claudia (2015): Jäger erwarten Wolfsangriffe gegen Menschen https://www.welt.de/politik/deutschland/article137938081/Jaeger-erwarten-Wolfsangriffe-gegen-Menschen.html (eingesehen am 15.08.2022)
[8] Kühl, Jörg (2018): Jagd: Waidmänner beklagen Konkurrenten Wolf https://www.moz.de/lokales/beeskow/jagd-waidmaenner-beklagen-konkurrenten-wolf-48912362.html (eingesehen am 22.11.2021)
[9] Linnell, J. D. C., Kovtun, E. & Rouart, I. (2021). Wolf attacks on humans: an update for 2002–2020. NINA Report 1944 Norwegian Institute for Nature Research. Trondheim, January, 2021, https://d1jyxxz9imt9yb.cloudfront.net/resource/882/attachment/original/Linnell_NINA_RAP_1944_Wolf_attack_update.pdf (eingesehen am 22.11.2021).
[10] John D.C. Linnell, Reidar Andersen etc. (2002): The fear of wolves: A review of wolfs attacks on humans , NINA Norsk Institutt for Naturforskning 731: Trondheim, http://www.nina.no/archive/nina/PppBasePdf/oppdragsmelding/731.pdf (eingesehen am 22.11.2021)
[11] J. H., Reichholf (2013): Jagd reguliert nicht – Vortrag von Prof. Dr. Josef H. Reichholf an der Universität Basel, https://www.youtube-nocookie.com/embed/vOAufU4lHBQ (eingesehen am 15.08.2022)
[12] NABU: Der Störenfried. So geht Europa mit dem Wolf um, https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/wolf/wissen/26294.html (eingesehen am 15.08.2022)
[13] NDR (17.05.2022): Niedersachsen nimmt den Wolf ins Jagdrecht auf, https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Niedersachsen-nimmt-den-Wolf-ins-Jagdrecht-auf,wolf4630.html (eingesehen am 19.10.2022)