Sojabohnen und daraus hergestellte Sojaprodukte liefern wichtige Nährstoffe und scheinen sich positiv auf unsere Gesundheit auszuwirken. Sie können somit zu einer gesunden veganen Ernährung beitragen. Dennoch wird der Konsum von Soja u. a. aufgrund der enthaltenen Phytoöstrogene teils heftig diskutiert. Doch was ist Hintergrund der Kontroverse? Welche Sojaprodukte sind uneingeschränkt empfehlenswert und wie viel darf es täglich sein?
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Tofu, Sojadrink und Co. – lange Tradition und neues Interesse
Soja ist seit tausenden von Jahren eine wesentliche Zutat der traditionellen asiatischen Küche. Vor ungefähr hundert Jahren wurde Soja auch in den westlichen Ländern eingeführt [1]. Dabei wird hier Soja nicht mehr nur zur Herstellung von Öl und Sojalecithin genutzt. Mit dem wachsenden Interesse an einer gesunden und tierleidfreien Küche stieg in den letzten Jahren auch der Verzehr von traditionellen Sojaprodukten wie Tofu, Tempeh und Sojamilch sowie weiteren Alternativen zu Milch- und Fleischprodukten. [2]
Der Konsum von Soja und Sojaprodukten ist für eine gesunde vegane Ernährung nicht zwingend notwendig, aber keineswegs ungesund. Warnungen vor Soja halten einer wissenschaftlichen Prüfung selten stand.
Phytoöstrogene – warum diskutiert wird, ob Soja gesund ist
Bei der Diskussion, ob Soja gesund ist, geht es in der Regel um einen bestimmten Inhaltsstoff. Sojabohnen und daraus hergestellte Produkte enthalten sogenannte Isoflavone, auch Isoflavonoide genannt. Diese zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen, genauer gesagt zur Gruppe der Phytoöstrogene. Sie haben eine ähnliche chemische Struktur wie Östrogen (weibliches Sexualhormon) und eine zum Teil ähnliche Wirkung. [1, 3]
Phytoöstrogene und Östrogen sind aber strukturell nicht identisch. Daraus resultieren Unterschiede in der Wirkung auf den menschlichen Körper (teils wird von einer 0,1 %igen Wirkung ausgegangen). Ein Grund hierfür ist, dass der Körper über zwei unterschiedliche Rezeptoren (eine Art Empfänger an oder in der Zelle) für Östrogen verfügt. Während Östrogen beide anregt, tun Phytoöstrogene dies nicht. Im Gegensatz zu Östrogen haben die Isoflavone aus der Sojabohne somit je nach Gewebe sowohl eine östrogene als auch antiöstrogene oder gar keine Wirkung. Beides kann sich positiv auf unsere Gesundheit auswirken. [3, 4]
Auch wenn Sojabohnen und Sojaprodukte besonders reich an Isoflavonen sind (mit großen Unterschieden), sind sie als Teil einer ausgewogenen Ernährung somit nicht gesundheitsschädlich, sondern eher gesundheitsfördernd. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kam zu dem Schluss, dass „die Aufnahme von Isoflavonen im Rahmen einer normalen Soja-Kost bei üblichen Verzehrsmengen […] als unbedenklich angesehen werden kann“. Dies scheint laut des Krebsinformationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums auch für Frauen nach und mit einer östrogenabhängig wachsenden Brustkrebserkrankung zu gelten. [1, 3, 5, 6]
Keine Angst vor Männerbrüsten – Soja ist sicher für Männer
Soja ist auch gesund für Männer. Keine der Abertausenden Studien zu Soja konnte die Behauptung, dass Männern grundsätzlich von Tofu Brüste wachsen oder von Sojadrinks die Spermien schwächeln, stichhaltig beweisen. Isoflavone sind nun mal keine Östrogene.
Im Gegensatz zu Ergebnissen aus Tierversuchen (die nicht auf den Menschen übertragbar sind), konnten Studien an Menschen weder für isolierte Isoflavone noch für Soja einen Effekt auf den Testosteronlevel bei Männern nachweisen. Auch bei den Östrogenwerten konnte keine Veränderung nachgewiesen werden. Die bestehenden Studien lassen somit den Schluss nicht zu, dass typische Verzehrsmengen an Soja Männer verweiblichen. [7]
In der medizinischen Literatur werden zwei Einzelfälle von Männern beschrieben, bei denen der Konsum von Sojaprodukten negative Folgen hatte. Die beiden Männer verzehrten täglich über einen längeren Zeitraum große Mengen an Sojaprodukten (3 Liter Sojamilch/Tag bzw. rund 14 Portionen vorwiegend verarbeitete Sojaprodukte). Das klingt grundsätzlich nicht nachahmenswert. Spannend dabei: Eine andere Studie fand beim Konsum von sogar noch höheren Isoflavonmengen bei den meisten Männern keine Probleme. Auch bezüglich der Spermienqualität und -menge gibt es wohl keinen Grund zur Sorge. [8, 9]
Was ist gesund an Soja?
Sojabohnen und -produkte sind u. a. gute Quellen für Mineralstoffe wie Eisen und Zink, für B-Vitamine, ungesättigte Fettsäuren und Ballaststoffe. Sie beinhalten neben den Isoflavonen weitere sekundäre Pflanzenstoffe (u. a. Phytinsäure). Diesen wurden früher oft negative, heutzutage aber auch positive Eigenschaften zugewiesen. Sojabohnen gehören mit einem Proteingehalt von 34-38 % zu den proteinreichsten Lebensmitteln und weisen dabei eine sehr hohe Proteinqualität auf. [1, 2, 3]
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Diese Zusammensetzung ist wohl ein Grund dafür, dass sich Sojaprodukte positiv auf unsere Gesundheit auswirken. So wird der Sojakonsum, vor allem wohl in jungen Jahren, mit einem geringeren Risiko für Brustkrebs in Verbindung gebracht. Auch das Risiko einer Erkrankung an Prostatakrebs sinkt laut einer Metaanalyse mit steigendem Sojakonsum. Sojaprotein führt vermutlich auch zu einer leichten Senkung des LDL-Cholesterinspiegels. Der Konsum von Soja wirkt sich zudem positiv auf den Blutdruck und den Homocysteinspiegel aus. Dies alles sind Faktoren, die für einen schützenden Effekt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen sprechen. Auch eine Verbesserung von Wechseljahrsbeschwerden und eine Reduktion des Osteoporoserisikos werden diskutiert. [2, 3, 9]
Welche Sojaprodukte sind gesund?
Eine gesunde vegane Ernährung sollte vorwiegend aus unverarbeiteten und gering verarbeiteten Lebensmitteln bestehen, darunter auch Hülsenfrüchte wie Soja. Ganze Sojabohnen können in Form von gerösteten Sojabohnen und Edamame verzehrt werden. Zu den gering verarbeiteten Sojaprodukten gehören traditionelle asiatische Produkte wie Tofu (auch als Seidentofu oder Räuchertofu) und Tempeh.
Auch daraus hergestellte Lebensmittel wie Tofuburger können den Speiseplan bereichern. Sojadrinks (am besten mit Calcium angereichert), ungesüßter Sojajoghurt oder -quark können ebenfalls in den Einkaufswagen wandern. Ab und zu ist auch „Sojafleisch“ (TVP = texturiertes Pflanzenprotein, z. B. Sojagranulat und Co.) in Ordnung. Es ist zwar stark verarbeitet, dafür aber reich an Eiweiß, Eisen und Vitamin B2.
Bei Fleischalternativen sollten, wenn möglich, Bioprodukte verwendet werden, da hier weniger Zusatzstoffe erlaubt sind und auch der Einsatz von Gentechnik verboten ist. Behalten Sie zudem den Fett- und Salzgehalt im Auge. Viele Hersteller, gerade im Biobereich, beziehen ihre Sojabohnen aus regionalem, nationalem oder zumindest europäischem Anbau. [3, 10]
Wie viel Sojaprodukte sind gesund?
Wer sich gesund vegan ernähren möchte, sollte sich abwechslungsreich und vollwertig ernähren. Gute Proteinquellen und Milchalternativen – und somit auch Soja(produkte) – sind Teil davon. Empfehlenswert ist bei einer veganen Ernährung täglich etwa eine Portion (150-220 g gegart) Hülsenfrüchte, also auch Edamame, oder verarbeitete Eiweißlieferanten wie Tofu (50-100 g). Dazu können es auch ein bis drei Portionen (je Portion 100-200 g) Alternativen zu Milch und Milchprodukten sein. Dabei sollte man, wenn möglich, die mit Calcium angereicherte Variante bevorzugen. [10, 11]
Wenn man das alles zusammenfasst, dann gibt es keinen Grund anzunehmen, dass ein paar Portionen Sojaprodukte für gesunde Menschen schlecht sind. Es gibt im Gegenteil eher Gründe zu denken, dass Sojaprodukte einen Nutzen für unsere Gesundheit haben.
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Quellen
[1] Rizzo, Gianluca/Baroni, Luciana: Soy, Soy Foods and Their Role in Vegetarian Diets, Nutrients vol. 10,1 43. 5 Jan. 2018, doi:10.3390/nu10010043
[2] Franz, Wiebke: Wie ist der zunehmende Verzehr von Sojalebensmitteln gesundheitlich zu bewerten?, https://www.ugb.de/exklusiv/fragen-service/wie-ist-zunehmende-verzehr-von-sojalebensmitteln-gesundheitlich-zu-bewert/, aktualisiert und überarbeitet von Braunstein, Sophie/Martin, Hans-Helmut, März 2015
[3] von Koerber, Karl/Männle, Thomas/Leitzmann, Claus (2012): Vollwert-Ernährung. Konzeption einer zeitgemäßen und nachhaltigen Ernährung (11. Unveränderte Auflage). Stuttgart: Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage
[4] Messina, Virginia (2011): Soy Isoflavones and Estrogen. https://www.theveganrd.com/2011/08/soy-isoflavones-and-estrogen/ eingesehen am 29.11.2018)
[5] Bundesinstitut für Risikobewertung: Fragen und Antworten zur Sicherheit von isoflavonhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln und ergänzenden bilanzierten Diäten. Ergebnisprotokoll eines Expertengesprächs im BfR am 5. Juni 2008, eingesehen unter https://www.bfr.bund.de/cm/343/fragen_und_antworten_zur_sicherheit_von_isoflavonhaltigen_nahrungsergaenzungsmitteln.pdf
[6] Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums: Sojaprodukte – für Brustkrebspatientinnen erlaubt? https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/2012/news108.php. Archiv, Quellen zuletzt überprüft und ergänzt 9/2014, (eingesehen am 29.11.2018)
[7] Messina, Mark: Soybean isoflavone exposure does not have feminizing effects on men: a critical examination of the clinical evidence. May 1, 2010 Volume 93, Issue 7, Pages 2095–2104
[8] Norris, Jack (2011): Soy Part 1 – Main Controversies. Feminizing characteristics. https://veganhealth.org/soy-part-1/#feminizing (eingesehen am 29.11.2018)
[9] Messina, Virginia (2009): Soy and Sperm (and Testosterone, Too!). https://www.theveganrd.com/2009/03/soy-and-sperm-and-testosterone-too/ (eingesehen am 29.11.2018)
[9] Norris, Jack (2011): Soy Part 2—Research, https://veganhealth.org/soy-part-2/ (eingesehen am 29.11.2018)
[10] Keller, Markus/Gätjen, Edith (2017): Vegane Ernährung. Schwangerschaft, Stillzeit und Beikost (1. Auflage). Stuttgart: Ulmer
[11] Weder, Stine/Schaefer, Caroline/Keller, Markus (2018) Die Gießener vegane Lebensmittelpyramide, Ernährungs Umschau 65(8): 134-143